Leitsatz

Eine Personengesellschaft, deren erklärter Gesellschaftszweck die Verwaltung ihres Vermögens ist und die Eigentümerin von sechs Grundstücksparzellen ist, kann selbst dann gewerblich tätig werden, wenn sie diese Grundstücke durch nur einen Vertrag an eine Erwerberin veräußert. Dies ist dann der Fall, wenn sie ab dem Zeitpunkt des Veräußerungsentschlusses zahlreiche Einzelaktivitäten verschiedenster Art im Hinblick darauf entfaltet hat, dass auf dem zu veräußernden Grundbesitz von der Käuferin ein Einkaufszentrum errichtet werden soll, dessen Baupläne Gegenstand des Kaufvertrags sind.

 

Normenkette

§ 15 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger – Eheleute – hatten in den Jahren 1980 bis 1983 sowohl allein als auch in Gesellschaft bürgerlichen Rechts mehrere Grundstücke erworben. Auf diesen sollte ein Geschäfts- und Freizeitzentrum errichtet werden. Zu diesem Zweck beantragte die GbR 1982 eine Baugenehmigung, die 1985 erteilt wurde. Inzwischen hatte sie eine Reihe von Miet- und Mietvorverträgen geschlossen und die Grundstücke zum Verkauf angeboten.

Im Dezember 1985 schlossen die Kläger mit einem Bauunternehmen einen Kooperationsvertrag zur gemeinsamen Verwertung ihres Grundbesitzes mit dem Inhalt, dass der Erwerber verpflichtet werden sollte, das Unternehmen mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Einkaufszentrums zu beauftragen. Die Baupläne wurden entsprechend geändert und 1988 zusammen mit den Grundstücken und der Verpflichtung gegenüber dem Erwerber zu weiteren Einzelleistungen verkauft. Das FA vertrat die Ansicht, es liege ein gewerblicher Grundstückshandel vor und der Veräußerungsgewinn unterliege deshalb der Einkommensteuer. Die Klage hatte keinen Erfolg (EFG 2002, 83).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Urteil des FG. Die Personengesellschaft habe einen Grundstückshandel betrieben. Es sei zwar nicht feststellbar, dass sie hinsichtlich der Veräußerung mit Wiederholungsabsicht gehandelt habe. Aus den verschiedenen Aktivitäten in Bezug auf das Grundstück ergebe sich jedoch, dass sie mit unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt habe. Damit habe sie die private Vermögensverwaltung überschritten; die Drei-Objekt-Grenze sei deshalb nicht von Bedeutung. Es komme allein darauf an, ob die Betätigung nachhaltig sei. Das sei hier zu bejahen: Nachhaltigkeit könne auch vorliegen, wenn weitere Grundstücksverkäufe nicht beabsichtigt seien.

 

Hinweis

Das vorliegende Urteil des VIII. Senats des BFH zeigt, dass die Rechsprechung den Beschluss des Großen Senats vom 10.12.2001, GrS 1/78 (BFH-PR 2002, 171) zum Anlass nimmt, den Anwendungsbereich des gewerblichen Grundstückshandels gegenüber bisher auszuweiten. Dies wurde schon im Urteil des VIII. Senats vom 13.8.2002, VIII R 14/99 (BFH-PR 2002, 421) erkennbar, das im Fall der Veräußerung eines Grundstücks mit der Verpflichtung, für den Erwerber auf dem Grundstück ein Gebäude zu errichten, die Drei-Objekt-Grenze für bedeutungslos erklärte. Die Entscheidung gehörte in die Kategorie der sog. Bebauungsfälle.

Es wurde jedoch bereits in den Praxishinweisen zu diesem Urteil die Frage aufgeworfen, ob der Verkauf eines Grundstücks, das der Verkäufer auf Wunsch des Käufers erworben hat – also ein sog. Durchhandelsfall mit Weiterveräußerungsverpflichtung –, hinsichtlich der Drei-Objekt-Grenze nicht ebenso beurteilt werden muss wie der Verkauf eines Grundstücks mit Bebauungsverpflichtung. Das wird man nunmehr bejahen müssen. Nach dem vorliegenden Urteil – und dem kurz vorher ergangenen Urteil des X. Senats vom 10.9.2002, X R 5/00 (siehe Seite 178) – kommt es auf die Drei-Objekt-Grenze nicht an, wenn das Grundstück bereits mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben wurde oder wenn der Veräußerer seine Aktivitäten in Bezug auf das Grundstück nach dessen Erwerb in unbedingter Veräußerungsabsicht entfaltet hat.

Damit rückt die Prüfung der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Tatbestandsmerkmale der gewerblichen Tätigkeit wieder stärker in den Vordergrund. Und hier vor allem das Merkmal der Nachhaltigkeit der Betätigung. Danach liegt ein gewerblicher Grundstückshandel stets vor, wenn ein Grundstücksgeschäft mit Wiederholungsabsicht vorgenommen wird. Nachhaltigkeit kann aber auch dann anzunehmen sein, wenn ohne Wiederholungsabsicht nur ein einziges Grundstücksgeschäft getätigt wird, das Grundstück aber vor seiner Veräußerung bebaut, erschlossen oder in anderer Weise im Hinblick auf den beabsichtigten Verkauf verändert wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.12.2002, VIII R 40/01

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