Leitsatz (amtlich)

1. Der Steuerpflichtige und sein Kind haben Umstände nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG zu vertreten, die zwingend in das Leben des Kindes von außen eingreifen, auf deren Eintritt bzw. Nichteintritt der Steuerpflichtige und sein Kind also keinen Einfluß nehmen können und die nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, den Abschluß der Ausbildung zu verzögern.

2. Eine allgemeine Begünstigung des sog. zweiten Bildungsweges läßt sich nicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG begründen. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls.

2. Der Abzug einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem in § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG aufgeführten Personenkreis ist dann zu versagen, wenn der Abzug der Unterhaltspflicht nur wegen der vom Kind überschrittenen Lebensaltersgrenze begehrt wird.

 

Normenkette

VStG § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 5a; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 74 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger bei der Neuveranlagung zur Vermögensteuer zum 1. Januar 1965 für seinen im Oktober 1939 geborenen Sohn ein Kinderfreibetrag gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG zu gewähren ist.

Der Sohn des Klägers begann 1956 eine Lehre als Konditor, die er Mitte 1959 mit Erfolg abschloß. Da er bald erkannte, daß ihn dieser Beruf nicht befriedigen werde, beschloß er, einen akademischen Beruf zu ergreifen. Ab Oktober 1961 besuchte er das "Münchenkolleg zur Erlangung der Hochschulreife". Im Frühjahr 1964 legte er dort die Reifeprüfung ab. Seit dem Sommersemester 1964 studiert er Germanistik. Die Kosten seines Studiums und seines Unterhalts trägt unstreitig der Kläger. Der Sohn des Klägers besitzt kein eigenes Vermögen.

Zum 1. Januar 1965 setzte das beklagte FA im Wege der Neuveranlagung die Vermögensteuer des Klägers gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 VStG fest. Dabei versagte es die Gewährung des vom Kläger für seinen Sohn beantragten Freibetrages mit der Begründung, die Verzögerung im Abschluß der Berufsausbildung habe der Sohn des Klägers selbst zu vertreten. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit seiner Klage wendete sich der Kläger gegen die Versagung des Kinderfreibetrages für seinen Sohn. Er trug vor, nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG sei entscheidend, ob der Abschluß der Berufsausbildung verzögert worden sei, ob also zwischen Beginn und Abschluß der Ausbildung Zeiträume lägen, die schuldhaft nicht oder nicht ausreichend für die Berufsausbildung genützt worden seien. Es widerspreche Sinn und Zweck dieser Vorschrift, den Begriff "vertreten müssen" so weit auszulegen, daß über das schuldhafte Handeln hinaus jedes für die Verzögerung ursächliche Verhalten des Steuerpflichtigen oder seines Kindes zu einer Versagung des Kinderfreibetrages führe. In analoger Anwendung der §§ 275 ff. BGB bedeute "vertreten müssen" ein verwerfliches, zu mißbilligendes Handeln. Eine zu vertretende Verzögerung der Berufsausbildung liege nicht vor, wenn ein junger Mensch rechtzeitig erkenne, daß er zu einem anderen Beruf "berufen" sei und sich nunmehr zielstrebig der Ausbildung für diesen Beruf zuwende.

Das FG, dessen Urteil in Entscheidungen der FG 1969, 434 veröffentlicht ist, folgt im wesentlichen den Ausführungen des Klägers und gab der Klage statt.

Mit seiner wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt das FA unzutreffende Auslegung der §§ 5 Abs. 1 Nr. 3 und 5a VStG. Nach Auffassung des Beklagten seien Umstände, die weder der Kläger noch seine Kinder zu vertreten hätten, nur dann anzunehmen, wenn diese Umstände einen zwingenden Einfluß auf den Ablauf der Berufsausbildung ausgeübt hätten. Eine allgemeine Begünstigung des sog. zweiten Bildungsweges könne aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden. Der Formulierung "zu vertreten haben" könne nicht entnommen werden, daß sie nur auf Umstände zutreffe, die schuldhaft herbeigeführt worden seien. Die Prüfung der Frage, ob eine Verzögerung im Abschluß der Berufsausbildung vom Kläger oder dessen Sohn zu vertreten sei, müsse notwendig auch den Zeitraum vor dem 1. Januar 1965 erfassen.

Das FA hat beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet.

