Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Beginn der Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 EStG. Kindergeld

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom …. November 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …. Dezember 1998 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab Oktober 1998 für seinen Sohn S. Kindergeld zu gewähren.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger für seinen Sohn S. (*XX. Februar 1975) ab dem 1. Oktober 1998 Kindergeld zusteht. S. arbeitete nach (im Februar 1998) abgeschlossener Berufsausbildung, so auch in den Monaten Juni bis September 1998, gegen volles Gehalt bei der F. AG. In den Monaten Juni bis September 1998 erhielt er einen Brutto-Arbeitslohn von 22.000 DM. Im Juni 1998 bewarb er sich um einen Studienplatz an der X. Fachhochschule. Im Oktober 1998 nahm er dort ein Studium auf.

Unter dem Datum vom XX. Juli 1998 und am XX. November 1998 beantragte der Kläger Kindergeld u.a. für seinen Sohn S. ab 1. Oktober 1998. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom XX. November 1998 ab, weil S. „im Anspruchszeitraum Juni 1998 (ausbildungswilliges Kind) bis Dezember 1998 die maßgebliche Einkommensgrenze von 7.210 DM” überschritten habe.

Hiergegen wandte der Kläger sich mit dem Einspruch. Zur Begründung trug er vor, das Kindergeld für S. sei zu bezahlen, weil dieser ab dem 1. Oktober 1998 keine Einkünfte mehr erziele. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, bei der Beurteilung, ob der maßgebende Grenzbetrag (§ 63 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG – i.V.m. § 32 Abs. 4 EStG) überschritten werde, sei der Zeitraum von Juni bis Dezember 1998 heranzuziehen. In diesem Zeitraum habe der S. aber Einkünfte in einer Höhe gehabt, die die maßgebliche Einkommensgrenze von 7.210 DM (7/12 von 12.360 DM) überschritten.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger hält daran fest, daß ihm für seinen Sohn S. ab dem 1. Oktober 1998 Kindergeld zustehe. Zwar habe dieser bis zum 30. September 1998 als Arbeitnehmer beachtliche Einkünfte erzielt, doch ab dem 1. Oktober 1998 überhaupt keine mehr. Bei der Berechnung des Grenzbetrags müsse aber auf den Beginn der Ausbildung abgestellt werden. Diese habe im Streitfall erst mit dem 1. Oktober 1998 (und nicht, wie der Beklagte annimmt, im Juni 1998) begonnen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen den Beklagten zu verpflichten, daß er ihm (dem Kläger) für seinen Sohn S. ab Oktober 1998 Kindergeld gewährt.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er ist weiterhin der Auffassung, daß dem Kläger das beantragte Kindergeld nicht zustehe. Da der Verdienst des Sohnes ab Juni 1998 für den Vergleich mit dem maßgeblichen Grenzbetrag heranzuziehen sei, werde letzterer im Jahr 1998 überschritten. Das schließe aber die Gewährung von Kindergeld für den streitigen Zeitraum aus.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht das beantragte Kindergeld für seinen Sohn S. zu.

1. Ein Steuerpflichtiger erhält Kindergeld für ein Kind, das – wie der Sohn S. des Klägers im Begünstigungszeitraum – zwar das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, insbesondere dann, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (§§ 62 Abs. 1 und 63 Abs. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG) oder sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet (Buchstabe b) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (Buchstabe c). Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind in diesem Falle aber nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12.360 DM (Grenzbetrag für 1998) im Kalenderjahr hat. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 12.360 DM um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 6 EStG).

2. Folgt man dem Beklagten darin, daß die Ausbildung des Sohnes S. des Klägers bereits mit der Bewerbung um einen Studienplatz im Juni 1998 begonnen hat, so dürfte der Sohn in den verbliebenen sieben Monaten des Jahres 1998 nur 7.210 DM verdient haben (7/12 von 12.360 DM), damit sein Vater den Kindergeldanspruch für diesen Zeitraum nicht verliert. Beginnt die Ausbildung jedoch – wie der Kläger annimmt – erst mit dem Semesterbeginn im Oktober 1998 und sind die Voraussetzungen der Alternativen b und c nicht erfüllt, so wären Einkün...

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