Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderrente nach schweizerischem Recht

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine nach schweizerischem Recht gezahlte Kinderrente schliesst die Gewährung von Kindergeld in der Bundesrepublik Deutschland aus.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2; EStG § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine nach schweizerischem Recht gezahlte Kinderrente die Kindergeldgewährung in der Bundesrepublik Deutschland ausschließt.

Der Kläger (geboren am 21. ...) erhält seit dem 1. November 1995 von der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung der Schweiz eine ordentliche einfache Altersrente; daneben erhält er für seine beiden Kinder ... und ... eine sog. ordentliche einfache Kinderrente in Höhe von jeweils 221,00 Schweizer Franken. Mit Bescheid vom 29. Februar 1996 verfügte der Beklagte u. a., dass dem Kläger ab Januar 1996 kein Kindergeld mehr zustehe und für die Monate Januar und Februar 1996 das bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 800,00 DM gem. § 37 Abs. 2 AO zu erstatten sei. Der hiergegen vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Einspruch führte nicht zum Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 1997 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im wesentlichen aus, dass die schweizerische Kinderrente dem deutschen Kindergeld vergleichbar sei. Die schweizerische Sozialleistung Kinderrente stelle nach Sinn und Zweck eine bestimmte Form des Kindergeldes für nicht mehr erwerbstätige Personen dar und diene damit dem Familienausgleich, also der Entlastung von Erziehungskosten. Der Anspruch auf Kindergeld in der Bundesrepublik Deutschland sei damit gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht gegeben.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 13. Mai 1997 bei Gericht eingegangenen Klage. Er trägt zur Klagebegründung vor, dass die schweizerische Kinderrente kein Familienausgleich zur Entlastung von Erziehungskosten sei, sondern das Existenzminimum decken soll. Die Kinderrenten sowie seine eigene Altersrente seien Einkommen. Das Kindereinkommen dürfe nach der neuen gesetzlichen Regelung im EStG 1.000,00 DM monatlich nicht übersteigen, um das Kindergeld zu erhalten.

Er und seine Kinder hätten ein Renteneinkommen von ca. 2.300,00 DM.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Februar 1996 und der Einspruchsentscheidung vom 18. April 1997 Kindergeld für die beiden Kinder ... und ... ab Januar 1996 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte entgegnet, dass die Kinderrenten nach dem schweizerischen Recht den Kinderzuschüssen in der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar seien. Dies schließe nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Gewährung von Kindergeld aus. Der Kläger verweise im übrigen selbst darauf, dass die Kinderrente eine Leistung darstelle, die das Existenzminimum decken soll. Auch durch das steuerrechtliche Kindergeld werde die (steuerliche) Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes bewirkt.

Der Senat hat mit Anschreiben vom 7. Juni 2000 an die schweizerische Ausgleichskasse gebeten, den Hintergrund der streitbefangenen Kinderrente zu erläutern. Es wurde auch um Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob die Kinderrente eine "Familienzulage" im Sinne des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz über soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 darstellt. In der Rückantwort der schweizerischen Ausgleichskasse in Genf vom 21. Juni 2000 heißt es:

"Sehr geehrte Damen und Herren

Wir beziehen uns auf Ihr obenerwähntes Schreiben und teilen folgendes mit:

Gemäss unserem Gesetz haben Personen, welchen eine Altersrente zusteht, für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente. Der Anspruch erlischt mit der Vollendung des 18. Altersjahrs oder bei Ausbildung bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr.

Es handelt sich bei dieser Leistung nicht um eine sogenannte "Familienzulage".

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg.

Der Beklagte ist im angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der streitbefangenen Kinderrente um eine Leistung für Kinder handelt, die im Ausland gewährt wird und dem Kindergeld vergleichbar ist. Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 wird Kindergeld nicht gezahlt für ein Kind, für das Leistungen im Ausland gewährt werden, die dem Kindergeld vergleichbar sind. Nach herrschender Meinung in der Literatur handelt es sich bei Kinderrenten, die in der Schweiz zu Alters- und Invalidenrenten gezahlt werden, um derartige ausländische Leistungen, die den Ausschluss des Anspruchs auf Kindergeld bewirken (Bergkemper in Herrmann / Heuer / Raupach, EStG, § 65 Anm. 8; Berlebach, A I EStG § 65 Rz. 12). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.

Die Vergleichbarkeit der ausländischen Leistung ist nach deren Funktion zu beurteilen. Eine d...

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