Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von Schmelzmagnesia (Magnesiumoxid)

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Fällt Schmelzmagnesia (Magnesiumoxid), die aus natürlichem Bergbaumagnesit (Magnesiumcarbonat) kaustisch gebrannt und in einem zweiten Bearbeitungsabschnitt durch Schmelzen in einem Lichtbogenofen gewonnen wurde, unter die Unterposition 2519 9010 des Anhangs I der Kombinierten Nomenklatur?

 

Normenkette

KN 2519 9010; KN 2519 9090; VO (EG) Nr. 2113/1999; EGV Art. 234

 

Streitjahr(e)

1995, 1996

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen C-445/04)

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin meldete seit 1990 zahlreiche Einfuhren von Schmelzmagnesia natürlicher Herkunft bei Zollstellen des damaligen Hauptzollamts…(HZA) unter der Unterposition 2519 90 90 der Kombinierten Nomenklatur - KN - an, ohne dass dies zu Beanstandungen geführt hat. Die Ware hatte sie über Antwerpen oder Rotterdam in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbringen, zu Versandverfahren abfertigen und 1995 und 1996 während des Transports nach Deutschland bei ehemaligen Grenzzollstellen des HZA an der deutsch-niederländischen Grenze zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigen lassen.

Die dabei eingeführte Schmelzmagnesia (MgO) wurde aus natürlichem australischem Bergbaumagnesit - MgCO3 - (Magnesiumcarbonat) hergestellt, indem sie in einer ersten Bearbeitungsstufe bei Temperaturen bis zu 1.000°C in Etagenöfen gebrannt und in einer zweiten Stufe in Lichtbogenöfen bei über 2.800° C geschmolzen wurde. Sodann wurde der geschmolzene Kern vom nicht vollständig geschmolzenen Rand- und Krustenmaterial befreit und auf handelsübliche Körnungen gebrochen.

Das in der ersten Bearbeitungsstufe erzielte Magnesiumoxid wird als kaustisch gebranntes Magnesiumoxid bezeichnet und auch Kauster genannt.

Wird das Magnesiumcarbonat in der ersten Bearbeitungsstufe mit Temperaturen über 1.600° C gebrannt, entsteht totgebrannte (gesinterte) Magnesia.

Eine Herstellung der eingeführten Schmelzmagnesia unmittelbar aus Magnesiumcarbonat (Bergbaumagnesit) durch Brennen oder Schmelzen bis zu Temperaturen von mehr als 2.800° C ist technisch unmöglich.

Australische Schmelzmagnesia der eingeführten Art ist je nach Anteil der Verunreinigungen, insbesondere mit CaO, SiO2, Al2O3, Fe2O3, Mn3O4 und Cr2O3, in sieben verschiedenen Farbvarianten mit einem Magnesiumoxidanteil von 95,94 bis 97,95 und durchschnittlich 97,38 Gewichtshundertteilen erhältlich.

Die Ware ist aufgrund ihrer fehlenden Reinheit nur zur Herstellung feuerfester Materialien geeignet, nicht aber als Isolator für elektrische Geräte, für den aus Meerwasser gewonnene synthetische Magnesia verwendet werden muss.

Auf Antrag der Klägerin vom 19. Oktober 1991 erteilte ihr die Oberfinanzdirektion…- Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt - (ZPLA) am 5. Dezember 1992 für australisches Schmelzmagnesit der von ihr eingeführten Art eine verbindliche Zolltarifauskunft, nach der diese Ware in die Unterposition 2519 90 10 KN einzureihen sei.

Darin wurde die Ware wie folgt beschrieben: Schmelzmagnesia, aus australischem Bergbau-Magnesit hergestellt. MgO-Gehalt mindestens 96 %, CaO 2,2 - 2,5%, SiO2 0,6 +/1 0,1%, Fe2O3, Al2O3 und Mn2O3 zusammen max. 0,6%. Gemenge aus weit überwiegend farblosen wie weißlichen, unregelmäßig geformten, kristallinen Spezies, die teilweise glänzende Bruchflächen aufweisen. Länge ca. 3 bis 10 mm; Durchmesser ca. 3 bis 6 mm. In geringer Menge sind auch beigefarbene, hell- und dunkelbraune sowie graue Anteile vorhanden (teilweise miteinander verwachsen). Das Erzeugnis besteht hauptsächlich aus Schmelzmagnesia und weist aufgrund des speziellen Herstellungsverfahrens eine leicht inhomogene Zusammensetzung auf. Das Erzeugnis wird durch Zerkleinern des in einem Higgis-Lichtbogenschmelzofen hergestellten Schmelzblockes gewonnen. Das Kernmaterial besteht aus Schmelzmagnesia, der Randbereich des Schmelzblockes aus Sintermagnesia (letzteres nur in minimaler Menge vorhanden).

Von dieser verbindlichen Zolltarifauskunft machte die Klägerin in der Folgezeit keinen Gebrauch.

In einem der Klägerin später zugänglich gewordenen Schreiben des niederländischen Zolllabors Amsterdam an eine Zollstelle in Rotterdam vom 19. Mai 1993 teilte das Zolllabor mit, aufgrund einer Untersuchung sei geschmolzene Magnesia in die Codenummer 2519.90 90.010.004 des (niederländischen) Gebrauchs-Zolltarifs einzureihen.

Auf Anordnung des Hauptzollamts vom 08.04.1997 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung des Hauptzollamts für Prüfungen hinsichtlich ihrer Einfuhren von Magnesit aus Australien in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1996 statt, deren Ergebnis im Bericht vom 22. Dezember 1997, AB-Nr. 970084, zusammengefasst ist.

Darin stellten die Prüfungsbeamten fest, dass die Klägerin die im Prüfungszeitraum von der…bezogene Schmelzmagnesia australischen Ursprungs u.a. bei deutschen Grenzzollstellen zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigt und unter der Unt...

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