Der volle (= verdoppelte) Kinderfreibetrag i. H. v. 6.024 EUR (VZ 2023) wird bei Ehegatten abgezogen, die nach § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Voraussetzung ist, dass das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis i. S. d. § 32 Abs. 1 EStG steht. Dies muss nicht zwangsläufig dasselbe Kindschaftsverhältnis zu beiden Ehegatten sein. Bei der Adoption eines Stiefkindes innerhalb einer Lebenspartnerschaft (das leibliche Kind eines Lebenspartners hat der andere Lebenspartner adoptiert) erhalten die Lebenspartner im Fall der Zusammenveranlagung den vollen Kinderfreibetrag.[1]

Der volle Kinderfreibetrag i. H. v. jährlich 6.024 EUR (VZ 2023) wird auch bei einem Elternteil abgezogen, wenn der andere Elternteil

  • verstorben oder
  • nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, d. h. seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat.[2]

Nach Ansicht des BFH[3] ist zwingend der volle Kinderfreibetrag zu berücksichtigen.

Beschränkt Steuerpflichtige, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt Steuerpflichtige behandelt werden (fiktive unbeschränkte Steuerpflicht), die jedoch nicht die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG (nur: EU-/EWR-Familienangehörige) erfüllen, können daher auch den vollen Kinderfreibetrag für jedes zu berücksichtigende Kind erhalten.

Ein Steuerpflichtiger bzw. die Mutter des Kindes erhält auch dann den vollen Kinderfreibetrag[4], wenn

  • der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des anderen Elternteils nicht zu ermitteln ist oder
  • der Vater des Kindes amtlich nicht feststellbar ist.

Den vollen Kinderfreibetrag erhält ein Steuerpflichtiger ebenfalls, wenn

  • er das Kind allein angenommen hat oder
  • das Kind ausschließlich zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.[5]

Es besteht kein Wahlrecht, nur den halben Kinderfreibetrag zu berücksichtigen.[6]

Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den vollen Kinderfreibetrag nicht mindestens an einem Tag vorliegen, ermäßigt er sich um 1/12.[7]

Bei Abzug des vollen Kinderfreibetrags ist stets der volle Anspruch auf Kindergeld oder der volle Anspruch auf andere, dem Kindergeld vergleichbare Leistungen (z. B. ausländisches Kindergeld; s. Übersicht der vergleichbaren Leistungen nach § 65 EStG[8]) der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen. Es wird grundsätzlich der Anspruch und nicht der tatsächliche Zahlungsbetrag angesetzt.[9] Maßgebend ist dabei der Anspruch für den gesamten Veranlagungszeitraum.[10]

Kommt der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht nach oder ist dieser Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig und wird deshalb auf Antrag des anderen – betreuenden – Elternteils der halbe Kinderfreibetrag auf diesen übertragen, ist bei der Vergleichsrechnung (Günstigerprüfung) der volle Kindergeldanspruch des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen.[11] Die Hinzurechnung des Kindergeldes beim Steuerpflichtigen erfolgt unabhängig davon, wer den Anspruch auf Kindergeld hat.[12]

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