Wer sich die Kalkulation in Fertigungsunternehmen ansieht, wird sehr schnell erkennen, dass die Materialkosten als direkte Kosten einen erheblichen Anteil an den Gesamtkosten haben. Auch in den Gemeinkosten verstecken sich Materialkosten wie z.B. Schwund oder Hilfs- und Betriebsstoffe. Die Höhe der in einem Unternehmen anfallenden Materialkosten ist von mehr Faktoren abhängig, als gemeinhin angenommen wird.

 
Praxis-Tipp

Komplexität als Chance sehen!

Die komplexen Zusammenhänge in den Materialkosten erschweren nicht nur die Analyse dieses Kostenblocks. Vielmehr bieten viele Abhängigkeiten auch viele Möglichkeiten zur Beeinflussung. Es lohnt also, sich intensiv mit den Bestimmungsgrößen des Materialverbrauchs und dessen Bewertung zu befassen. Jede gefundene Stellschraube kann in Richtung Kostensenkung gedreht werden.

1.1 Preiskomponente

Zu kurz gedacht ist die Annahme, die Materialkosten hängen nur von den Einkaufspreisen ab und seien deshalb alleinige Verantwortung des Einkaufs. Der für den Produktionsfaktor Material zu bezahlende Preis ist das Ergebnis vieler Anforderungen, die sich wiederum in den bestimmenden Unternehmensbereichen bilden. Hinzu kommen die Marktsituation, z.B. wenn Rohstoffe an den Börsen gehandelt werden, und selbstverständlich das Verhandlungsgeschick des Einkäufers.

Weitere Einflussfaktoren

  • Der Verkauf stellt bestimmte Ansprüche an die Qualität der Endprodukte, die von den eingesetzten Materialien bestimmt wird.
  • Gleichzeitig muss die Entwicklungsabteilung Vorgaben über Nutzungsdauern und Belastbarkeit erfüllen, die wiederum bestimmte Anforderungen für das eingesetzte Material bedingen.
  • Die Produktion muss entsprechend den Vorgaben der Konstruktion fertigen und daher Ansprüche an das Verhalten des Materials stellen.
  • Vom Geschick des Einkäufers ist es abhängig, welchen Einkaufspreis das Unternehmen schließlich zahlen muss.
  • Die Gesellschaft stellt Anforderungen an Materialien und Produkte. Sie sollen nachhaltig sein und durch gerechte Produktionsverfahren hergestellt. Diese Forderungen gibt der Verkauf weiter an das Unternehmen.

Abb. 1: Einfluss auf den Einkaufspreis

 
Praxis-Tipp

Exakte Definition erspart Kosten

Definieren Sie auf allen Ebenen und in allen Bereichen die Anforderungen an Materialien sehr genau und verbindlich. Damit geben Sie dem Einkäufer die Möglichkeit, das optimale Material am Markt zu finden und den Preis entsprechend zu beeinflussen. Sollen Anforderungen an das Material geändert werden, geschieht das in festgelegten Abläufen. Nur so können Sie verhindern, dass sich das verwendete Material unerkannt in ein anderes, meist teureres, verwandelt.

Der Einkaufspreis allein legt die Materialkosten noch nicht fest. Der Kostenblock wird in der Kostenrechnung aufgeteilt:

Materialkosten = verbrauchte Menge × Einkaufspreis

1.2 Mengenkomponente

Die zweite Komponente ist der Verbrauch des Materials, der ebenso wie der Einkaufspreis von vielen Parametern abhängig ist:

  • Der Verkauf bestimmt mit seinen Verkaufserfolgen die Mengen, in denen das Material benötigt und eingekauft werden kann. Je größer die Menge, desto besser ist der Preis.
  • Die Konstruktion bestimmt in der Entwicklungsphase, welche Materialien in welchen Mengen im Endprodukt eingesetzt werden.
  • Die Produktion benötigt u.a. technisch bedingte Vorlaufmengen und Pufferbestände. Die Produktionsverfahren haben Einfluss auf den verbrauch von Materialien, der sich z. B. im Schwund zeigt.
  • Der Markt bestimmt mit den verfügbaren Mengen, welches Volumen eingekauft werden kann.

Abb. 2: Einfluss auf den Verbrauch

1.3 Beeinflussung der Materialkosten

  • Die Materialkosten werden sowohl hinsichtlich der Verbräuche als auch hinsichtlich der Preise bestimmt.
  • Alle Bereiche können daher Möglichkeiten finden, die Materialkosten zu senken, indem Anforderungen und Arbeitsweisen verändert werden.
  • Durch die Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche wird der Erfolg einer Materialkostensenkung wesentlich erhöht.
 
Praxis-Beispiel

Miteinander reden

Die Verkaufsabteilung eines Küchengeräteherstellers verlangte für das Sortiment einen Kaffeeautomaten, der einen vorgegebenen Stromverbrauch nicht übersteigen sollte. Um diese Anforderung zu erfüllen, setze der Konstrukteur einen Motor ein, der 25,30 EUR pro Stück kostete. Wäre die maximale Verbrauchsvorgabe nur um 5 % höher gewesen, hätte auch ein bereits in anderen Maschinen verwendeter Motor eingesetzt werden können, der nur 17,87 EUR pro Stück kostet. Der Leiter der Entwicklungsabteilung erkannte die Situation während der Routinebesprechungen mit dem Konstrukteur. Vor die Wahl gestellt, den etwas höheren Verbrauch zu akzeptieren oder höhere Herstellkosten und damit einen höheren Verkaufspreis in Kauf zu nehmen, entschieden sich Verkauf und Marketing für die preiswertere Variante.

1.4 Nebenkosten

Materialkosten werden rechnerisch in der Buchhaltung erfasst, indem der Verbrauch mit den Einzelkosten bewertet wird. Die Bewertung geschieht mit einem Preis, der neben dem eigentlichen Einkaufspreis weitere Komponenten enthält. Das sind die Nebenkosten, die durch die Verarbeitung oder den Transport zusätzlich anfallen:

  • Für Ver...

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