Rz. 38
Im Regelfall stellen bei einer AG Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss fest. Im Rahmen einer solchen Feststellung dürfen Vorstand und Aufsichtsrat nach den gesetzlichen Regelungen einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in die anderen Gewinnrücklagen einstellen.[1] Vorstand und Aufsichtsrat können allerdings aufgrund einer Satzungsbestimmung dazu ermächtigt werden, einen größeren oder lediglich einen kleineren Teil als die Hälfte des Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen einzustellen.[2] Der Umfang einer solchen Ermächtigung von Vorstand und Aufsichtsrat zu einer von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Dotierung der anderen Gewinnrücklagen muss in der Satzung eindeutig geregelt sein.[3] Eine Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat zu einer Rücklagendotierung durch die Satzung ist hingegen ausgeschlossen.[4] Damit steht im Falle einer Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat die Entscheidung über die konkrete Höhe der Rücklagendotierung unter Berücksichtigung der gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Bestimmungen allein im pflichtgemäßen Ermessen dieser beiden Organe.[5] Vorstand und Aufsichtsrat haben bei ihrer Festlegung aber zu beachten, dass gemäß § 58 Abs. 2 Satz 4 AktG für die Berechnung des verwendungsfähigen Jahresüberschusses die Regelungen des § 58 Abs. 1 Satz 3 AktG (vgl. dazu Rz. 41) sinngemäß anzuwenden sind.
Rz. 39
§ 58 Abs. 2 Satz 3 AktG enthält zudem bzgl. der Rücklagendotierung eine Höchstgrenze. Danach dürfen Vorstand und Aufsichtsrat aufgrund einer Satzungsbestimmung keine Beträge in die anderen Gewinnrücklagen einstellen, wenn die anderen Gewinnrücklagen bereits die Hälfte des Grundkapitals übersteigen oder soweit sie nach der Einstellung der Beträge die Hälfte des Grundkapitals übersteigen würden. Durch diese Regelung soll der einzelne Aktionär vor einer übermäßigen Beschränkung seines Gewinnbezugsrechts aufgrund einer Satzungsbestimmung geschützt werden.[6] Die Berechnung der in § 58 Abs. 2 Satz 3 AktG festgelegten Höchstgrenze hat auf Grundlage der in der Bilanz ausgewiesenen anderen Gewinnrücklagen[7] zu erfolgen.[8] Von dieser Höchstgrenze unberührt bleibt die generelle Befugnis von Vorstand und Aufsichtsrat, gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 AktG Beträge bis zur Hälfte des Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen einstellen zu können.[9] Schließlich können Vorstand und Aufsichtsrat gemäß § 58 Abs. 2a Satz 1 AktG den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens in die anderen Gewinnrücklagen einstellen. Der Betrag dieser Rücklagen ist in der Bilanz gesondert auszuweisen; alternativ kann auch eine Angabe im Anhang erfolgen.[10] Diese Einstellungsmöglichkeit in die anderen Gewinnrücklagen besteht unbeschadet der Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und Abs. 2 AktG.[11] Im Vergleich dazu besteht nach h. M. im HGB gegenwärtig kein Anwendungsbereich für die in § 272 Abs. 5 HGB vorgesehene Ausschüttungssperre im Wege der Bildung einer (Pflicht-)Rücklage für unrealisierte Beteiligungserträge.[12]
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