Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Nachhaltigkeit und kein gewerblicher Grundstückshandel bei Verkauf von Beteiligungen an zehn Grundstückgesellschaften an Tochtergesellschaften einer AG in einer einzigen notariellen Urkunde nach Verhandlungen mit einem einzigen Bevollmächtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein Steuerpflichtiger an einer oder mehreren Personengesellschaften oder -gemeinschaften beteiligt, so sind im Hinblick auf des Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels des Steuerpflichtigen neben eigenen Aktivitäten des Gesellschafters oder Gemeinschafters die Aktivitäten der Gesellschaft/Gemeinschaft wie eigene des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, sofern zwischen diesen ein Sachzusammenhang besteht.

2. Veräußert der Gesellschafter seine Beteiligungen an zehn auf Vermietung angelegten Grundstücksgesellschaften jeweils in der Rechtsform einer GbR aufgrund eines einzigen Verkaufsentschlusses und einer einzigen Verkaufsverhandlung mit demselben Bevollmächtigten einer AG in einer einzigen notariellen Urkunde auf Wunsch der AG an verschiedene personenidentische Tochtergesellschaften der AG, wobei auf Käuferseite nur ein Bevollmächtigter für die diversen Erwerbergesellschaften auftritt, so ist der Gesellschafter hierdurch nicht nachhaltig tätig geworden und begründet durch den Verkauf der zehn Beteiligungen keinen gewerblichen Grundstückshandel. Insoweit ist unerheblich, dass die Grundstücke an zivilrechtlich verschiedene Käufer veräußert worden sind.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.04.2015; Aktenzeichen X R 25/13)

 

Tenor

Die Gewerbesteuermessbescheide 2002 vom 24.09.2009 und 2006 vom 20.11.2009 sowie die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 05.07.2010 und 24.08.2010 werden ersatzlos aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger war an mehreren D.-Gesellschaften beteiligt, die zwischen 2001 und 2004 Grundbesitz erworben hatten und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärten. Im Veranlagungszeitraum 2006 veräußerten zehn dieser Grundstücksgesellschaften ihre Grundstücke an verschiedene Erwerber, die sämtlich 100 %ige Tochtergesellschaften der B. AG C. waren. Der Abschluss der einzelnen Kaufverträge erfolgte im Rahmen einer einzigen notariellen Urkunde vom 26.8.2006, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Im Anschluss an eine Außenprüfung wurden die Einkünfte auf der Ebene des Klägers als Gesellschafter in solche aus Gewerbebetrieb (gewerblicher Grundstückshandel) umqualifiziert. Gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2002 vom 24.9.2009, in dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden, und 2006 vom 20.11.2009 legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. In seiner Einspruchsentscheidung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, ein gewerblicher Grundstückshandel liege deshalb vor, weil alle Grundstücke an verschiedene Käufer veräußert worden seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH – unter anderem Urteil vom 7.10.2004 IV R 27/03) sei allein maßgeblich, ob lediglich ein einziger Verkaufsentschluss vorliege, der mit nur einer Handlung umgesetzt worden sei. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der Verkauf mehrerer Objekte an nur einen Erwerber (oder an eine Eigentümergemeinschaft bzw. – Gesellschaft) in nur einer Urkunde protokolliert werde. Der Kläger habe im Rahmen seiner Beteiligung seinen Verkaufsentschluss nicht in einer, sondern in zehn Handlungen umgesetzt. Damit sei er nachhaltig tätig geworden. Der Umstand, dass es sich um Tochtergesellschaften einer Muttergesellschaft gehandelt habe, sei für die Entscheidung unerheblich, da jeder einzelne Käufer eine eigene Rechtspersönlichkeit besitze.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, der Verkauf sei seinerzeit mit den Vertretern der Muttergesellschaft ausgehandelt worden und auf Weisung dieser an die einzelnen Tochtergesellschaften erfolgt. Es habe sich um einen einzelnen Verkaufsentschluss und eine einzige Verkaufsverhandlung gehandelt. Er – der Kläger – habe die Beteiligung an den D.-Gesellschaften zum Zwecke seiner Altersvorsorge übernommen. Da sich im Jahr 2006 die Gefahr einer Immobilien- und Finanzkrise abgezeichnet habe, hätten sich die Beteiligten im August 2006 entschlossen, das Angebot des Investors B. AG anzunehmen und die Immobilien außerplanmäßig zu verkaufen. Vor diesem Zeitpunkt sei zu keiner Zeit an einen Verkauf gedacht worden, wofür auch der Abschluss langfristiger Mietverträge und Finanzierungen spreche. Die Veräußerung an die Tochtergesellschaften sei auf Wunsch der B. AG erfolgt. Sie müsse daher so behandelt werden, als ob der Verkauf unmittelbar an die B. AG vorgenommen worden wäre. Hierfür spreche auch die Übernahme von Bürgs...

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