Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von Schmelzmagnesia; Nacherhebung von Zoll bei Annahme der Zollanmeldung ohne Beschau

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Geschmolzenes Magnesiumoxid, das aus gebranntem natürlichem Magnesiumcarbonat durch weitere Verarbeitung hergestellt worden ist, fällt nach dem maßgebenden Wortlaut der Nr. 2519 90 10 KN nicht unter die allein für das Ausgangsmaterial geltende Ausnahmeregelung und ist daher in die vorgenannte Unterposition einzureihen. Dem steht weder die Gliederung der KN noch die historische Entwicklung der Tarifierung von Schmelzmagnesia entgegen.

2. In der Annahme einer Zollanmeldung ohne Beschau liegt kein Irrtum der Zollbehörde, der die Nacherhebung des Zolls hindern könnte. Ein solcher Irrtum wäre dem Zollschuldner unabhängig von unzutreffenden Einreihungen der Ware durch verschiedene Zollbehörden der EG jedenfalls dann erkennbar, wenn ihm bereits eine zutreffende verbindliche Zolltarifauskunft der zuständigen deutschen Zollbehörde vorliegt.

 

Normenkette

KN Nr. 2519 90 10; KN Nr. 2519 90 90; AV 6 S. 3 Kapitel 25 Anmerkung 1; ZK Art. 20 Abs. 1, 3 Buchst. a, Art. 220 Abs. 2 Buchst. b

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.11.2003; Aktenzeichen VII R 23/02)

BFH (Beschluss vom 04.11.2003; Aktenzeichen VII R 23/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) meldete nach eigenen Angaben seit 1990 zahlreiche Einfuhren von Schmelzmagnesia natürlicher Herkunft beim Hauptzollamt 'A' unter der Unterposition 2519 90 90 der Kombinierten Nomenklatur - KN - an, ohne dass dies zu Beanstandungen geführt hat.

Auf Antrag der Klin vom 19.10.1991 erteilte ihr die Oberfinanzdirektion Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt - (ZPLA) am 05.12.1992 für australisches Schmelzmagnesia eine verbindliche Zolltarifauskunft, nach der diese Ware in die Unterposition 2519 90 10 KN einzureihen sei. Von dieser verbindlichen Zolltarifauskunft machte die Klin in der Folgezeit keinen Gebrauch.

In einem der Klin später zugänglich gewordenen Schreiben des niederländischen Zolllabors A an eine Zollstelle in R vom 19.05.1993 teilte das Zolllabor mit, aufgrund einer Untersuchung sei geschmolzene Magnesia in die Codenummer 2519.90 90.010.004 des (niederländischen) Gebrauchs-Zolltarifs einzureihen.

Die Klin beantragte am 02.11.1995 beim Zollamt S des Beklagten (Bekl) die Abfertigung einer Sendung australischer geschmolzener Magnesia zum zollrechtlich freien Verkehr. Die Sendung meldete sie als anderes Magnesiumoxid unter der Unterposition 2519 90 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) an und fügte der Zollanmeldung eine Handelsrechnung über australisches Schmelzmagnesit bei. Die Zollstelle nahm die Zollanmeldung ohne Beschau an und fertigte die Ware antragsgemäß ohne Erhebung von Zoll ab. Dabei ging die Zollstelle von der angegebenen Unterposition der KN aus.

Die eingeführte Schmelzmagnesia (MgO) wurde aus natürlichem australischem Bergbaumagnesit - MgCO3 - hergestellt, indem sie in einer ersten Bearbeitungsstufe bei Temperaturen bis zu 1.000°C gebrannt und in einer zweiten Stufe geschmolzen wurde.

Australische Schmelzmagnesia der eingeführten Art ist je nach Anteil der Verunreinigungen, insbesondere mit CaO, SiO2, Al2O3, Fe2O3, Mn3O4 und Cr2O3, in sieben verschiedenen Farbvarianten mit einem durchschnittlichen Magnesiumoxidanteil von 97,38 Gewichtshundertteilen erhältlich.

Aufgrund einer bei der Klin durchgeführten Außenprüfung forderte der Bekl von der Klin mit Steueränderungsbescheid vom 26.05.1998 1.367,36 DM Zoll nach, da die eingeführte Schmelzmagnesia in die Unterposition 2519 90 10 KN einzureihen sei.

Gegen diesen Bescheid legte die Klin fristgerecht Einspruch ein und trug zu dessen Begründung (u.a.) vor, die bei der Einfuhr angegebene Unterposition 2519 90 90 KN sei zutreffend gewesen.

Nach den Allgemeinen Vorschriften (AV) 1 und 6 sei für die Einreihung einer Ware der Wortlaut der Unterpositionen maßgebend. Danach falle Schmelzmagnesia in die Unterposition 2519 90 und innerhalb dieser Unterposition in die Unterposition 2519 90 90 KN.

Aus der Unterposition 2519 90 10 KN sei gebranntes natürliches Magnesiumcarbonat ausgeschlossen.

Werde natürliches Magnesiumcarbonat - MgCO3 - gebrannt, werde immer CO2 abgeschieden, so dass danach Magnesiumoxid MgO übrig bleibe. Damit sei gebranntes Magnesiumcarbonat chemisch immer Magnesiumoxid, so dass die Unterposition 2519 90 10 KN als „Magnesiumoxid, ausgenommen Magnesiumoxid, das aus natürlichem Stoff gewonnen wurde,” zu verstehen sei.

In der Unterposition 2519 90 10 KN verbleibe synthetisch hergestelltes Magnesiumoxid, das nicht aus Magnesiumcarbonat, sondern aus Magnesiumhydroxid oder Magnesiumhydroxidcarbonat gewonnen werde. Diese Ware bezeichne man als synthetische Magnesia, die zur Isolierung elektrischer Leiter verwendet werde. Demgegenüber werde das aus Magnesiumcarbonat gewonnene Magnesiumoxid, bei dem aufgrund seiner Herkunft Verunreinigungen mit elektrisch leitenden Stoffen nicht ausgeschlossen werden könnten, zur Herstellung feuerfester Steine oder für die Auskleidung von Hochöfe...

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