Hinterlässt der verstorbene Ehegatte auch noch Vorbehaltsgut und Sondergut, kommen hier wieder die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung.

 
Praxis-Beispiel

Vorhandensein von Gesamtgut und Vorbehaltsgut

Die Ehegatten EM und EF leben seit ihrer Eheschließung im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie haben einen gemeinsamen Sohn S. Die Ehefrau EF verstirbt am 15.1.20239. Das Gesamtgut der Ehegatten hat einen gemeinen Wert in Höhe von 3.200.000 EUR. Des Weiteren ist Vorbehaltsgut mit einem gemeinen Wert in Höhe von 800.000 EUR vorhanden. Die Ehegatten hatten zudem die fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart.

Lösung:

Aufgrund der von den Ehegatten getroffenen Vereinbarung wird die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, welche bei gesetzlicher Erbfolge Erben wären. Dies ist im vorliegenden Beispiel Sohn S. Zivilrechtlich fällt der Anteil am Gesamtgut von Ehefrau EF nicht in deren Nachlass. Erbschaftsteuerlich hat der anteilsberechtigte Abkömmling S seinen Erwerb jedoch nach § 4 Abs. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Der Anteil der verstorbenen Ehefrau EF beläuft sich auf 1.600.000 EUR (½ von 3.200.000 EUR). Diesen hat S demnach zu versteuern.

Da die verstorbene EF aber auch noch Vorbehaltsgut hinterlassen hat, ergibt sich die folgende weitere Besteuerung:

Ehemann EM erbt nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB ¼ des Vorbehaltsguts, d. h. 1.200.000 EUR (¼ von 4.800.000 EUR), und der Sohn S ¾ des Vorbehaltsguts, d. h. 3.600.000 EUR (¾ von 4.800.000 EUR).

Es ergibt sich die folgende Berechnung der Erbschaftsteuer:

a) Überlebender Ehemann EM

 
Vermögensanfall (Steuerwert) 1.200.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR[1]
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 438.800 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 65.820 EUR

b) Sohn S

Der Vermögensanfall bei Sohn S beträgt 5.200.000 EUR (anteiliges Vorbehaltsgut 3.600.000 EUR + Anteil am Gesamtgut 1.600.000 EUR).

 
Vermögensanfall 5.200.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 4.794.800 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 911.012 EUR
[1] Es soll hier unterstellt werden, dass dem EM keine, nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zustehen (vgl. auch § 17 ErbStG und R E 17 ErbStR 2019, da es ansonsten zu einer Kürzung des Versorgungsfreibetrags kommt).

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