rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

DBA-Dreieckssachverhalt Österreich-Frankreich-Deutschland bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Fortsetzungsfeststellungsklage bei Abschluss des Lohnsteuerkontos

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Kann ein abgeschlossenes Lohnsteuerkonto nicht mehr gändert werden, da die Lohnsteuerbescheinigung übermittelt wurde, verwandelt sich die unzulässig gewordene Verpflichtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage.

2. Hat ein Steuerpflichtiger einen Wohnsitz in Österreich und einen Zweitwohnsitz in Frankreich und pendelt er täglich von Frankreich in das Inland, wo er einen nichtselbstständige Arbeit ausübt, steht das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich nicht dem Quellenstaat Deutschlad, sondern Frankreich zu.

3. Die Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich ist nicht durch das DBA-Österreich gesperrt.

 

Normenkette

EStG § 39d Abs. 3 S. 4, § 39b Abs. 6, § 41b Abs. 1, § 41c Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 4, § 1 Abs. 4; DBA FRA Art. 13 Abs. 1, 5, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Nr. 4; DBA-Österreich Art. 15 Abs. 1; GG Art. 59 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.11.2014; Aktenzeichen I R 19/13)

BFH (Beschluss vom 04.11.2014; Aktenzeichen I R 19/13)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Ablehnung des Beklagten vom 28. Mai 2010, dem Kläger eine Bescheinigung über die Freistellung vom Lohnsteuerabzug gemäß § 39 d Abs. 3 Satz 4 EStG in Verbindung mit § 39 b Abs. 6 EStG zu erteilen, und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2011 rechtswidrig waren.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigen zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 Euro kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit vom Lohnsteuerabzug freizustellen sind.

Der Kläger erzielte im Inland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem Arbeitsverhältnis mit der B GmbH. Sein Familienwohnsitz (Hauptwohnsitz) befindet sich in X/Österreich. Der Kläger unterhält ferner einen Zweitwohnsitz in „Y/Frankreich”, zu der er in der Regel nach der Arbeit im Inland zurückkehrt.

Am 12. März 2010 reichte er bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA) einen Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 39 Abs. 6 EStG als Grenzgänger nach Frankreich ein.

Das FA lehnte mit Bescheid vom 28. Mai 2010 den Antrag, die inländischen Einkünfte vom Lohnsteuerabzug freizustellen, ab, da das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Staat anzuwenden sei, indem sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen befinde. Dies sei, weil sich der Familienwohnsitz des Klägers in Österreich befinde, das DBA Deutschland-Österreich. Danach stehe nach dem Quellenstaatprinzip Deutschland das Besteuerungsrecht zu.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 9. Juni 2010 beim FA eingegangene Einspruch vom 7. Juni 2010. Mit dem Einspruch begehrte der Kläger das DBA Deutschland-Frankreich vorrangig anzuwenden, da er wegen seiner doppelten Ansässigkeit sowohl in Bezug auf das DBA Deutschland-Österreich als auch in Bezug auf das DBA Deutschland-Frankreich abkommensberechtigt sei und damit befugt sei, das DBA Deutschland-Frankreich in Anspruch zu nehmen. Wegen der im Streitfall vorliegenden Dreieckskonstellation und der Abkommensberechtigung sowohl in Bezug auf das DBA Deutschland-Frankreich als auch das DBA Deutschland-Österreich könne der Kläger das für ihn günstigere Abkommen wählen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2011 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies es darauf hin, dass abkommensberechtigt auf das DBA Deutschland-Frankreich, das DBA Deutschland-Österreich und das DBA Österreich-Frankreich jeweils die in einem oder in beiden Vertragsstaaten ansässigen Personen seien. Die relevante Ansässigkeit bestimme sich bei Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten durch Fiktion. So gelte in allen genannten DBA bei doppelter Ansässigkeit „die Person als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfüge. Verfüge sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gelte sie in dem Vertragsstaat als ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen).” Diese durch Fiktion definierte Ansässigkeit räume dem Staat, indem sich bei doppelter Ansässigkeit der Mittelpunkt der Lebensinteressen befinde, Priorität ein. In Bezug auf die im Streitfall...

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