rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei fehlenden Aufzeichnungen über die Warenentnahmen eines Fleischereibetriebs zwingende Bewertung der Sachentnahmen mit den Pauschbeträgen der amtlichen Richtsatzsammlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Inhaber eines Fleischereibetriebs keine Aufzeichnungen über seine eigenen Warenentnahmen sowie die Warenentnahmen durch seine Familienmitglieder geführt, so ist es nicht zu beanstanden, wenn das FA die Warenentnahmen mit den in der amtlichen Richtsatzsammlung für eine Fleischerei vorgesehenen Pauschbeträgen gewinnerhöhend angesetzt und dabei auch die in der Richtsatzsammlung vorgesehene Aufteilung in dem ermäßigten Umsatzsteuersatz sowie dem Regelsteuersatz unterliegende Sachentnahmen angewendet hat.

2. Ohne Führung von Aufzeichnungen sind die amtlichen Pauschbeträge des BMF und die vorgesehene umsatzsteuerliche Behandlung auch dann anzuwenden, wenn der Fleischer und seine Familie in der Fleischerei kein warmes Mittagessen zu sich genommen haben. Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben dienen der Vereinfachung und lassen keine Zu- und Abschläge wegen individueller persönlicher Ess- und Einkaufsgewohnheiten zu.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1; UStG 2001 § 22 Abs. 2 Nrn. 3, 1 S. 2, § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1, Abs. 9 Sätze 4-5, § 12 Abs. 1; AO § 162 Abs. 1, 2 S. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 1.000,00 EUR.

 

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz von Pauschbeträgen für unentgeltliche Wertabgaben zu 16 v. H. für die Jahre 2002 bis 2004.

Der Kläger zu 1. betreibt einen Fleischereibetrieb in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. In seinem Haushalt leben neben seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2.), die Kinder … (geboren am 12. Januar 1989) und das Kind … (geboren am 27. November 2000). Der am 13. April 1986 geborene Sohn … lebte bis September 2002 im Haushalt des Klägers.

Der Kläger hat den Kundenraum vor dem Verkaufstresen zur Mitbenutzung an den Bäcker vermietet. In dem Verkaufsraum unterhält der Bäcker 3 Stehbistrotische und der Kläger 2 Bistrotische. Der Kläger betreibt im Fleischereibetrieb eine sog. Heißtheke. An dieser Heißtheke werden täglich 3 Gerichte angeboten (wechselnder Mittagstisch, Suppe mit Wurst, Suppe ohne Wurst, Bouletten). Die Gerichte können vor Ort verzehrt oder außer Haus mitgenommen werden.

Am 10. März 2004, 07. Dezember 2004 sowie am 18. Juli 2005 erließ der Beklagte Einkommensteuerbescheide sowie Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für die Streitjahre 2002 bis 2004.

Im Zeitraum vom 26. Juli 2005 bis 27. Juli 2005 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung durch. Diese umfasste u. a. die Prüfung der Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer der Kalenderjahre 2002 – 2004.

Im Rahmen der Betriebsprüfung stellte die Prüferin unter anderem fest, dass den erklärten unentgeltlichen Wertabgaben in Bezug auf die in dieser Position enthaltenen Warenentnahmen, Warenentnahmen zum ermäßigtem Steuersatz i. H. v. 2.400,00 EUR (2002), 2.532,00 EUR (2003), 2.478,00 EUR (2004) sowie zum vollen Steuersatz (16 v. H.) i. H. v. 510,96 EUR (2002), 510,98 EUR (2003) und 516,72 EUR zugrunde gelegt worden waren. Die Höhe der Warenentnahmen zum vollen Steuersatz entsprach in etwa dem Jahreswert der Richtsatzsammlung für eine Person. Mit Ausnahme der Klägerin zu 2. wurde der Verzehrabzug für die übrigen Arbeitnehmer mit monatlich 44,00 EUR (Vollzeit) bzw. 30,00 EUR (Teilzeit) zu 16 v. H. umsatzversteuert. Einzelaufzeichnungen über erfolgte Warenentnahmen wurden seitens des Klägers zu 1. nicht geführt. Da neben den Klägern im gesamten Prüfungszeitraum auch die Kinder … und … und zudem bis einschließlich September 2002 auch der Sohn … zum Haushalt gehört hatten, ermittelte die Prüferin die unentgeltlichen Wertabgaben entsprechend der Anzahl der zum Haushalt gehörigen Personen unter Berücksichtigung der Pauschbetrage lt. Richtsatz-Sammlung der entsprechenden Kalenderjahre wie folgt:

2002 in EUR

2003 in EUR

2004 in EUR

Personen

Kläger zu 1.

Klägerin zu 2.

…, 13.04.1986 bis 09/2002

12.01.1989

27.11.2000

Gesamtpersonenzahl

1,0

1,0

0,75

1,0

0

3,75

1,0

1,0

0

1,0

0,5

3,5

1,0

1,0

0

1,0

0,5

3,5

Jahreswert pro Person lt. Richtsatz-Sammlung

Waren 7 v. H. Umsatzsteuer

Waren 16 v. H. Umsatzsteuer

672,00

504,00

672,00

504,00

708,00

528,00

Gesamtpersonenzahl * Jahreswert pro Person = zu berücksichtigende unentgeltliche Wertabgabe

7 v. H.

darauf entfallende Umsatzsteuer

2.520,00

176,40

2.352,00

164,64

2.478,00

173,46

16. v. H.

darauf entfallende Umsatzsteuer

1.890,00

302,40

1.764,00

282,24

1848,00

295,68

abzüglich vor Betriebsprüfung berücksichtigte Warenentnahmen

zu 7 v. H.

darauf entfallende Umsatzsteuer

zu 16 v. H.

darauf entfallende Umsatzsteuer

2.400,00

168,00

510,96

81,75

2.352,00

164,64

510,98

81,76

2.478,00

173,46

516,72

82,68

Differenzen

Warenentnahmen zu 7 v. H. netto

darauf entfallende Umsatzsteuer

Warenentnahmen zu 16 v. H.

darauf entfallende Umsatzsteuer

Differ...

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