Wesentliches Element der gesetzlichen Neuregelung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ist die Abkehr von der bisherigen Betrachtung der Verrechnungspreisfestlegung und -prüfung auf Basis von Einzeltransaktionen.

Ausgangspunkt ist nach der Begründung der Neufassung die Überlegung, dass hier – wie bei einer Teilbetriebsübertragung – das von der übertragenen Funktion umfasste unternehmerische Potenzial auf den Übernehmer der Funktion übergehe. Daher sei es auch gerechtfertigt, keine Einzelbewertung, sondern wie bei einem Teilbetrieb eine Unternehmensbewertung auf der Grundlage einer ertragswertorientierten Gesamtbewertung vorzunehmen. Damit betreffen die realisierten stillen Reserven nicht nur diejenigen der einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern wie bei einem Teilbetrieb ist eine (4fache) Unternehmensbewertung (sowohl beim abgebenden als auch aufnehmenden Unternehmen jeweils vor und nach der Übertragung) auf der Grundlage einer ertragswertorientierten Gesamtbewertung vorzunehmen. Der Gewinn wird hierbei im Rahmen einer widerlegbaren Vermutung auf die Hälfte der fiktiven Preisvorstellungen der beiden betroffenen Unternehmen (dem sog. Einigungsbereich) festgelegt. Durch diese Fiktion werden insbesondere auch die Standortvorteile der ausländischen Tochtergesellschaft (geringerer Lohnaufwand, schlechtere Umweltauflagen etc.) faktisch zur Hälfte in die inländische Besteuerung verlagert. Ein Transferpaket besteht nach § 1 Abs. 3 FVerlV aus einer Funktion und schließt die mit dieser Funktion zusammenhängenden Chancen und Risiken sowie die Wirtschaftsgüter und Vorteile, die das verlagernde Unternehmen dem übernehmenden Unternehmen zusammen mit der Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt, und die in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen mit ein. Dieses Transferpaket ist regelmäßig Ausgangspunkt für die Verrechnungspreisbestimmung in Fällen von Funktionsverlagerungen.

 
Praxis-Beispiel

Transferpaketbetrachtung (vereinfachtes Beispiel)

Die X-GmbH in Deutschland lagert einen lohnintensiven Teilbetrieb "Fertigung Produkt A" auf die neugegründete polnische Tochtergesellschaft X-SPZoo aus. Bei der Ermittlung des angemessenen Verrechnungspreises nach den Transferpaketgrundsätzen ergeben sich vereinfacht dargestellt folgende Schritte:

In einem ersten Schritt sind auf der Basis der übertragenen Wirtschaftsgüter, der Nutzungsmöglichkeiten von immateriellen Wirtschaftsgüter sowie des Gewinnpotenzials die gedachten Preisvorstellungen in Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs zu ermitteln. Es werden nachfolgend folgende Werte unterstellt, mit denen sich z. B. folgende Berechnungen ergeben:

 
Berechnungsschritt

abgebendes deutsches

Unternehmen (Werte in Mio. EUR)

aufnehmendes ausländisches

Unternehmen (Werte in Mio. EUR)

Gewinnpotenzial mit

Teilbetrieb "A"
6 4

Gewinnpotenzial ohne

Teilbetrieb "A"
4 0

Änderung der Gewinnerwartung

(Jahr)
2 4
kapitalisierter Wert (unterstellt) 10 15

In einem zweiten Schritt ist der Einigungsbereich und im Zweifel der Mittelwert festzulegen. Bei den unterstellten Werten ergibt sich ein Mittelwert von 12,5 Mio. EUR im Rahmen einer Bandbreite zwischen 10 Mio. EUR (einer fiktiven Kaufpreisforderung) und 15 Mio. EUR (einem fiktiven Kaufpreisangebot).

Im Hinblick auf die gestalterisch zu vermeidende Anforderung an die Teilbetriebseigenschaft der "alleinigen Lebensfähigkeit" des Begriffs des Teilbetriebs i. S. d. §§ 16, 34 EStG bzw. der §§ 15, 20, 24 UmwStG ist jedoch das Transferpaket nicht mit einem Teilbetrieb bzw. dessen Wert/Preis gleichzusetzen. Nur in Ausnahmefällen – die ab 2022 verschärft wurden – ist es zulässig im Rahmen eines so genannten escape eine Einzelbewertung vorzunehmen, vgl. hierzu den gesonderten Beitrag "Funktionsverlagerung – Ausnahme der Einzelabrechnung".

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