Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwimmkörper kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Prüfung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden geht dessen vorgeschriebene Einzelbewertung einer wirtschaftlichen Einheit mit benachbarten Grundstücken vor.

Im Unterschied zu Pfahlbauten sind (hier gastronomisch und zu Konferenzzwecken genutzte und nach Art von Hausbooten konstruierte) Schwimmkörper ohne Eigenantrieb auch bei geographisch-ortsfestem Liegen keine "Gebäude", weder sind sie durch ein Fundament fest mit dem Grund und Boden verbunden noch ruhen sie mit ihrem Eigengewicht auf Grund und Boden; außerdem sind sie nicht standfest.

Die bewertungsrechtliche Einordnung wird nicht durch baurechtliche Erfordernisse präjudiziert.

Der Wortlaut "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" erfasst nicht "über" dem Grund und Boden schwimmende oder schwebende Objekte; dabei kommt es nicht auf die mögliche Bewertung des darunter liegenden Grundstücks oder Gewässergrundstücks an.

 

Normenkette

BewG § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1, 3, §§ 19, 68 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 1, 3, §§ 92, 94, 176 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 94-95; GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; GrStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 3 BSt. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.10.2011; Aktenzeichen II R 27/10)

 

Tatbestand

A.

Streitig ist, ob eine auf einem städtischen Gewässer schwimmende Anlage für die Einheitsbewertung zu grundsteuerlichen Zwecken als Gebäude auf fremden Grund und Boden anzusehen ist.

I.

1. Die der Klägerin gehörende und an eine Hotelgesellschaft verpachtete Anlage liegt als gastronomisches Konferenz- und Eventzentrum auf einem schiffbaren Kanal nördlich vor einem gleichfalls durch die Klägerin verpachteten Hotel und wird durch das Hotel mitbetrieben (Lageplan, Zeichnungen, Ansichten, Geoinfo- und Internetausdrucke: Einheitswert-Akte --EW-A-- Bl. 21, 6, 22, 38; Wassergesetz-Genehmigungs-Akte --WaG-A-- insbes. Bl. 1, 2, 25, 39, 116; Finanzgerichts-Sonderband --FG-Sobd.-- Bl. 7-10, 12-25, 41, 45, 62, 130-133).

2. Der Kanal gehört zu den durch Schleusen gegen die Elbe und ihre Tide abgegrenzten Gewässern in den Randgebieten im Sinne des in § 1 Hafenverkehrs- und Schiffahrtsgesetzes (Hamburg) bezeichneten Geltungsgebiets dieses Gesetzes und der darauf gestützten Hafenverkehrsordnung. Gemäß § 2 Nr. 12 Hafenverkehrsordnung werden im Bereich des Hamburger Hafens und seiner Randgebiete ortsfest gemachte Schwimmkörper, die insbesondere als Aufenthalts- oder Versammlungsräume, Restaurationsbetrieb, Werkstatt oder zur Lagerung verwendet werden, als "Lieger" bezeichnet; im Fall der Überführung gelten sie als Fahrzeuge. Gemäß § 29 Hafenverkehrsordnung benötigen Lieger für die Benutzung eines Gewässers als Betriebs- oder Vorhaltefläche eine Sondernutzungsgenehmigung gemäß § 15 Hamburgisches Wassergesetz (HWaG).

Das als Wasserbehörde örtlich für den Kanal zuständige Bezirksamt genehmigte die Sondernutzung der Wasserfläche gemäß §§ 15, 16 HWaG; in der wasserrechtlichen Genehmigung des Bezirksamtsleiters vom 13. August 2007, die durch nachfolgende Änderungen ergänzt wurde und keine Befristung enthält, heißt es auszugsweise (Finanzgerichts-Anlagenband --FG-Anlbd.-; WaG-A Bl. 17):

"1. Nutzungszweck ... Nach Beendigung der Gewässernutzungen ist die Anlage zu entfernen und der ursprüngliche Zustand wieder herzustellen, es sei denn dass die Wasserbehörde ganz oder teilweise darauf verzichtet. ... ...

2. Allg. technische Anforderungen: ... Mit dem Einschwimmen bzw. Einbringen der Anlage oder einzelner Teile darf erst begonnen werden, wenn für die geplanten Lieger, die Dalben und Halteeinrichtungen (Dalbenschlösser) die notwendigen prüftechnischen Anforderungen einer anerkannten Stelle1 im Hinblick auf die Statik (Kippstabilität, Schnee- u. Windlast) und Schwimmfähigkeit (allgemeine Tragfähigkeit, Wellenschlag u. bei Eisgang) - Lastannahmen gem. DIN EN 14504:2004 Anhang A - erteilt worden sind ... Die Konstruktionen sind so herzustellen, dass sich eine Verringerung oder Zunahme des Wasserstandes von mindestens 20 cm über oder unter NN (auf Erfahrungen basierende Gewässerschwankungen) nicht nachteilig auf die Sicherheit und den Betrieb der Lieger auf dem Gewässer auswirken. ... Grundsätzlich gilt für zu errichtende Gebäudeteile auf den Liegern die Hamburgische Bauordnung, von der nur abgewichen werden darf, wenn es sicherheitstechnische Anforderungen notwendig machen. In diesen Fällen haben sich Konstruktion und Ausführung an den Normen des Schiffbaues zu orientieren. ... Neben ... sind die durch Sachverständige1 vorzunehmenden Begutachtungen gem. der Zertifikate ... bis ... vorzulegen. Danach richten sich die Überprüfungen nach dem Urteil der Sachverständigen [Fußnote: Sachverständige der v. Bundesminister f. Verkehr anerkannten Klassifikationsgesellschaft; Sachverständige die vom WSA/HPA, der IHK oder BG bestellt sind (s. a. § 5 BGV D 21 /DA)]. Die Frist zur Vorlage der Zertifikate verkürzt sich in Fällen von Havarieschäden mit erheblichen Ausmaßen und besonders extremem Eisgang. ...

3. Umweltrelevant...

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