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG wird für Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, ein Kinderfreibetrag u. a. dann gewährt, wenn die Kinder überwiegend auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten oder für einen Beruf ausgebildet werden und der Abschluß der Berufsausbildung durch Umstände verzögert worden ist, die weder der Steuerpflichtige noch seine Kinder zu vertreten haben.

a) § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG weicht hinsichtlich der Lebensaltersgrenze von der entsprechenden Freibetragsregelung in § 32 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a aa EStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 14 StÄndG 1964 (BGBl I 1964, 885, BStBl I 1964, 553) ab. Nach dieser vom Veranlagungszeitraum 1965 für das Einkommensteuerrecht geltenden Bestimmung ist der Freibetrag wegen Kostenübernahme bis zum vollendeten 27. Lebensjahr zu gewähren. Durch Verwaltungsanweisung in Abschn. 120 Abs. 1 VStR 1966 wurde angeordnet, bis zu einer gesetzlichen Angleichung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG an die Regelung des § 32 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a aa EStG (a. a. O.) die Lebensaltersgrenze für die Gewährung des Freibetrages wegen Kostenübernahme auch für die Vermögensteuer bereits allgemein mit dem 27. Lebensjahr anzunehmen. Diese Anweisung gilt jedoch - abweichend von der Regelung des EStG i. d. F. des StÄndG 1964 (a. a. O.) - erst für Stichtage ab 1. Januar 1966. Diese aus Billigkeitsgründen vom Hauptveranlagungszeitraum 1966 an geltende Verwaltungsanweisung bindet die Steuergerichte nicht. Ihre Anwendung auf den 1. Januar 1965 wäre im Streitfall gegenüber anderen Steuerpflichtigen auch mit dem Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren; denn die Vermögensteuer-Veranlagungen zum 1. Januar 1965 wurden allgemein entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG durchgeführt.

b) Im Streitfall hängt demnach die Frage, ob dem Kläger für seinen Sohn ein Kinderfreibetrag zu gewähren ist, allein davon ab, ob der Abschluß der Berufsausbildung durch Umstände verzögert worden ist, die weder der Kläger noch sein Sohn zu vertreten haben.

Welche Umstände der Kläger oder sein Sohn vertreten müssen, ist durch Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG zu ermitteln. Dabei ist maßgebend der objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Vorschrift hineingestellt ist (BVerfGE 1, 299, 312). Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg nicht beseitigt werden können (BVerfGE 11, 126 [130]).

Als Umstände, die weder der Steuerpflichtige noch seine Kinder zu vertreten haben, führt das Gesetz selbst im § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG beispielhaft die Ableistung des Wehrdienstes oder des zivilen Ersatzdienstes an. Mit dem Begriff Wehrdienst ist, wie der BFH bereits im Urteil VI R 230/67 vom 11. Juli 1969 (BFH 96, 306, BStBl II 1969, 708) entschieden hat, der Wehrpflichtdienst gemeint. Wehrdienst und ziviler Ersatzdienst sind Umstände, die zwingend von außen in den Ausbildungsgang eines jungen Menschen eingreifen und auf deren Eintritt bzw. Nichteintritt der Steuerpflichtige und das Kind keinen Einfluß haben. Es liegt daher nahe, als Umstände im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG, die weder der Steuerpflichtige noch die Kinder zu vertreten haben, entsprechend der gesetzlichen Aufzählung solche Umstände anzusehen, die zwingend von außen in das Leben des Kindes eingreifen, auf deren Eintritt bzw. Nichteintritt der Steuerpflichtige und sein Kind in der Regel keinen Einfluß nehmen können und die nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, den Abschluß der Ausbildung zu verzögern. Als solche Umstände kommen neben der Ableistung des Wehrdienstes oder des zivilen Ersatzdienstes z. B. Erkrankungen, Schwierigkeiten in der Finanzierung der Ausbildung und andere Umstände in Betracht, denen sich der Steuerpflichtige oder dessen Kind in zumutbarer Weise nicht entziehen können.

Diese Auslegung des Begriffs "vertreten müssen" entspricht dem Wortlaut und auch dem Sinnzusammenhang, in den die Vorschrift hineingestellt ist. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind Umstände nicht zu vertreten, die unabhängig vom Willen des Betroffenen eintreten. Dagegen hat man im allgemeinen für Umstände einzustehen, die man selbst auf Grund freier Willenentschließung herbeigeführt hat. Nach dem Sinnzusammenhang ist der Gesetzgeber bei der Gesamtregelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG davon ausgegangen, daß die Berufsausbildung in der Regel innerhalb einer planmäßigen Ausbildungszeit erfolgt und im allgemeinen bis zum 25. Lebensjahr abgeschlossen sein wird. Die Tatsache, daß sich die Ausbildungszeiten in den letzten Jahren ganz allgemein verlängert haben, berücksichtigen § 32 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a aa EStG i. d. F. des Art. 1 Nr. 14 StÄndG 1964 (a. a. O.) und Abschn. 120 Abs. 1 VStR 1966 und 1969 durch Erhöhung der Lebensaltersgrenze auf das vollendete 27. Lebensjahr. Über dieses Lebensalter hinaus sollen jedoch - auch bei Kostenübernahme - nach dem Sinn des Gesetzes nur in Ausnahmefällen Kinderfreibeträge gewährt werden. Demzufolge sind in der Regel Umstände, denen sich der Steuerpflichtige oder sein Kind in zumutbarer Weise entziehen können, von diesen unabhängig von der Frage des Verschuldens zu vertreten. Entgegen der Auffassung des Klägers ist demnach davon auszugehen, daß der Gesetzgeber ganz bewußt nicht darauf abgestellt hat, ob der Steuerpflichtige die Verzögerung "verschuldet" hat. Für die Versagung des Freibetrages hat es der Gesetzgeber bereits als ausreichend angesehen, daß der Steuerpflichtige oder sein Kind für die Verzögerung einzustehen haben.

