Leitsatz

Der Erbbauzins für ein Erbbaurecht an einem privaten Grundstück gehört zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der bewertungsrechtliche Ansatz des Erbbauzinsanspruchs als sonstiges Vermögen (vgl. Beschluss des BVerfG vom 17.7.1995, 1 BvR 892/89, BStBl II 1995, 810) steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 92 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte ein Grundstück geerbt, welches auf 99 Jahre mit einem Erbbaurecht belastet worden war. Ihr Anspruch auf Erbbauzinsen wurde vermögensteuerrechtlich und erbschaftsteuerrechtlich als Vermögen erfasst. In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr erklärte sie Erbbauzinsen, legte aber gegen den erklärungsgemäß ergangenen ESt-Bescheid Einspruch mit der Begründung ein, die Erfassung der Erbbauzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei durch den Beschluss des BVerfG in (BStBl II 1995, 810) überholt.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Auch nach Auffassung des BFH sind die strittigen Erbbauzinsen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen. Der bewertungsrechtliche Ansatz des Erbbauzinses mit seinem Kapitalwert als sonstiges Vermögen (§ 92 Abs. 5, § 110 Abs. 1 Nr. 4 BewG) und seine einkommensteuerrechtliche Erfassung bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sei keine systemwidrige doppelte steuerliche Belastung.

Sowohl hinsichtlich des Erbbaurechts wie hinsichtlich der Miet- und Pachtverträge werde bewertungsrechtlich nur die Vermögenssubstanz erfasst; allein die erwirtschafteten Erträge seien einkommensteuerrechtlich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Die Besonderheit des Erbbaurechts bestehe lediglich darin, dass die bewertungsrechtlich zu berücksichtigende Vermögenssubstanz nach § 92 BewG auf zwei verschiedene Wirtschaftsgüter verteilt werde, nämlich auf das Grundstück und das dinglich davon getrennte Recht zur Bebauung. Bei einer Laufzeit von mindestens 50 Jahren verdränge das Erbbaurecht das Eigentum an Grund und Boden wirtschaftlich so weit, dass seine Erfassung und Zurechnung beim Eigentümer nicht mehr gerechtfertigt erscheine, so das BVerfG. Am Ende der Laufzeit des Erbbaurechts stehe dem Grundstückseigentümer das Grundstück wieder ungeschmälert mit seinem vollen Wert zur Verfügung und sei ihm dementsprechend wieder bewertungsrechtlich zuzurechnen. Der während der Laufzeit des Erbbaurechts entrichtete Erbbauzins könne mithin nur – wie eine Miete – als Einnahmen gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beurteilt werden.

 

Hinweis

1. Zu den Einkünften gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören solche aus der Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens aufgrund bürgerlichrechtlicher Miet- und Pachtverträge sowie aufgrund sonstiger zeitlich begrenzter entgeltlicher Überlassung unbeweglichen Vermögens zum Gebrauch oder zur Nutzung (vgl. BFH, Urteil vom 2.3.2004, IX R 43/03, BFH-PR 2004, 242).

Eine solche zeitlich begrenzte Überlassung ist auch die Einräumung des Erbbaurechts an einem Grundstück mit der Folge, dass der Erbbauzins nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist. Denn das Erbbaurecht begründet für den Berechtigten ein vererbliches und veräußerliches, aber mit Ablauf seiner vereinbarten Dauer an den Grundeigentümer zurückfallendes dingliches Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 ErbbauV). Aufgrund der Rückfallklausel stellt sich der Erbbauzins als Entgelt für die Einräumung eines zeitlich begrenzten dinglichen Nutzungsrechts am Grund und Boden dar, weil er wirtschaftlich für die entgeltliche Nutzungsüberlassung des Grundstücks zum Zweck der Bebauung – während der Laufzeit des Erbbaurechts fortdauernd – geleistet wird.

2. Der Beschluss des BVerfG in BStBl II 1995, 810 lässt diese Rechtslage unberührt, weil er lediglich die – bejahte – Verfassungsmäßigkeit der bewertungsrechtlich unterschiedlichen Behandlung von Erbbaurecht einerseits und von langfristigen Miet- und Pachtverhältnissen sowie dinglichen Nießbrauchsrechten andererseits betrifft, nicht aber in Frage stellt, dass der Grundstückseigentümer durch den Erbbauzins eine laufende Rendite aus der befristeten Überlassung des Grundstücks erzielt. Die damit verbundene Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist mithin ebenso wie die durch eine entsprechende mietvertragliche Überlassung als Einnahme gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen, um eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Privilegierung vereinnahmter Erbbauzinsen zu vermeiden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.9.2006, IX R 17/04

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