Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenmittel, Verjährung von Zollforderungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2, 6 und 9 bis 11 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchführung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften bzw. aus denselben Artikeln der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften verstoßen, dass sie Zollforderungen trotz Erhalt einer Amtshilfemitteilung hat verjähren lassen, die hierfür geschuldeten Eigenmittel zu spät abgeführt hat und sich geweigert hat, die angefallenen Verzugszinsen zu entrichten.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten.

 

Normenkette

EWGV 1552/89 Art. 2, 6, 9-11

 

Beteiligte

Kommission / Deutschland

Europäische Kommission

Bundesrepublik Deutschland

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Assoziierungsabkommen EWG‐Ungarn ‐ Nachträgliche Prüfung ‐ Nichterfüllung der Ursprungsregeln ‐ Entscheidung der Behörden des Ausfuhrstaats ‐ Gerichtlicher Rechtsbehelf ‐ Kontrollmission der Kommission ‐ Zölle ‐ Nacherhebung ‐ Eigenmittel ‐ Zurverfügungstellung ‐ Säumniszinsen“

In der Rechtssache C-442/08

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 6. Oktober 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch A. Caeiros und B. Conte als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und B. Klein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. März 2010

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2, 6 und 9 bis 11 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchführung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. L 155, S. 1) bzw. aus denselben Artikeln der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. L 130, S. 1) verstoßen hat, dass sie Zollforderungen trotz Erhalt einer Amtshilfemitteilung hat verjähren lassen, die hierfür geschuldeten Eigenmittel zu spät abgeführt hat und sich geweigert hat, die angefallenen Verzugszinsen zu entrichten.

Rechtlicher Rahmen

Assoziierungsabkommen EWG‐Ungarn

Rz. 2

Das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Ungarn andererseits, unterzeichnet in Brüssel am 16. Dezember 1991, wurde durch den Beschluss 93/742/Euratom, EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Assoziierungsabkommen EWG‐Ungarn) im Namen der Europäischen Gemeinschaften geschlossen. Das Protokoll Nr. 4 zu diesem Abkommen in der durch den Beschluss Nr. 3/96 des Assoziationsrates, Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Ungarn andererseits vom 28. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 92, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Protokoll Nr. 4) enthält in seinem Art. 16 („Allgemeines“) folgende Bestimmungen:

„(1) Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft erhalten bei der Einfuhr nach Ungarn und Ursprungserzeugnisse Ungarns erhalten bei der Einfuhr in die Gemeinschaft die Begünstigungen des Abkommens, sofern

a) eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 nach dem Muster in Anhang III vorgelegt wird; oder

…“

Rz. 3

Art. 17 Abs. 1 und 5 („Verfahren für die Ausstellung von Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1“) des Protokolls Nr. 4 bestimmt:

„(1) Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 wird von den Zollbehörden des Ausfuhrlandes auf schriftlichen Antrag erteilt, der vom Ausführer oder unter der Verantwortung des Ausführers von seinem bevollmächtigten Vertreter gestellt worden ist.

(5) Die Zollbehörden, die die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ausstellen, treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Ursprungseigenschaft der Erzeugnisse und die Erfüllung der übrigen Voraussetzungen dieses Protokolls zu überprüfen. Zu diesem Zweck sind sie berechtigt, alle Beweismittel zu verlangen und jede Art von Überprüfung der Buchführung des Ausführers oder sonstige von ihnen für zweckdienlich erachtete Kontrollen vorzunehmen. Die Zollbehörden, die die Warenv...

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