rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung bzw. fiktive Anrechnung der Geschäftsgebühr – Auslöser einer Erledigungsgebühr

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das Beratungshilfegesetz (BerHG) ist auch in steuerrechtlichen Angelegenheiten anwendbar (vgl. Beschluss des BVerfG vom 14. Oktober 2008 1 BvR 2310/06, NJW 2009, 209).
  2. Die bei der Vertretung im steuerrechtlichen Einspruchsverfahren (hier: Kindergeld) auf der Grundlage des BerHG entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV-RVG ist zur Hälfte auf die in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren entstehenden Gebühren anzurechnen.
  3. Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG ist nicht unmittelbar mit einem Anteil aus den in der VV-RVG vorgesehenen Gebühren, sondern auf der Grundlage des nach der Anrechnung verbleibenden Betrages zu berechnen.
 

Normenkette

RVG § 45; VV-RVG Nrn. 2300, 2503, 7002; VV-RVG Vorbem. 3 Abs. 4 zu Teil 3; VV-RVG Vorbem. 2.5 zu Abschn. 5; GKG § 52 Abs. 4; BerHG § 2 Abs. 2, § 8

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der nach den Bestimmungen der §§ 45 ff des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) festzusetzenden Vergütung.

Der Erinnerungsführer hatte im Hinblick auf die Bewilligung von Kindergeld für den Monat Mai 2006 die rechtlichen Interessen seines Mandanten vertreten, und zwar zunächst im Rahmen eines bei der Familienkasse Düsseldorf geführten Einspruchsverfahrens und, nach Erlass der unter dem 2.1.2007 ergangenen Einspruchsentscheidung, auch als Prozessvertreter im Klageverfahren (10 K 419/07 Kg). Nachdem die Familienkasse mit Bescheid vom 10.8.2007 für den fraglichen Monat Kindergeld bewilligt hatte, war dem Mandanten des Erinnerungsführers mit Beschluss vom 22.8.2007 Prozesskostenhilfe gewährt und der Erinnerungsführer als Prozessvertreter beigeordnet worden. Nachfolgend hatten die Beteiligten Erledigungserklärungen abgegeben, mit Beschluss vom 26.9.2007 waren die Kosten des Verfahrens dem Mandanten des Erinnerungsführers auferlegt worden, weil nach Ansicht des Gerichts das Klageverfahren durch eine frühere Vorlage von Nachweisen habe verhindert werden können.

In seinem Antrag vom 18.10.2007 bat der Erinnerungsführer unter Berufung auf die Regelungen der §§ 45 ff RVG und auf das dazu erstellte Vergütungsverzeichnis (VV-RVG) um die Festsetzung folgender Gebühren:

Gegenstandswert:

1.000,- EUR

1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV-RVG)

110,50 EUR

1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV-RVG)

102,00 EUR

Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV-RVG)

20,00 EUR

Zwischensumme

232,50 EUR

Umsatzsteuer

44,18 EUR

Summe

276,68 EUR

Nachdem die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Erinnerungsführer darauf hingewiesen hatte, dass im Klageverfahren ein Termin nicht stattgefunden habe und dass hinsichtlich der Verfahrensgebühr die Anrechnung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG in Betracht komme, modifizierte der Erinnerungsführer seinen Antrag und bat nunmehr, folgende Gebühren anzusetzen:

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle folgte dem Antrag nicht.

Mit Beschluss vom 15.4.2008 setzte sie die Vergütung wie folgt fest:

Gegenstandswert:

1.000,-- EUR

1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV-RVG)

110,50 EUR

Anrechnungsbetrag (Beratungshilfevergütung)

-35,00 EUR

1,0 Einigungsgebühr (Nr. 1003 VV-RVG)

85,00 EUR

Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV-RVG)

20,00 EUR

Zwischensumme

180,50 EUR

Umsatzsteuer

34,30 EUR

Summe

214,80 EUR

Gegenstandswert:

1.000,-- EUR

1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV-RVG)

110,50 EUR

Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr (Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV-RVG)

- 55,25 EUR

Postentgeltpauschale (Nr. 7002 VV-RVG)

11,05 EUR

Zwischensumme

66,30 EUR

Umsatzsteuer

12,59 EUR

Summe

78,89 EUR

Wegen der Begründung zur Anrechnung der Geschäftsgebühr und zum unterbliebenen Ansatz weiterer Gebühren wird auf die Gründe des Beschlusses vom 15.4.2008 Bezug genommen.

Mit seiner Erinnerung vom 18.4.2008 trägt der Erinnerungsführer vor:

Die Festsetzung der Gebühren sei fehlerhaft.

Die allein fiktive Anrechnung einer Geschäftsgebühr, die er bei seinem Mandanten nicht angefordert habe, sei, entgegen der Rechtsauffassung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, in den Vorbemerkungen 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV-RVG nicht vorgesehen.

Dies komme auch darin zum Ausdruck, dass eine Gesetzesänderung geplant sei (§ 15a RVG), nach deren Inhalt eine Minderung der Verfahrensgebühr nicht mehr in Betracht komme. Aus der Begründung zu dieser Gesetzesänderung gehe wiederum hervor, dass der Gesetzgeber der nunmehr ins Auge gefassten Regelung bereits bei der Einführung des RVG habe Geltung verschaffen wollen.

Außerdem habe er Beratungshilfe abgerechnet und den ausgezahlten Betrag im Rahmen seines Antrages verrechnet.

Selbst wenn die Anrechnung einer Geschäftsgebühr in Betracht zu ziehen sei, ergebe sich, wenn seine Tätigkeit unter Berücksichtigung des Kostenbeschlusses vom 26.9. 2007 überhaupt einen Wert gehabt habe, nur ein weitaus geringerer Betrag. Der Mindeststreitwert im Sinne des § 52 Abs. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Höhe von 1.000,-- EUR sei nämlich nicht anzusetzen, sondern nur der t...

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