Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung einer Prüfungsverfügung nach dem Mindestlohngesetz gegen Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Prüfungsverfügung nach § 2 SchwarzArbG gegen einen ausländischen Transportunternehmer, die eine Kontrolle des Mindestlohngesetzes betrifft, ist wegen ernstlicher Zweifel von der Vollziehung auszusetzen, wenn die Rechtmäßigkeit einer solchen Prüfungsverfügung in mehreren instanzgerichtlichen Entscheidungen, sowie der zivilgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich behandelt worden ist und eine höchstrichterliche Entscheidung des BFH noch aussteht.
  2. Bei Gefährdung der Realisierung des (angeblichen) Prüfungsanspruchs wegen der zu kurzen Aufbewahrungsfrist des §§ 17 Abs. 2 S. 1 MiLoG kann das Gericht die Aussetzung der Vollziehung von einer Hinterlegung bestimmter Dokumente in Analogie zur Sicherheitsleistung bei Steueransprüchen abhängig machen.
 

Normenkette

SchwarzArbG § 2; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Streitjahr(e)

2016

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer die Kontrolle des Mindestlohngesetzes (MiLoG) betreffenden Prüfungsverfügung nach § 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG).

Die Antragstellerin (Astin.) ist ein international tätiges Logistikunternehmen mit Sitz in Polen. Am xx.xx.xxxx wurden im Rahmen der bundesweiten Schwerpunktprüfung (SPP) im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe mehrere Lastkraftwagen (LKW) durch den Antragsgegner (Ag.) aus dem fließenden Verkehr gezogen. Unter anderem wurde ein LKW der Astin. geprüft. Der polnische Fahrer des LKWs gab an, seit dem xx.xx.xxxx für die Astin. zu arbeiten und einen Festlohn i.H.v. polnische Zloty zu erhalten. Pro Monat fänden Transporte nach Deutschland an 5-10 Tagen statt, maximal jedoch insgesamt 90 Stunden pro Monat. Weitere Angaben zu den Transporten, insbesondere ob eine Be- oder Entladung in Deutschland erfolgt, machte der Fahrer nicht. Der Fahrer legte einen Arbeitsvertrag in deutscher Sprache und ein polnisches Dokument vor; beides wurde kopiert und zum Vorgang genommen. Die Astin. wurde fernmündlich aufgefordert, Lohnunterlagen der letzten 3 Monate per Fax zu übersenden.

Mit Fax vom selben Tag zeigte der Prozessbevollmächtigte seine Vertretung an und bat um den Erlass einer Prüfungsverfügung mit der Auflistung der gewünschten Dokumente.

Mit Schreiben vom xx.xx.xxxx übersandte der Ag. die Prüfungsverfügung nebst Begleitschreiben. Das Begleitschreiben war adressiert an den Prozessbevollmächtigten. Im Bezug wurde das Schreiben des Prozessbevollmächtigten nebst Aktenzeichen angegeben. Im Fließtext nannte der Ag. die Astin. Angefordert wurde der Arbeitsvertrag des Fahrers, Lohnabrechnungen für den Zeitraum xx.xx.xxxx sowie Arbeitszeitaufzeichnungen für den Zeitraum xx.xx.xxxx. Für den Fall, dass sich aus den Arbeitszeitaufzeichnungen nicht ergeben würde, ob innerhalb oder außerhalb der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet wurde, sollte ferner noch eine Aufschlüsselung nach innerdeutschen und ausländischen Fahrten beigefügt werden. Die Prüfungsverfügung war ebenfalls an den Prozessbevollmächtigten adressiert und nannte im Text als Anschrift des Arbeitgebers die Anschrift der Astin., nicht jedoch ihren Namen. In dem Textfeld, in dem der Arbeitgeber anzugeben ist, nannte der Ag. lediglich den Begriff „SPP im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe”, ohne einen konkreten Arbeitgeber zu bezeichnen.

Mit Schreiben vom xx.xx.xxxx legte die Astin., vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Der Ag. lehnte die AdV ab. Gegen die Ablehnung des Antrags auf AdV legte die Astin. mit Schreiben vom Einspruch ein, den der Ag. mit Schreiben vom als unbegründet zurückwies.

Die Astin. ist der Ansicht, dass ernstliche Zweifel an der mit dem Einspruch angegriffenen Prüfungsverfügung bereits deswegen bestünden, weil diese an einem unheilbaren Mangel leide. Die Prüfungsverfügung richte sich an den falschen Adressaten, da das Feld zum prüfenden Arbeitgeber lediglich den Text enthalte „SPP im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe” und der Inhaltsadressat somit völlig unbestimmt sei.

Auch überschreite die Prüfungsverfügung den Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) bereits deswegen, da diese eine Aufschlüsselung nach innerdeutschen und ausländischen Fahrten verlange. Im Rahmen des MiLoG könnten jedoch nur Nachweise für Arbeitszeitaufzeichnungen verlangt werden, bei denen sich der Fahrer in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Hinsichtlich ausländischer Fahrten sei eine Prüfungs- und Gesetzgebungskompetenz der Bundesrepublik Deutschland nicht gegeben, so dass für diese geleistete Arbeitszeit gerade keine Nachweise verlangt werden könnten.

Des Weiteren bestünden erhebliche rechtliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Prüfung der Mindestlohnvorschriften im Transportgewerbe. Dabei verweist die Astin. zum einen auf den Beschluss des Finanzgerichts B...

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