Rz. 24

Sowohl Material- als auch Fertigungsgemeinkosten gehören handels- und steuerrechtlich gemäß § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG zu den zwingend einzubeziehenden Bestandteilen der Herstellungskosten. Materialgemeinkosten sind die mit der Lagerung und Wartung des Materials in Zusammenhang stehenden Kosten. Unter dem Begriff der Fertigungsgemeinkosten versteht man die im Fertigungsbereich anfallenden Gemeinkosten.[1]

 

Rz. 25

Die Abgrenzung zwischen den Begriffen Material- und Fertigungsgemeinkosten erweist sich im Einzelfall mitunter schwierig. Seitens der Finanzverwaltung wurde in R 6.3 Abs. 2 EStR ein Katalog von Kostenstellen aufgelistet, welche zu den Material- und Fertigungsgemeinkosten gehören. Dies sind unter anderem die Aufwendungen für folgende Kostenstellen:[2]

  • Lagerhaltung,
  • Transport des Fertigungsmaterials,
  • Prüfung des Fertigungsmaterials,
  • Vorbereitung der Fertigung,
  • Kontrolle der Fertigung,
  • Werkzeuglager,
  • Betriebsleitung,
  • Raumkosten,
  • Sachversicherungen,
  • Unfallstationen und Unfallverhütungseinrichtungen der Fertigungsstätten und
  • Lohnbüro, soweit in ihm die Löhne und Gehälter der in der Fertigung tätigen Arbeitnehmer abgerechnet werden.
 

Rz. 26

Die Material- und Fertigungsgemeinkosten unterliegen als einbeziehungspflichtige Bestandteile der Herstellungskosten einem Angemessenheitsvorbehalt.[3] Nur solche Aufwendungen, die mit Blick auf den Herstellungsvorgang als "normal" anzusehen sind, können als angemessen erachtet werden.[4] Als praktikabler Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit kann die Ableitung einer Normalauslastung – beispielsweise bezogen auf ein Betriebsteil – aus der Durchschnittsauslastung der vergangenen Perioden dienen.[5] Alternativ kann in Betracht gezogen werden, die Angemessenheit in der Weise zu ermitteln, dass der tatsächlichen Produktion – unabhängig von arbeitsrechtlichen Einschränkungen – ein normales Beschäftigungsniveau zugrunde gelegt wird.[6] Letztendlich ergeben sich im Rahmen des Angemessenheitsvorbehaltes gewisse Bandbreiten, denn oftmals sind Vergleichswerte nicht eindeutig bestimmbar.[7]

 

Rz. 27

Eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Einbeziehung von Material- und Fertigungsgemeinkosten ergibt sich dadurch, dass sie nur insoweit in die Herstellungskosten berücksichtigt werden dürfen, wie sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Obgleich § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB dies explizit nur für die Wahlbestandteile anordnet, gilt diese Einschränkung auch für die aktivierungspflichtigen Gemeinkostenbestandteile des § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB.[8] Steuerlich besteht diese Einschränkung ebenso.

[1] Schubert/Hutzler, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 255 HGB Rz. 423.
[3] Krumm, in Hachmeister u. a., Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 68.
[4] Krumm, in Hachmeister u. a., Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 69.
[5] Christiansen, StBP 1986, 173; Krumm, in Hachmeister u. a., Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 69; Schubert/Hutzler, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018 Rz. 438.
[6] Krumm, in Hachmeister u. a., Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 68.
[7] So auch Krumm in Hachmeister u. a., Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 68.
[8] Krumm, in Hachmeister u. a., Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 70.

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