Bei der Frage, ob ein Grundstück eigengewerblich genutzt wird, kommt es nur darauf an, dass derjenige, dem das Grundstück bei der Einheitsbewertung bzw. der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet wird, eine gewerbliche Tätigkeit auf dem Grundstück ausübt.[1]

Wird nur ein Teil des Grundstücks eigengewerblich genutzt, so ist die Ertragsminderung für diesen Teil nach § 34 Abs. 2 GrStG, für den übrigen Teil nach § 34 Abs. 1 GrStG zu bestimmen.[2]

Für die Ermittlung der Ertragsminderung sind die unterschiedlich genutzten Teile des bebauten Grundstücks zunächst wie selbständige Grundstücke zu behandeln. In diesem Sinne ist für jeden Grundstücksteil die Ertragsminderung nach den für diesen Grundstücksteil maßgeblichen Vorschriften zu ermitteln. Für den eigengewerblich genutzten Teil ist die Minderung der Ausnutzung i. S. d. § 34 Abs. 2 GrStG und für den übrigen Teil die Minderung des Rohertrags i. S. d. § 34 Abs. 1 GrStG zu bestimmen.

In diesen Fällen ist für den ganzen Steuergegenstand ein einheitlicher Prozentsatz der Ertragsminderung nach dem Anteil der einzelnen Teile am Einheitswert bzw. am Grundsteuerwert des Grundstücks zu ermitteln.[3]

 
Praxis-Beispiel

Unterschiedliche Nutzung

Ein gemischt genutztes Grundstück enthält vermietete Wohnungen (Anteil am Einheitswert/Grundsteuerwert: 65 %) und eigengewerblich genutzte Geschäftsräume (Anteil am Einheitswert/Grundsteuerwert: 35 %). Im Erlasszeitraum hat sich für die Wohnungen eine Minderung des normalen Rohertrags von 70 % und für die eigengeweblich genutzten Geschäftsräume eine Minderung der normalen Ausnutzung um 50 % ergeben.

Bezogen auf das gesamte gemischt genutzte Grundstück ergibt sich folgende Ertragsminderung:

 
Berechnung der Ertragsminderung
Vermietete Wohnungen (65 x 70) : 100 45,5 %
Eigengewerbliche Geschäftsräume (35 x 50) : 100 17,5 %
Summe Ertragsminderung   63,0 %

Da die Ertragsminderung für das gesamte bebaute Grundstück mehr als 50 % beträgt, besteht ein Rechtsanspruch auf Erlass der Grundsteuer i. H. v. 25 %.

Es kommt bei der gemischten Nutzung nur auf die anteilige tatsächliche gewerbliche Nutzung an und nicht darauf, ob das Grundstück bewertungsrechtlich als Betriebsgrundstück behandelt worden ist. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob das Grundstück im Ertragswertverfahren oder im Sachwertverfahren bewertet wurde.

Zu beachten ist, dass die Grundstücke, die zu gewerblicher Nutzung verpachtet werden, im Rahmen der Erlassvorschriften nicht wie eigengewerblich genutzte Grundstücke zu behandeln sind; der Erlass erfolgt nach den für Wohngrundstücke geltenden Grundsätzen. Das Gleiche gilt dann, wenn die Grundstücksnutzung auf der Grundlage eines Nießbrauchs oder eines anderen Nutzungsrechts erfolgt.[4]

 
Wichtig

Vollständige Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit auf Dauer

Ein bebautes Grundstück verliert die Eigenschaft, "eigengewerblich genutzt" i.  S. des § 34 Abs. 2 Satz 1 GrStG zu sein, wenn derjenige, dem der auf diesem Grundstück ausgeübte Betrieb bei der Einheitsbewertung bzw. der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet worden ist, diese gewerbliche Tätigkeit vollständig und auf Dauer aufgibt. Diese Betriebsaufgabe kann etwa durch die Montage und den Verkauf der dem Betrieb dienenden Maschinen zum Ausdruck kommen.

Hat ein als bebaut bewertetes Grundstück infolge der endgültigen Aufgabe des zuvor auf ihm ausgeübten Betriebs die Eigenschaft "eigengewerblich genutzt" verloren, so richtet sich das Entstehen eines Erlassanspruchs wegen einer wesentlichen Ertragsminderung ausschlaggebend nach § 34 Abs. 1 Satz 1 – 2 GrStG. Es gelten deshalb auch nicht mehr die für den Erlass bei eigengewerblicher Nutzung geltenden besonderen Bestimmungen, sodass es auch nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebs bzw. des Gesamtunternehmens ankommt und auch nicht darauf, ob ein positives oder negatives Betriebsergebnis erwirtschaftet wurde.[5]

[1] OVG Lüneburg, Urteil v. 16.1.1991, 13 A 94/88, ZKF 1991, 228.
[5] Vgl. BVerwG, Urteil v. 15.4.1983, 8 C 150/81, BVerwGE 67 S. 123.

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