4.2.1 Frühere Regelung

Bis 2007 war eine Einschränkung des Verlustabzugs bei Körperschaften in § 8 Abs. 4 KStG geregelt – der sog. Mantelkauf. Die Vorschrift griff ein, wenn mehr als 50 % der Anteile übertragen worden sind und sodann überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde. In diesem Fall galt die Gesellschaft als wirtschaftlich nicht mehr identisch mit der Gesellschaft, die den Verlust erlitten hatte. Ein Verlustvortrag für die bisherigen Verluste wurde versagt.

Diese Regelung ist jedoch ab 2008 nicht entfallen, sondern galt durch eine komplexe Übergangsregelung ggf. noch bis 2012 weiter.[1] Damit blieb die bisherige sog. Mantelkauf-Regelung für Übertragungen vor dem 1.1.2008 neben der neuen Regelung des § 8c KStG noch bis zum 31.12.2012 parallel anwendbar.

4.2.2 Aktuelle Regelung

Die seit 2008 geltende Regelung in § 8c KStG umfasst als alleiniges Kriterium nur noch den Anteilseignerwechsel: Werden mehr als 50 % der Anteile an einer Körperschaft übertragen, geht der Verlustabzug vollständig unter.

 
Hinweis

Quotaler Verlustuntergang war verfassungswidrig

In § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a. F. war zunächst eine weitere Variante geregelt – der sog. quotale Verlustuntergang. Wurden mehr als 25 %, jedoch maximal 50 % der Anteile übertragen, entfiel der Verlustabzug in Höhe der prozentualen Anteilsübertragung.

Gegen diese Regelung bestanden von Beginn an verfassungsrechtliche Bedenken. Zu Recht – denn das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung zum anteiligen Verlustuntergang bei einem schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a. F. für verfassungswidrig erklärt.[1] Der Gesetzgeber hat daraufhin mit dem JStG 2018 diese Regelung rückwirkend und ersatzlos aufgehoben. Damit haben Anteilsübertragungen bis 50 % seit 2008 keinen negativen Einfluss mehr auf den Verlustabzug.

Zu beachten ist jedoch, dass für den Untergang eines Verlustabzugs ein 5-jähriger Betrachtungszeitraum gilt. Dieser beginnt mit dem 1. Erwerb (frühestens ab 1.1.2008) und dauert 5 Zeitjahre an. Erfolgte z. B. am 15.5.2015 ein Anteilserwerb i. H. v. 30 % und am 30.4.2020 ein weiterer Anteilserwerb i. H. v. 25 %, liegt zwar jeder Erwerb unter 50 %. Es werden jedoch beide Erwerbe zusammengezählt, mit der Folge, dass ein vorhandener Verlustabzug im Jahr 2020 vollständig verloren geht.

Allerdings werden nur Erwerbe durch einen Erwerber bzw. Erwerberkreis zusammengefasst. Eine Anteilsübertragung an nicht zusammenwirkende Käufer mit jeweils nicht mehr als 50 % Anteil ist damit unerheblich. Auch eine Übertragung durch Erbfall, Erbauseinandersetzung bzw. vorweggenommene Erbfolge ist unschädlich.

 
Praxis-Tipp

Verfassungsrechtliche Bedenken

Auch zu der noch verbliebenen Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG bei einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % bestehen verfassungsrechtliche Zweifel. So hat das FG Hamburg diese Rechtsfrage dem BVerfG vorgelegt.[2]

4.2.3 Ausnahmeregelungen

Um die oftmals gravierenden Auswirkungen des § 8c KStG abzumildern, wurde diese Norm bereits mehrfach geändert. Dabei sind insbesondere folgende Ausnahmefälle aufgenommen worden:

  • Sanierungsklausel

Um sanierungsbedürftigen und sanierungsfähigen Betrieben ein Fortbestehen steuerlich nicht zu erschweren, hat der Gesetzgeber die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG geschaffen. Diese regelt, dass trotz eines grundsätzlich schädlichen Anteilserwerbs unter bestimmten Voraussetzungen ein Verlustabzug erhalten bleiben kann. Dies ist der Fall, wenn

  1. der Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung der Körperschaft erfolgt ist,
  2. das Unternehmen zum Zeitpunkt des Erwerbs zahlungsunfähig oder überschuldet war oder dies gedroht hat,
  3. die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten bleiben,
  4. innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb kein Branchenwechsel erfolgt und
  5. der Geschäftsbetrieb des Unternehmens bis zum Erwerbszeitpunkt nicht eingestellt war.

Diese Regelung (Rückausnahme) hat der Gesetzgeber rückwirkend ab dem 1.1.2008 in den § 8c KStG eingefügt.

 
Hinweis

Umstrittene Gültigkeit

Die EU-Kommission hat diesen Ausnahmetatbestand geprüft und kam zum Ergebnis, dass darin ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt – eine unzulässige Subvention.[1] Bereits gewährte steuerliche Vorteile waren damit zurückzufordern.[2] Seitens der Bundesregierung wurde beim EuG eine Nichtigkeitsklage erhoben; diese ging jedoch verspätet ein. Deshalb wurde die Klage als unzulässig abgewiesen,[3] sodass dieser Ausnahmetatbestand zunächst suspendiert blieb. Allerdings gingen beim EuGH bzw. beim EuG diverse Klagen deutscher Körperschaften fristgerecht ein. Diese Verfahren waren letztlich erfolgreich. Der EuGH hat die Entscheidung der EU-Kommission für nichtig erklärt.[4] Damit konnte der deutsche Gesetzgeber die Suspendierung der Sanierungsklausel aufheben und rückwirkend ab 2008 wieder in Kraft setzen.

Diesem unrunden Start der Ausnahmeregelung ist es geschuldet, dass bis heute eine Vielzahl von Zwei...

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