Leitsatz

Der Steuerpflichtige muss die dem FA gegenüber wirksam getroffene Entscheidung, den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln, nicht jährlich wiederholen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb 1994 ein unbebautes Grundstück, parzellierte es und verkaufte die einzelnen Parzellen – bis auf ein Grundstück – noch im gleichen Jahr. Den dabei entstandenen Gewinn aus gewerblichem Grundstückshandel ermittelte sie gem. § 4 Abs. 3 EStG. Das nicht veräußerte Grundstück bebaute die Klägerin 1995 mit einem Doppelhaus und vermietete die beiden Doppelhaushälften. 1998/99 verkaufte sie eine der Doppelhaushälften.

Für die Jahre 1995 bis 1998 erklärte die Klägerin in Bezug auf das Doppelhaus Einkünfte aus VuV; Einkünfte in Bezug auf den gewerblichen Grundstückshandel erklärte sie nicht. Das FA vertrat die Ansicht, das vermietete Grundstück sei bis zu seiner Veräußerung Betriebsvermögen des gewerblichen Grundstückshandels geblieben, allerdings im Jahr 1995 Anlagevermögen geworden. Das FA nahm aus dem Übergang vom Umlaufvermögen zum Anlagevermögen für 1995 eine Gewinnauswirkung i.H. der auf das Grundstück entfallenden anteiligen Anschaffungskosten an. Gleichzeitig wurden die als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärten Beträge als Einkünfte aus dem gewerblichen Grundstückshandel berücksichtigt.

Im Einspruchs- und Klageverfahren machte die Klägerin geltend, das zurückbehaltene Grundstück habe nach wie vor zum Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels gezählt, da die Verkaufsabsicht nie aufgegeben worden sei und sie sich stets um eine Veräußerung des Grundstücks bemüht habe. Sie habe sich 1994 für eine Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG entschieden und für die Folgejahre an dieser Gewinnermittlungsart festgehalten.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 03.03.2005, 3 K 348/03, Haufe-Index 1492764, EFG 2006, 631), da die Klägerin von ihrem Wahlrecht nicht zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums 1995 zugunsten einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Gebrauch gemacht habe. Daher sei der Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln gewesen.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war begründet. Entgegen der Ansicht des FG hatte die Klägerin die Gewinnermittlungsart nicht gewechselt und infolgedessen keinen Übergangsgewinn erzielt.

 

Hinweis

1.§ 4 Abs. 3 EStG gewährt den Steuerpflichtigen, die weder verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, ein Wahlrecht und ermöglicht es ihnen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anzusetzen.

2. Für die erstmalige Ausübung dieses Wahlrechts fordert dieRechtsprechung, dass der Steuerpflichtige die Entscheidung, seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln, in dem Bewusstsein trifft, Gewinn- und nicht Überschusseinkünfte zu erzielen (z.B. BFH, Urteil vom 09.02.1999, VIII R 49/97, BFH/NV 1999, 1195).

3. Nach der Auffassung des X. Senats muss das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 nicht jährlich neu ausgeübt werden. Die Entscheidung für eine bestimmte Gewinnermittlungsart ist eine "Grundentscheidung", die nicht jährlicher Wiederholung bedarf. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Steuerpflichtige, der Gewinneinkünfte erzielt, so lange bei der einmal gewählten Gewinnermittlungsart bleibt, bis er Gegenteiliges bekundet. Der Steuerpflichtige, der sein Wahlrecht in der Vergangenheit bereits ausgeübt hat, muss – auch aus Gründen der Praktikabilität – nicht mehr deutlich machen, dass er den Gewinn weiterhin durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt.

4. Interessant wird es, wenn der Steuerpflichtige in den Folgejahren nicht Gewinneinkünfte, sondern Überschusseinkünfte – wie im Streitfall Einkünfte aus VuV – erklärt. Der X. Senat wertet diese Erklärung des Steuerpflichtigen als unbeachtliche rechtliche Würdigung der Einkunftsart. Grund dafür ist, dass der Steuerpflichtige zunächst die Entscheidung, den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, ausdrücklich getroffen hatte und er einen gegenteiligen Willen, künftig den Gewinn aus dem gewerblichen Grundstückshandel nicht mehr nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln zu wollen, nicht bekundet hat.

5. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass ein Steuerpflichtiger bei der von ihm bewusst gewählten Gewinnermittlungsart bleiben will. Voraussetzung ist aber, dass seine Einkünfte objektiv als Gewinneinkünfte zu beurteilen sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.09.2008 – X R 58/06

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