Zusammenfassung

 
Überblick

Das materielle Haftungsrecht ist in der AO (§§ 69 ff. AO), in anderen Steuergesetzen und auch in zivilrechtlichen Gesetzen geregelt. Die vertragliche Haftung ist z. B. geregelt in §§ 414, 765 BGB. Die Haftung nach Steuergesetzen ergibt sich hauptsächlich nach den §§ 69 ff AO. Andere Steuergesetze enthalten ebenfalls Haftungsvorschriften, z. B. § 10b Abs. 4, § 42d, § 44 Abs. 5, § 48a Abs. 3 EStG, § 20 ErbStG, §§ 13c, 25e UStG.

Eine gesetzliche Haftung kann sich auch ergeben aus Bestimmungen des Zivilrechts z. B. §§ 128,130, 159, 161, 171, 172, 25 HGB oder §§ 421, 427 BGB.

Im Folgenden werden ausschließlich die materiellen Haftungsbestimmungen behandelt, die sich aus der Abgabenordnung ergeben. Hierbei handelt es sich um die Haftungsnormen, die in der Praxis der Finanzverwaltung regelmäßig die größte Bedeutung haben.

1 Haftung der Vertreter und Verfügungsberechtigten

Bei der Haftung nach § 69 AO handelt es sich um den für die Praxis vielleicht wichtigsten Haftungstatbestand. Insbesondere fällt insbesondere auch die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für die Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen der Gesellschaft unter diese Bestimmung.

1.1 In Betracht kommender Personenkreis

§ 69 AO behandelt die Haftung der in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen.[1] Dies sind im Einzelnen:

  • Gesetzliche Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen.[2] In Betracht kommen damit insbesondere gesetzliche Vertreter von Minderjährigen und Pfleger bei natürlichen Personen sowie Vorstände einer AG[3], einer Genossenschaft[4], eines Vereins[5] und insbesondere Geschäftsführer einer GmbH.[6] Die Haftung des Geschäftsführers kann im Einzelfall auch nach dessen Amtsaufgabe in Betracht kommen.[7] Gesetzliche Vertreter sind aber auch Abwickler einer AG[8] sowie Liquidatoren einer GmbH.[9] oder der Insolvenzverwalter.[10] Bei ausländischen juristischen Personen, die eine zunehmende Bedeutung haben, gilt das Recht des Staats des tatsächlichen Verwaltungssitzes.[11]
  • Die Mitglieder oder Gesellschafter von nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer[12], hierunter fallen insbesondere OHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft und GbR.
  • Andere Vermögensverwalter, insbesondere der Betreuer nach §§ 1896 ff. BGB oder der Insolvenzverwalter nach § 56 InsO sowie der vorläufige starke Insolvenzverwalter nach § 22 InsO[13]; auch der Testamentsvollstrecker fällt unter diese Bestimmung.
  • Verfügungsberechtigte[14]; dies sind solche Verfügungsberechtigte, denen auch eine Vollmacht in Bezug auf das Vermögen erteilt worden ist; in Betracht kommen insbesondere Vermögensverwalter und Treuhänder, aber auch Hausverwalter oder ein Generalbevollmächtigter[15]; hingegen ist der Steuerberater, der allein zur Vertretung in Steuersachen befugt ist, keine Person i. S. d. § 35 AO. Auch der vorläufige schwache Insolvenzverwalter ist nicht Verfügungsberechtigte.[16]
[1] S. hierzu Schwarz, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 69 AO Rz. 3: Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Rz. 6 ff; Boeker, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 AO Rz. 12.
[6] Vgl. § 35 GmbHG; zur Haftung des faktischen Geschäftsführers einer GmbH siehe Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Tz. 6,

Zur Haftung bei mehreren Geschäftsführern s. Rüsken, in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 69 AO Rz. 112 ff.

[11] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 34 AO Tz. 6.
[16] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 35 AO Rz. 5.

1.2 In Betracht kommende Ansprüche

Nach § 69 AO wird für "Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis" gehaftet.[1] Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind nach der Legaldefinition in § 37 AO:

  • der Steueranspruch,
  • der Steuervergütungsanspruch,
  • der Erstattungsanspruch,
  • der Haftungsanspruch,
  • der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, also insbesondere Verspätungs- und Säumniszuschläge, Zinsen, Verzögerungsgelder, Zwangsgelder und Kosten.[2]
[1] Rüsken, in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 69 AO Rz. 18 ff.; Schwarz, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 69 AO Rz. 17ff.

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