BMF, 11.4.2022, IV C 7 - S 2236/21/10001 :002

Bezug: Besprechung mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder vom 5. bis 8. April 2022 (TOP 12 ESt II/22)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die ertragsteuerrechtliche Behandlung von Biogasanlagen und der Energieerzeugung aus Biogas das Folgende:

 

A. Einkommensteuer

 

I. Biogasanlagen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebs

 

1. Biogaserzeugung als Teil des Hauptbetriebs

1

Die Erzeugung von Biogas ist Teil der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion, wenn die Biomasse überwiegend im eigenen Betrieb erzeugt wird und das Biogas oder die daraus erzeugte Energie (Strom, Wärme) überwiegend im eigenen Betrieb verwendet wird.

2

Der Absatz von Strom und Wärme führt unabhängig vom Umfang der verarbeiteten und selbst erzeugten Biomasse nach R 15.5 Absatz 12 Satz 2 EStR 2012 zu Einkünften aus einem neben dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bestehenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Absatz 1 i. V. m. Absatz 2 EStG (vgl. R 15.5 Absatz 1 Satz 4 EStR 2012). Die Überführung von Biomasse aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in den Gewerbebetrieb ist nach den Grundsätzen des § 6 Absatz 5 Satz 1 EStG vorzunehmen.

 

2. Beteiligung einer land- und forstwirtschaftlich tätigen Person an einer Mitunternehmerschaft, die eine Biogasanlage betreibt

3

Ist eine land- und forstwirtschaftlich tätige Person an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, die aus Biogas Energie erzeugt, und diese land- und forstwirtschaftlich tätige Person verkauft Biomasse ihres eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an die Mitunternehmerschaft, sind die daraus resultierenden Einnahmen nicht als Sonderbetriebseinnahmen der beteiligten land- und forstwirtschaftlich tätigen Personen bei der Mitunternehmerschaft, sondern als Einnahmen im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen (Einzel-)Betriebs zu erfassen. Die Betriebseinnahmen gehören dort zu den land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen und sind bei der Beurteilung nach R 15.5 Absatz 11 EStR 2012 entsprechend zu berücksichtigen. Gleiches gilt, soweit die Biomasse von einer land- und forstwirtschaftlich tätigen Mitunternehmerschaft erzeugt wird, die an einer Biogasanlagen-Mitunternehmerschaft beteiligt ist.

4

Der land- und forstwirtschaftliche (Einzel-)Betrieb des Mitunternehmers bleibt auch dann bestehen, wenn die Ernte überwiegend oder gar ausschließlich als Biomasse für die Energieerzeugung in der Mitunternehmerschaft dient. Es liegt keine Überführung des land- und forstwirtschaftlichen (Einzel-)Betriebs in das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft vor. Bei unentgeltlicher Abgabe der Biomasse an die Biogasanlagen-Mitunternehmerschaft sind die Grundsätze des § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 1 EStG zu beachten.

5

Wird zwischen der land- und forstwirtschaftlich tätigen Person und der Biogasanlagen-Mitunternehmerschaft auch der Transport von Biomasse durch die land- und forstwirtschaftlich tätige Person vereinbart, liegt ein einheitlich zu beurteilender Verkauf von eigenen Erzeugnissen vor. Der Transport stellt insoweit eine Nebenleistung zum Verkauf der Biomasse („Lieferung vor Ort”) dar. Soweit die an der Biogasanlagen-Mitunternehmerschaft beteiligte land- und forstwirtschaftlich tätige Person Transportdienstleistungen für die Mitunternehmerschaft aufgrund eines gesonderten schuldrechtlichen Vertrags erbringt, handelt es sich im Rahmen der Mitunternehmerschaft um Sondervergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG. Die Sondervergütungen sind deshalb beim land- und forstwirtschaftlichen (Einzel-)Betrieb keine Einnahmen aus einer dem Grunde nach gewerblichen Tätigkeit im Sinne der R 15.5 Absatz 9 bis 11 EStR 2012. Entsprechendes gilt für die Aufwendungen, die für den Transport entstehen. Die mit dem Transport im Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter sind Betriebsvermögen des Betriebs, in dem sie überwiegend verwendet werden. Sofern ein solches Wirtschaftsgut (z. B. Güllefassanhänger) dem land- und forstwirtschaftlichen (Einzel)Betrieb zuzuordnen ist, ist für die Verwendung dieses Wirtschaftsguts im Rahmen der Biogasanlagen-Mitunternehmerschaft eine Entnahme zu erfassen.

 

II. Biogasanlagen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs

 

1. Be-/Verarbeitung der Biomasse im Nebenbetrieb

6

Die Erzeugung von Biogas erfolgt im Rahmen eines Nebenbetriebs, wenn die Biomasse überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugt wird und das Biogas überwiegend zum Verkauf bestimmt ist (vgl. R 15.5 Absatz 3 Satz 1 bis 3 i. V. m. Satz 4 Nummer 1 EStR 2012). Die Verwertung der pflanzlichen oder tierischen Rohstoffe als Biomasse bis hin zur Reinigung des Biogases stellt in diesen Fällen die erste Stufe der Be- oder Verarbeitung im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft dar. Gleiches gilt in den Fällen, in denen eine land- und forstwirtschaftlich tätige Person Umsätze aus der Übernahme der Biomasse erzielt und da...

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