Haben die Ehegatten den Güterstand der Gütergemeinschaft gewählt und verstirbt ein Ehegatte, so fällt sein Anteil am Gesamtgut in den Nachlass. Dies hat zur Folge, dass die Erben ihren Erwerb des anteiligen Gesamtguts nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (durch Erbanfall) zu versteuern haben.

 
Praxis-Beispiel

Besteuerung des anteiligen Gesamtguts

Ehemann EM und Ehefrau EF haben bei der Eheschließung die Gütergemeinschaft vereinbart. Der Ehegatte EM verstirbt am 1.10.2023. Die Ehegatten EM und EF haben eine gemeinsame 10-jährige Tochter T. Es ist nur Gesamtgut vorhanden, dieses hat im Todeszeitpunkt von EM einen gemeinen Wert i. H. von 10.800.000 EUR. Ein Testament wurde von den Ehegatten nicht errichtet.

Lösung:

Dem verstorbenen EM ist ein Anteil von ½ am Gesamtgut, d. h. i. H. von 5.400.000 EUR zuzurechnen, dieser fällt in den Nachlass. Der andere Anteil gehört der Ehefrau EF.

Ehefrau EF erbt hier nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB ¼ des in den Nachlass fallenden Anteils des verstorbenen EM, d. h. 1.350.000 EUR, und die Tochter T ¾ des in den Nachlass fallenden Anteils des EM, d. h. 4.050.000 EUR.

Die überlebende Ehefrau EF und Tochter T unterliegen jeweils mit ihrem Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (durch Erbanfall) der Erbschaftsteuer.

Die Erbschaftsteuer berechnet sich für die Erben EF und T wie folgt:

a) Überlebende Ehefrau EF

 
Vermögensanfall (gemeiner Wert) 1.350.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR[1]
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 588.800 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 88.320 EUR

b) Tochter T

 
Vermögensanfall (gemeiner Wert) 4.050.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 2 ErbStG) ./. 41.000 EUR[2]
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 3.603.800 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 684.722 EUR

Vorhandensein von unternehmerischen Vermögens

Geht auch begünstigungsfähiges Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG über, dann kommen - sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind – die entsprechende Verschonungsmaßnahmen zur Anwendung.

Hatte der Erblasser sein begünstigtes Vermögen ebenfalls durch Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung erworben, hat dies keine nachteilige Konsequenzen. Die Verschonungsmaßnahmen bleiben dem Erblasser erhalten, sie fallen nicht rückwirkend weg.[3]

Vorhandenssein von Vorbehaltsgut und Sondergut

Gehörte dem verstorbenen Ehegatten auch noch Vorbehaltsgut oder Sondergut, so fällt dieses ebenfalls in den Nachlass und unterliegt daher genauso wie der Anteil am Gesamtgut der Erbschaftsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

 
Praxis-Beispiel

Erwerb von Gesamtgut und Vorbehaltsgut

Ehemann EM und Ehefrau EF haben bei der Eheschließung die Gütergemeinschaft vereinbart. Die Ehefrau EF verstirbt am 1.11.2023. Die Ehegatten EM und EF haben einen gemeinsamen 12-jährigen Sohn S. Im Todeszeitpunkt von EF ist Gesamtgut mit einem gemeinen Wert in Höhe von 6.400.000 EUR vorhanden. Daneben ist noch Vorbehaltsgut der EF vorhanden, welches einen gemeinen Wert von 650.000 EUR repräsentiert.

Lösung:

Der verstorbenen EF ist ein Anteil von ½ am Gesamtgut, d. h. in Höhe von 3.200.000 EUR, zuzurechnen, dieser fällt in den Nachlass. Der andere Anteil gehört dem Ehemann EM. In den Nachlass fällt auch das Vorbehaltsgut in Höhe von 650.000 EUR, so dass der gemeine Wert des Nachlasses der EF insgesamt 3.850.000 EUR beträgt.

Ehemann EM erbt hier nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB ¼ des Nachlasses, d. h. 962.500 EUR, und der Sohn S ¾ des Nachlasses, d. h. 2.887.500 EUR.

Der überlebende Ehegatte EM und Sohn S unterliegen jeweils mit ihrem Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (durch Erbanfall) der Erbschaftsteuer.

Die Erbschaftsteuer berechnet sich für die Erben EM und S wie folgt:

a) überlebender Ehemann EM

 
Vermögensanfall (gemeiner Wert) 962.500 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR[4]
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 201.300 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 11 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 22.143 EUR

b) Sohn S

 
Vermögensanfall (gemeiner Wert) 2.887.500 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 2 ErbStG) ./. 30.700 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 2.451.600 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 465.804 EUR
[1] Es soll hier unterstellt werden, dass der EF keine, nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zustehen.
[2] Wie auch bei EF soll hier unterstellt werden, dass der T ke...

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