3.9.1 Verhältnis zu § 50d Abs. 3 EStG

Da die Konzeption entsprechender Lizenzgestaltungen auf der Zwischenschaltung von EU-Durchleitgesellschaften beruht, stellt sich vorab auch die Frage, ob für eine Gesellschaft die Abkommensberechtigung zur Entlastung von Abzugssteuer besteht.

§ 50d Abs. 3 EStG versucht als sog. "anti-treay-shopping"-Regelung derartige Zwischenschaltungen auch zu vermeiden, indem einer formal zwischengeschalteten Gesellschaft die Entlastung nach den DBA und der EU-Zins-und Lizenzrichtlinie verweigert wird.

Der EuGH hat allerdings mit Urteil vom 20.12.2017[1] in den verbundenen Rechtssachen C-504/16 und C-613/16 (Deister Holding u. a.) festgestellt, dass § 50d Abs. 3 EStG in der bis 2011 geltenden Fassung mit dem Unionsrecht, insbesondere der Mutter-Tochter-Richtlinie, unvereinbar ist. Der EuGH stellt in seinem Urteil u. a. fest, dass die Mutter-Tochter-Richtlinie nicht vorschreibe, welche wirtschaftliche Tätigkeit die von ihr erfassten Gesellschaften ausüben müssen, um in den Genuss der Vorteile der Richtlinie (hier: Verbot der Quellensteuererhebung auf Schachteldividenden) zu kommen. Der Umstand, dass die wirtschaftliche Tätigkeit der gebietsfremden Muttergesellschaft in der bloßen Verwaltung der Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften bestehe, reiche für die Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung nicht aus. Die Feststellung eines solchen Missbrauchs verlange darüber hinaus in jedem Einzelfall eine umfassende Prüfung, ob aus Sicht des Konzerns wirtschaftliche Gründe für die gesellschaftsrechtliche Konstruktion bestehen.

Das Urteil erging zwar zu § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006.[2] Wegen der weitgehend gleich lautenden Bestimmungen der aktuell geltenden Art. 1 Abs. 4 und Art. 5 der Richtlinie 2011/96/EU sowie § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7.12.2011[3] stellt sich aber auch die Anwendung des Urteils in aktuellen Fällen.

Nach einem zur Veröffentlichung anstehenden Beschluss der Finanzverwaltung gelten für alle noch offenen Fälle folgende Grundsätze:

  • § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. 2006 I S. 2878) ist nicht mehr anzuwenden.
  • § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2011 (BGBl. 2011 I S. 2592) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Satz 2 keine Anwendung findet.
  • Das BMF-Schreiben vom 24.1.2012 zur Entlastungsberechtigung ausländischer Gesellschaften nach § 50d Abs. 3 EStG[4] ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass

    • eine Gesellschaft auch insoweit im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, wie sie ihre Bruttoerträge aus der Verwaltung von Wirtschaftsgütern erzielt; dies gilt im Fall einer passiven Beteiligungsverwaltung[5] nur dann, wenn die Gesellschaft ihre Rechte als Gesellschafterin tatsächlich ausübt;
    • für den Geschäftszweck der Verwaltung von Wirtschaftsgütern ein im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht zwingend voraussetzt, dass die Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit ständig sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal beschäftigt[6];
    • die § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG betreffenden Ausführungen keine Anwendung finden.[7]

3.9.2 Verhältnis zum AStG (Hinzurechnungsbesteuerung)

Die Lizenzschranke könnte auch Zahlungen an "deutsch beherrschte" Muttergesellschaften i.  S. d. §§ 7 ff. AStG betreffen. Da Lizenzeinnahmen i. d. R. zu passiven Einkünften führen, wäre die Besteuerung in einer Lizenzbox nicht endgültig, sondern es würde im Rahmen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung zu einer Hochschleusung auf das deutsche Steuerniveau kommen. Daher bestimmt § 4j Abs. 1 Satz 5 EStG, dass die Aufwendungen abzugsfähig sind, wenn eine empfangende Zwischengesellschaft einer Hinzurechnungsbesteuerung nach § 10 AStG unterliegt. Bei der Hinzurechnungsbesteuerung selbst bleibt § 4j EStG außer Ansatz (§ 10 Abs. 3 Satz 4 AStG).

3.9.3 Verhältnis zur Gewerbesteuer

Da ein betreffender nicht abzugsfähiger Teil nicht bei der Gewinnermittlung berücksichtigt wird, kommt es nicht zur Hinzurechnung nach § 8 Abs. 1 Buchst. f GewStG.

3.9.4 Verhältnis zur verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 KStG

Bei unangemessen hohen Lizenzzahlungen stellt sich die Frage des Verhältnisses zwischen Lizenzschranke und vGA (Vorrang/Nachrang). Betrachtet man die vergleichbare Problematik bei der Zinsschranke, so vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass eine vGA vorrangig zu erfassen ist, d. h. in eine Abzugsbeschränkung nur Aufwand fallen kann, der den Gewinn originär gemindert hat.[1]

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