Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerrechtliche Würdigung eines notariell erklärten Verzichts auf einen internen Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der gesamte Bereich der betrieblichen Altersversorgung sowie der privaten Rentenversicherung unterliegt nicht dem Abänderungsverfahren nach §§ 225, 226 FamFG.

2. Es liegt kein Zufluss von Einnahmen vor, wenn im Rahmen einer notariellen Scheidungsfolgevereinbarung die zuvor – rechtskräftig – erfolgte interne Teilung einer Pensionsanwartschaft gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG auf vertraglicher Ebene rückgängig gemacht wird.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 3 Nr. 55a; FamFG §§ 225-226; VersAusglG § 10 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.10.2023; Aktenzeichen IX R 15/22)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2012 […] in Gestalt der Einspruchsentscheidung […] wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit um … Euro herabgesetzt werden.

2. Die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerrechtliche Würdigung eines notariell erklärten Verzichts auf einen internen Versorgungsausgleich im Streitjahr 2012.

Die Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts A, Familiengericht, vom … […] geschieden. In diesem Beschluss wurde zudem im Wege der internen Teilung gemäß § 10 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (VersAusglG) zu Lasten des Anrechts des geschiedenen Ehemanns bei der B GmbH zugunsten der Klägerin ein Anrecht in Höhe von … Euro monatlich nach Maßgabe der Pensionszusage der B GmbH, bezogen auf den …, übertragen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen […]. Dieser Beschluss seit dem … rechtskräftig.

Mit notariellem Vertrag vom … schlossen die geschiedenen Eheleute sodann eine Scheidungsfolgenvereinbarung […]. Danach verpflichtete sich der geschiedene Ehemann jeweils seinen hälftigen Miteigentumsanteil an den Grundstücken Objekt 1, C, und Objekt 2, D […], auf die Klägerin zu übertragen. Diese verpflichtete sich im Gegenzug zur Zahlung von … Euro und der Übernahme der auf den Grundstücken lastenden Darlehnsverbindlichkeiten in Höhe von … Euro. Zudem ist in § 7 des notariellen Vertrages geregelt:

„Als weitere Gegenleistung verzichtet die Klägerin auf ihre Rechte aus Ziffer 2, 4. Spiegelstrich, des Scheidungsbeschlusses des Amtsgerichtes A, […] vom …. Danach sollte im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der B GmbH und zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von … EUR monatlich nach Maßgabe der Pensionszusage der B GmbH bezogen auf den … übertragen werden.

Insoweit schließen die Parteien die Durchführung des Versorgungsausgleiches aus; damit wird das Anrecht des Herrn E bei der B GmbH nicht geteilt, sondern verbleibt beim Ehemann in voller Höhe.

Herr E erklärt im Namen der B GmbH das Einverständnis mit dieser Regelung. Die B GmbH stimmt diesem Verzicht auf die Teilung des Anrechts des Ehemannes ausdrücklich zu und nimmt die Vereinbarung der Parteien hiermit ausdrücklich zur Kenntnis.

Im Übrigen bleibt es bei der Entscheidung des Familiengerichts A vom … zum Versorgungsausgleich.”

Beide Vertragspartner verzichteten darüber hinaus auf etwaige Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Beendigung der Ehe. Die Klägerin verzichtete auf etwaige ihr zustehende Ansprüche auf Zugewinnausgleich und verpflichtete sich das diesbezüglich anhängige Klageverfahren für erledigt zu erklären. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, insbesondere die Regelungen zur Hausratsauseinandersetzung, Kindesunterhalt, Nutzungsentschädigung und Erledigungsklausel wird auf den notariellen Vertrag vom … Bezug genommen.

Im Einkommensteuerbescheid für 2012 […], in dem Einkommensteuer in Höhe von … Euro festgesetzt wurde, berücksichtigte der Beklagte den Verzicht auf das Anrecht aus dem internen Versorgungsausgleich in Höhe des Barwerts von … Euro als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Der Betrag sei im Jahr 2012 zugeflossen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch […]. Es liege ein Wertungswiderspruch vor, wenn die Finanzbehörden die Auffassung vertreten, dass bei einem Verzicht auf die Durchführung/Ausschluss des Versorgungsausgleichs Einkommensteuer anfallen solle. Dies stehe nicht im Einklang mit § 3 Nr. 55a des Einkom...

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