Leitsatz

1. Kommt es im Rahmen einer konzerninternen Umstrukturierung zum Erwerb einer Beteiligung an einer inländischen GmbH I von der ausländischen Muttergesellschaft durch die inländische Tochterkapitalgesellschaft II (GmbH II), wird durch diesen Erwerb ein sog. Sperrbetrag nach § 50c Abs. 1 EStG 1990 ausgelöst.

Wird die GmbH I alsdann auf die GmbH II verschmolzen (sog. Aufwärtsverschmelzung), geht der Sperrbetrag nicht unter, er setzt sich vielmehr – als mittelbarer Sperrbetrag – an den Anteilen der GmbH II gem. § 50c Abs. 7 EStG 1990 (i.d.F. des StandOG) fort (Bestätigung des Senatsurteils; BFH, Urteil vom 07.11.2007, I R 41/05, BFH/NV 2008, 679, BFH/PR 2008, 228, BStBl II 2008, 604).

Kommt es schließlich zu einer formwechselnden Umwandlung der GmbH II in eine GmbH & Co. KG, sind bei der Ermittlung des Übernahmegewinns/Übernahmeverlusts (§ 4 Abs. 4, 5 UmwStG 1995) sowohl der mittelbare Sperrbetrag an den Anteilen der GmbH II als auch ein etwaiger unmittelbarer Sperrbetrag an den Anteilen der GmbH II zu berücksichtigen, der aus einem Anteilserwerb an der GmbH II durch eine weitere inländische Tochtergesellschaft von der ausländischen Muttergesellschaft herrührte (Bestätigung des Senatsurteils; BFH, Urteil vom 12.11.2008, I R 77/07, BFH/NV 2009, 835, BFH/PR 2009, 216, BStBl II 2009, 831).

2. Dass danach eine Wertminderung von Anteilen durch Gewinnausschüttungen bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen ist (§ 50c EStG 1990), verstößt im Grundsatz nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Dem Steuerpflichtigen ist jedoch im Weg einer sog. geltungserhaltenden Reduktion des Wortlauts des § 50c Abs. 4 S. 1 EStG 1990 die Möglichkeit einzuräumen, den Nachweis zu erbringen, dass die Anschaffungskosten der Anteile eine Abgeltung eines Körperschaftsteuerguthabens an den nicht anrechnungsberechtigten Veräußerer der Anteile nicht einschließen (Anschluss an das Urteil des EuGH; EuGH, Urteil vom 17.09.2009, C-182/08"Glaxo Wellcome", BFH/NV 2009, 1941, BFH/PR 2009, 418).

 

Normenkette

§ 50c Abs. 1, 4, 7 EStG 1990, § 50 Abs. 1 Nrn. 1, 2, § 51 KStG 1991, § 4 Abs. 4, 5, 6 S. 1, § 5 Abs. 3 S. 1, § 13 Abs. 4 UmwStG 1995, § 6 S. 1, § 7 GewStG 1991, § 249, § 252 Abs. 1 Nr. 4, § 253 Abs. 1 HGB, Art. 52, Art. 73b EGV, Art. 43, Art. 56 EG, Art. 49, Art. 63 AEUV

 

Sachverhalt

Zu beurteilen war das sog. Doppelumwandlungsmodell zur "Kreierung" steuerlichen Abschreibungspotenzials:

Schritt 1:

Die GmbH I hatte am 27.06.1995 von ihrer britischen Muttergesellschaft und einer weiteren britischen Konzerngesellschaft die Anteile an der deutschen GmbH II erworben. Die GmbH II wurde sodann rückwirkend zum 29.06.1995 und ohne Ausgabe neuer Anteile auf ihre alleinige Gesellschafterin – die GmbH I – verschmolzen. Dadurch ergab sich für die GmbH I aus der Differenz zwischen dem Bilanzansatz ihrer Anteile an der GmbH II und deren steuerlichen Eigenkapital ein Verschmelzungsverlust, der sich aber steuerlich nicht auswirkte (§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 1995).

Schritt 2:

Die GmbH I wurde zum 01.07.1995 formwechselnd in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Im Zeitpunkt der Umwandlung waren an dieser GmbH I zu 99 % die GmbH III und zu 1 % die GmbH IV, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der GmbH III, beteiligt. Zwischen der GmbH III und der GmbH IV bestand ein Ergebnisabführungsvertrag. Die GmbH III hatte kurz zuvor ihren 95 %igen Anteilsbesitz an der GmbH I durch den Erwerb der Restanteile von ihrer britischen Muttergesellschaft erworben.

Die Umwandlung der GmbH I in die GmbH & Co. KG erfolgte zu Buchwerten. Die GmbH & Co. KG berechnete einen Übernahmeverlust (§ 4 Abs. 4, 5 UmwStG 1995) unter Ansatz eines Sperrbetrags nach § 50c EStG von ca. 23 Mio. DM, der aus dem Erwerb des 5 %igen Anteils an der GmbH I von der britischen Muttergesellschaft resultierte. Mit diesem Übernahmeverlust stockte sie den Bilanzansatz eines auf sie übergegangenen Grundstücks auf (§ 4 Abs. 6 S. 1 UmwStG 1995) und aktivierte einen Marktwert, der unter Ansatz einer Absetzung für Abnutzung in den Folgejahren fortgeschrieben wurde.

Das FA vertrat die Auffassung, dass nicht nur der Erwerb der Anteile an der GmbH I von 5 % durch die GmbH III von der Muttergesellschaft einen die erworbenen Anteile belastenden Sperrbetrag nach § 50c EStG 1990 ausgelöst habe. Auch die Anteile an der GmbH II, die die GmbH & Co. KG von der Muttergesellschaft erworben hatte, seien mit einem Sperrbetrag belastet gewesen.

Dieser zweite Sperrbetrag sei im Zug der Verschmelzung der GmbH II mit der GmbH I gem. § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 auf die von der GmbH II gehaltenen Anteile an der GmbH I "übergesprungen". Der sich aus dem Formwechsel der GmbH I ergebende Übernahmeverlust reduziere sich daher entsprechend. Dieser Verlust sei ausschließlich als Aufstockungsbetrag für das Grundstück zu verwenden (§ 4 Abs. 6 S. 1 UmwStG 1995). Die Aktivierung eines Marktwerts und die jährlichen Absetzungen für Abnutzung hierauf entfielen somit.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg, soweit es um den Ansatz der Sperrbeträge ging (FG München, Urteil vom ...

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