Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensermittlung bei nachehelichem Unterhalt: Fahrtkosten, Wohnvorteil, Vorsorgeunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Berücksichtigung von Fahrtkosten bei der Bereinigung des Ehegatteneinkommens in einer Doppelverdienerehe

2. Bei der Bemessung des Wohnvorteils einer selbstgenutzten Immobilie sind zur Ermittlung des nachehelichen Unterhalts die Kreditzinsen grundsätzlich abzugsfähig, während die Tilgung, soweit sie einseitige Vermögensbildung darstellt, unberücksichtigt bleibt, es sei denn, sie ist als zusätzliche Altersvorsorge anzuerkennen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963).

3. Bei einer dreistufigen Berechnung von Vorsorgeunterhaltsansprüchen haben zur Ermittlung des vorläufigen Elementarunterhalts diejenigen Einkommensbestandteile des Unterhaltsgläubigers, die keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichstehen, sondern ihrer Art nach selbst schon als Altersvorsorge geeignet sind, wie etwa der Wohnvorteil, als Anknüpfung für eine Altersvorsorge außer Betracht zu bleiben; sie sind deshalb auf der ersten Berechnungsstufe noch nicht bei der Bedarfsermittlung, sondern erst bei der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen und erst in der dritten Berechnungsstufe auch zur Bedarfsermittlung heranzuziehen (vgl. BGH NJW 2000, 284, 288; Senat NZFam 2016, 983 Rn. 117-119 m.w.N.).

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Aktenzeichen 54 F 57/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Beschwerde sowie der Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 6. Februar 2018 zu III. seines Ausspruchs abgeändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller laufenden nachehelichen Unterhalt jeweils monatlich im Voraus zu zahlen, und zwar für die Zeit

ab Rechtskraft der Scheidung bis Dezember 2019 in Höhe von monatlich insgesamt 1 223 EUR, davon 137 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und 1 086 EUR als Elementarunterhalt,

für die Zeit von Januar 2020 bis Dezember 2021 in Höhe von monatlich insgesamt 1 000 EUR, davon 112 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und 888 EUR als Elementarunterhalt,

für die Zeit von Januar 2022 bis Dezember 2023 in Höhe von monatlich insgesamt 800 EUR, davon 89 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und 711 EUR als Elementarunterhalt und

für die Zeit von Januar 2024 bis Dezember 2024 in Höhe von monatlich insgesamt 600 EUR, davon 67 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und 533 EUR als Elementarunterhalt.

Der weitergehende Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 28 % und die Antragsgegnerin 72 % zu tragen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 16.000 EUR

Dieser Beschluss ist für die ab November 2018 fällig werdenden Forderungen sofort wirksam.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin in einer Folgesache nachehelichen Unterhalt.

Der am ...1958 geborene Antragsteller und die am ...1959 geborene Antragsgegnerin schlossen am 27.08.1982 die Ehe, sind Eltern einer am ...1987 geborenen Tochter und trennten sich im November 2010. Nach Aktenlage ging der Antragsgegnerin am 13.04.2015 ein Scheidungsantrag zu (5r).

Die Beteiligten haben erstinstanzlich über ihr unterhaltsrechtlich maßgebliches Einkommen als Bauingenieur und Oberärztin gestritten.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn ab Rechtskraft der Ehescheidung Ehegattenunterhalt in Höhe von 1582,29 EUR, und zwar Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 1253,51 EUR und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 328,78 EUR jeweils monatlich im Voraus zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Unterhaltsantrag zurückzuweisen.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten, die den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hatten, geschieden, und die Antragsgegnerin verpflichtet, an den Antragsteller nach Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt von monatlich zunächst insgesamt 1 228 EUR, davon 240 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und 988 EUR als Elementarunterhalt zu zahlen und sodann abnehmend gestaffelt bis Dezember 2024 begrenzt.

Hiergegen haben beide Beteiligten, beschränkt auf die Folgesache, Beschwerde eingelegt.

Der Antragsteller verfolgt sein erstinstanzliches Leistungsbegehren nahezu uneingeschränkt, die Antragsgegnerin ihr Abweisungsbegehren eingeschränkt weiter.

Der Antragsteller hält den ihm zugerechneten Wohnwert von 840 EUR für übersetzt und Mieteinkünfte auf Seiten der Antragsgegnerin für berücksichtigungspflichtig.

Er beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Neuruppin vom 06.02.2018 - 54 F 57/16 - die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller ab Rechtskraft der Ehescheidung nachehelichen Ehegattenunterhalt von monatlich 1 543 EUR, und zwar Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 1 255 EUR und Altersvorsorgeunterhalt von monatlich 318 EUR zu zahlen

sowie die Zurückweisung de...

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