Gleichlautende Ländererlasse vom 13.9.2021

Die mit dem Jahressteuergesetz 2020 (BGBl 2020 I S. 3096) geänderten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sind auf Erwerbe anzuwenden, für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nach dem 28. Dezember 2020 entsteht. Infolge der Änderungen in den §§ 5, 10, 13a, 13b, 14, 30, 31 und 35 ErbStG ergehen nachstehende Regelungen:

 

1. Zu § 5 Absatz 1 ErbStG

Nach § 5 Absatz 1 ErbStG gilt im Fall des Todes eines Ehegatten oder Lebenspartners der Betrag nicht als Erwerb von Todes wegen, den der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner als Zugewinnausgleich nach § 1371 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hätte geltend machen können (fiktive Ausgleichsforderung), wenn er nicht Erbe geworden wäre und ihm auch kein Vermächtnis zustünde.

Der fiktive Zugewinn und die daraus zu errechnende fiktive Ausgleichsforderung werden nach den bürgerlich-rechtlich maßgebenden Verkehrswerten des Anfangs- und des Endvermögens des Erblassers und des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners ermittelt, und zwar unabhängig davon, ob für das maßgebende Endvermögen, zu dem auch das im Nachlass vorhandene Vermögen gehört, Steuerbefreiungen gewährt werden.

Neu geregelt wurde:

Da die erbschaftsteuerrechtlich maßgebende Bemessungsgrundlage des erworbenen Nachlassvermögens wegen Steuerbefreiungen in erheblichem Umfang gemindert sein kann, wird durch den neuen Satz 6 in § 5 Absatz 1 ErbStG auch die fiktive Ausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners gemindert. Die Minderung wird nach der folgenden Formel berechnet:

Dabei sind:

Bstfr = Betrag, der nicht als Erwerb im Sinne des § 3 ErbStG gilt,
AFfik = fiktive Ausgleichsforderung,
EV = Endvermögen des Erblassers,
EVstfr = der von der Steuer befreite Teil des Endvermögens des Erblassers.

Hierfür wird der um den Wert des steuerbefreiten Vermögens geminderte Steuerwert des Endvermögens des Erblassers ins Verhältnis zum ungeminderten Steuerwert des Endvermögens gesetzt und mit der sich nach § 1371 Absatz 2 BGB ergebenden fiktiven Ausgleichsforderung multipliziert. Zu berücksichtigen sind dabei ausschließlich die auf den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfallenden Steuerbefreiungen. Soweit daneben von anderen Erwerbern Steuerbefreiungen in Anspruch genommen werden, bleiben diese bei der Berechnung nach § 5 Absatz 1 Satz 6 ErbStG unberücksichtigt. Die Begrenzung der fiktiven Ausgleichsforderung nach § 5 Absatz 1 Satz 5 ErbStG ist bei der Berechnung nach § 5 Absatz 1 Satz 6 ErbStG zu berücksichtigen.

Wird dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner die auf begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 ErbStG entfallende Steuer nach § 28a Absatz 1 ErbStG erlassen, so wird die Ausgleichsforderung nicht nach § 5 Absatz 1 Satz 6 ErbStG gemindert.

Beispiel 1:

Die Eheleute lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Ehemann (Erblasser) starb am 10. Januar 2021, seine Ehefrau ist Alleinerbin. Der Nachlass besteht aus Kapitalvermögen mit einem Wert von 900 000 EUR sowie dem gemeinsam mit der Ehefrau bewohnten Einfamilienhaus (Steuerwert = Verkehrswert 600 000 EUR). Der Grundbesitz befand sich im Alleineigentum des Erblassers. Ein im Zusammenhang mit der Anschaffung des Grundstücks aufgenommener Kredit valutierte am Tag des Todes des Erblassers noch mit 200 000 EUR. Aufgrund des Todes des Erblassers erhält die Ehefrau eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Kapitalwert 300 000 EUR).

Die Ehefrau erzielte während der Ehe einen Zugewinn von 200 000 EUR. Der Zugewinn des Erblassers beträgt 1 200 000 EUR.

Lösung:

Für den Erwerb durch die Ehefrau ergibt sich nach Steuerwerten folgender Vermögensanfall:
Kapitalvermögen   900 000 EUR
Grundstück   + 600 000 EUR
     
Steuerbefreiung für das Einfamilienhaus
 
(Familienheim nach § 13 Absatz 1 Nummer 4b ErbStG)   ./. 600 000 EUR
Vermögensanfall vor Schuldenabzug   900 000 EUR
     
Kürzung des Schuldenabzugs (Schulden nach § 10 Absatz 6 Satz 1 ErbStG nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreiten Gegenständen stehen):
 
Schuld im Zusammenhang mit dem Familienheim 200 000 EUR  
 
Davon abziehbar:
 
(Schuld × Wert des Gegenstands nach Abzug der Steuerbefreiung: Wert des Gegenstands vor Abzug der Steuerbefreiung)
 
200 000 EUR × 0 EUR : 600 000 EUR =   ./. 0 EUR
     
Bereicherung der Ehefrau:    
     
Vermögensanfall nach Schuldenabzug   900 000 EUR
     
Pauschbetrag für Erbfallkosten    
(§ 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 2 ErbStG)   ./. 10 300 EUR
Bereicherung der Ehefrau   889 700 EUR
     
Ermittlung der fiktiven Ausgleichsforderung (§ 5 Absatz 1 Satz 1 ErbStG):
     
Zugewinn des Erblassers 1 200 000 EUR  
Zugewinn der Ehefrau ./. 200 000 EUR  
Positiver Unterschiedsbetrag 1 000 000 EUR  
 
Fiktive Ausgleichsforderung der Ehefrau:
 
1/2 × 1 000 000 EUR = 500 000 EUR  
Neue Regelung – Minderung der fiktiven Ausgleichsforderung (§ 5 Absatz 1 Satz 6 ErbStG):
 
Die fiktive Ausgleichsforderung ist unter Berücksichtigung de...

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