Die Pflichtverletzung muss im jeweiligen Einzelfall schuldhaft herbeigeführt worden sein, damit es zu einer Haftung kommen kann. Schuldhaft handelt dabei, wer die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.[1]Vorsatz bedeutet hierbei nach den allgemeinen rechtlichen Kriterien das Wissen und Wollen der Pflichtverletzung. Der Haftende hat also seine Pflicht erkannt und gleichwohl die Verletzung gewollt.[2] Ausreichend ist es dabei, wenn der Haftende die Pflicht erkannt und die Pflichtverletzung dann billigend in Kauf genommen hat. Dies wird als bedingter Vorsatz oder  dolus eventualis bezeichnet.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande war, in einem ungewöhnlich hohem Maße außer acht gelassen hat.[3] Im Gegensatz zum BGB[4] gilt im Steuerrecht also ein subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff, es wird folglich auf die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten desjenigen abgestellt, der in Haftung genommen werden soll. Grobe Fahrlässigkeit kann z. B. zu bejahen sein bei schweren Verstößen bei der Auswahl oder Überwachung des Buchhalters oder Steuerberaters.[5] Allerdings erfolgt nicht ohne Weiteres eine Zurechnung des Verschuldens einer Hilfsperson, z. B. eines Steuerberaters, da § 278 BGB hier nicht gilt.[6]

[1] Ausführlich s. Boeker, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 AO Rz. 38ff.; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Rz. 23ff; Schwarz, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 69 AO Rz. 12ff; Rüsken, in Klein, AO, § 69 AO Rz. 145 ff., 16. Aufl. 2022; Kratzsch, in Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 69 AO Rz. 66ff..
[3] BFH, Urteil v. 21.2.1989, VII R 165/85, BStBl 1989 II S. 491; s. auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Tz. 20 ff; BFH, Urteil v. 12.5.1992, VII R 52/91, BFH/NV 1992 S. 785; Kratzsch, in Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 69 AO Rz. 69.
[5] BFH, Urteil v. 30.8.1994, VII R 101/92, BStBl 1995 II S. 278; Boeker, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 AO Rz. 53.

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