1 Zivilrechtliche und wirtschaftliche Grundlagen

 

Rz. 1

Das Erbbaurecht ist nach § 1 Abs. 1 ErbbauRG[1] das vererbliche und veräußerbare Recht, auf oder unter der Oberfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Bauwerk in diesem Sinne werden zumeist Gebäude sein, es kommen jedoch auch andere Anlagen wie Keller, Brücken u. ä. in Betracht.

Das Erbbaurecht entsteht durch notariell beurkundeten Vertrag zwischen Grundstückseigentümer (Erbbauverpflichteter) und Erbbauberechtigtem.[2] Die Bestellung des Erbbaurechts ist im Grundbuch (Abteilung II) des belasteten Grundstücks einzutragen. Das auf dem Erbbaurechtsgrundstück errichtete Bauwerk gilt nach § 12 Abs. 1 ErbbauRG als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts, nicht des Grundstücks.[3] Dabei ist unerheblich, ob das Bauwerk bereits auf dem Grundstück vorhanden ist[4] oder nach Bestellung des Erbbaurechts dort errichtet wird.

 

Rz. 2

Üblicherweise endet das Erbbaurecht mit Ablauf der vertraglich bestimmten Zeit. In der Praxis liegen die Zeiten meist zwischen 30 und 100 Jahren, vielfach wird ein Zeitraum von 99 Jahren vereinbart, vgl. auch § 27 ErbbauRG.[5] Mit dem Ende des Erbbaurechts fällt das Bauwerk automatisch in das Eigentum des Grundstückseigentümers zurück.[6] An Stelle des Bauwerks tritt eine Entschädigung, die der Grundstückseigentümer zu leisten hat, die dann auch dinglich anstelle des Erbbaurechts auf dem Grundstück lastet.[7]

Ein weiterer Fall des Erlöschens des Erbbaurechts ist der Heimfall. Dies meint den Anspruch des Grundstückseigentümers auf Rückübertragung des Grundstücks. Die Voraussetzungen des Heimfalls werden bereits bei der Begründung des Erbbaurechts geregelt.[8] Praktische Anwendungsfälle des Heimfalls sind insbesondere die Vernachlässigung des Bauwerks sowie der Verzug mit der Zahlung des Erbbauzinses.[9] Ähnlich wie bei Beendigung des Erbbaurechts muss der Eigentümer dem Erbbauberechtigten eine Vergütung zahlen.

Die letzte Möglichkeit der Beendigung eines Erbbaurechts ist die (vorzeitige) Aufhebung nach § 26 ErbbauRG. Ob in diesem Fall eine Entschädigung für das aufstehende Gebäude gezahlt werden muss, regelt sich im Aufhebungsvertrag.

 

Rz. 3

Die wirtschaftliche Bedeutung des Erbbaurechts liegt darin, dass der Erbbauberechtigte kein Kapital zum Erwerb des Grund und Bodens aufbringen (bzw. finanzieren) muss und dennoch Eigentümer des darauf errichteten Bauwerks sein kann (Förderung des Kleinwohnungsbaus und Bekämpfung der Bodenspekulation).[10] Umgekehrt kann der Erbbauverpflichtete Einnahmen erzielen, ohne das Grundstück zu veräußern.

[1] Verordnung über das Erbbaurecht v. 15.1.1919, zuletzt geändert durch Gesetz v. 1.10.2013 (BGBl I S. 3719); vgl. auch Bassenge, in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, ErbbauRG.
[5] Bassenge, in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 27 ErbbauRG.
[9] Bassenge, in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 2 ErbbauRG Rz. 5.
[10] Bassenge, in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, Einleitung zum Gesetz über das ErbbauRG, Rz. 1.

2 Grundsätzliche handelsbilanzielle Behandlung

 

Rz. 4

Ausdrückliche Vorschriften für die bilanzielle Behandlung des Erbbaurechts existieren nicht, sodass diese aus den allgemeinen handels- und steuerrechtlichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit hergeleitet werden muss. Handelsbilanziell wird das Erbbaurecht als dinglich abgesichertes Nutzungsverhältnis auf Zeit und damit als aktivierungsfähiger Vermögensgegenstand angesehen.[1] Die periodisch zu zahlenden Erbbauzinsen sind nach dem Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte keine aktivierungspflichtigen Anschaffungskosten, sondern laufender Aufwand.[2]

Nach § 249 Abs. 1 HGB sind Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, wenn ein bestehendes Erbbaurecht durch den Erbbauberechtigten nicht genutzt werden kann.[3]

Nach dem Urteil des BFH vom 4.6.1991[4] stellt das Erbbaurecht ein durch die grundbuchliche Absicherung verdinglichtes Miet- bzw. Pachtverhältnis dar. Es ist daher als grundstücksgleiches Recht i. S. v. § 266 Abs. 2 Buchst. A II 1 HGB Vermögensgegenstand i. S. v. § 246 Abs. 1 HGB. Einmalzahlungen des Erbbauberechtigten (Notarkosten, GrESt usw.) stellen die Anschaffungskosten des Erbbaurechts dar.[5]

[1] Schubert/Huber, in Beck'scher Bilanz Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 247 HGB Rz. 457; Franz, Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rz. 1051, Stand 01/2019.
[2] IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 16. Aufl. 2019, Kap. F Rz. 329; BFH, Urteil v. 23.9.2003, IX R 65/02, BStBl II 2005 S. 159.
[3] Bertram, in Haufe HGB Bilanz Kommentar, 10. Aufl. 2019, § 249 HGB Rz. 241.
[5] Schubert/Huber, in Beck'scher Bilanz Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 247 HGB Rz. 457; IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 16. Aufl. 2019, Kap. F Rz. 329.

3 Grundsätzliche steuerbilanzielle Behandlung

 

Rz. 5

Steuerliche Sonderregeln für die steuerbilanzielle Behandlung des E...

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