23.1.1 Rechtslage bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020

Schulden und Lasten, die mit dem nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG und § 13 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG befreiten bzw. teilweise befreiten Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, können gar nicht oder nur anteilig abgezogen werden. Hier eröffnet die Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 2 ErbStG die Möglichkeit, auf die Steuerbefreiungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG und des § 13 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zu verzichten. Dies führt dann zur vollen Abzugsfähigkeit der Schulden und Lasten.

Sinnvoll ist dies immer dann, wenn der steuerbefreite Gegenstand überschuldet ist. Auch wenn die Schulden den steuerlichen Wert (Grundstückswert) übersteigen, kann es interessant sein, auf die Steuerbefreiung zu verzichten.

 
Wichtig

Gegenstandsbezogener Verzicht

Werden im Rahmen eines einheitlichen Erwerbs mehrere befreite Gegenstände erworben und besteht nur bei einem oder einigen ein Schuldenüberhang, kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung auch gegenstandsbezogen erklärt werden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Verzicht auf die Steuerbefreiung

Mutter M verstirbt am 1.10.2019 und hinterlässt als ihren Erben den Sohn S. Im Nachlass befindet sich ein begünstigter Gegenstand (Steuerwert 90.000 EUR), welcher voll nach § 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG steuerbefreit ist. Des Weiteren gehen auf den Erben S auch mit dem begünstigten Vermögen wirtschaftlich zusammenhängende Schulden i. H. v. 120.000 EUR über.

Lösung

Verzichtet S nicht auf die Steuerbefreiung, so bleibt der Gegenstand von der Besteuerung ausgenommen, aber auch die Schulden wirken sich nicht in voller Höhe aus.[2]

Anders sieht es dagegen aus, wenn S auf die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 3 Satz 2 ErbStG verzichtet. Der Grundbesitz wird jetzt bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs in Höhe des Steuerwerts von 90.000 EUR angesetzt. Demgegenüber sind aber nun auch die Schulden i. H. v. 120.000 EUR voll abzugsfähig. Dies führt dazu, dass der Schuldenüberhang i. H. v. 30.000 EUR (Steuerwert Gegenstand 90.000 EUR ./. Schulden 120.000 EUR) sich ebenfalls mindernd auf den steuerpflichtigen Erwerb auswirkt.

Auf die Steuerbefreiung kann noch bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung verzichtet werden.

[1] Vgl. auch R E 13.11 ErbStR 2019.

23.1.2 Rechtslage ab dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020

In diesem Fall müssen die Änderungen des Jahressteuergesetzes beachtet werden, die für Erwerbe anzuwenden sind, für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nach dem 28.12.2020 entsteht.[1]

Weitere Einzelheiten können den Textziffern 3.7.2; 7.3.2; 8.5.2 dieses Beitrags entnommen werden.

[1] Gleichlautende Ländererlasse v. 13.9.2021, S 3700, BStBl. 2021 I S. 1837.

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