Der Hinweis des Klägers auf den Begriff "vertreten müssen" in den §§ 275 ff. BGB besagt nichts für die Auslegung dieses Begriffes in § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG. Denn für das Schuldrecht gilt der allgemeine Grundsatz, daß der Schuldner für jede schuldhafte Forderungsverletzung einzustehen hat. Abgesehen davon, kennt auch das Schuldrecht Fälle - etwa § 278 BGB -, in denen der Schuldner auch ohne eigenes Verschulden für die Folgen von Forderungsverletzungen eintreten muß.

Die vom Senat vertretene Auffassung zur Auslegung des Begriffs "vertreten müssen" im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG findet ihre Bestätigung in der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Freibeträge für Kinder über 25 Jahre wurden erstmals durch § 5 Abs. 1 VStG i. d. F. des § 226 LAG vom 14. August 1952 (BGBl I 1952, 446, BStBl I 1952, 638) gewährt. Voraussetzung für die Gewährung von Freibeträgen war danach u. a. , daß die über 25jährigen Kinder auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten und für einen Beruf ausgebildet wurden und "der Abschluß der Berufsausbildung durch Umstände verzögert worden ist, die weder der Steuerpflichtige noch die Kinder zu vertreten haben (z. B. Kriegsteilnahme, Kriegsgefangenschaft, Heilbehandlung wegen einer erlittenen Kriegsbeschädigung)". Die Art der hier aufgezählten Beispiele läßt erkennen, daß der Gesetzgeber eine vom Steuerpflichtigen nicht zu vertretende Verzögerung im Abschluß der Berufsausbildung bei Umständen bejahen wollte, die für den Steuerpflichtigen oder das Kind zwingend von außen her eingetreten waren. Durch Art. 11 Nr. 4 StÄndG 1961 vom 13. Juli 1961 (BStBl I 1961, 444) erhielt § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG die noch heute gültige Fassung, weil die in der früheren Regelung aufgeführten Beispiele durch Zeitablauf überholt waren. Durch diese geringfügige Gesetzesänderung trat ein Wandel in der Bedeutung des Begriffs der vom Steuerpflichtigen bzw. dessen Kind zu vertretenden Umstände nicht ein.

Im Streitfall vollzog sich der Ablauf der Berufsausbildung des Sohnes des Klägers nach dem freien Willen des Klägers und seines Sohnes, ohne daß zwingende Umstände von außen eintraten, denen sich weder der Kläger noch sein Sohn hätten entziehen können. Der Sohn des Klägers erlernte auf Grund freien Willensentschlusses das Konditorhandwerk und übte diesen Beruf nach erfolgreichem Abschluß der Ausbildung auch aus. Der Kläger hatte nach Abschluß der Konditorlehre seine elterliche Pflicht zur Ausbildung seines Sohnes erfüllt. Wenn der Sohn des Klägers, ohne durch zwingende Umstände veranlaßt zu sein, seinen Beruf als Konditor aufgab und auf Grund freien Willensentschlusses mit der Ausbildung für einen akademischen Beruf begann, mit dem das früher erlernte Handwerk in keiner Beziehung steht, so hat er die sich aus der verspäteten Aufnahme der Berufsausbildung ergebende Verzögerung des Abschlusses seiner Berufsausbildung selbst zu vertreten. Eine generelle Begünstigung der Berufsausbildung im zweiten Bildungsweg läßt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG begründen. Die Frage, ob Verzögerungen, die sich infolge einer Berufsausbildung im zweiten Bildungsweg ergeben, vom Steuerpflichtigen oder dessen Kind zu vertreten sind, ist auf Grund der Gesamtumstände des Einzelfalles zu entscheiden. Eine infolge freiwilligen Berufswechsels eintretende Verzögerung im Abschluß der Ausbildung ist nach Auffassung des Senats in der Regel jedoch von dem in Ausbildung befindlichen Kind selbst zu vertreten.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bedeutet es keinen Verstoß gegen das das Vermögensteuerrecht beherrschende Stichtagsprinzip, wenn zur Prüfung der Frage, wer die Verzögerung im Abschluß der Berufsausbildung zu vertreten hat, auf den Zeitraum vor dem streitigen Stichtag abgestellt wird. Die Prüfung dieser Frage muß nach Auffassung des Senats notwendig den gesamten Zeitraum bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres umfassen. Dabei ist es nach dem Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG ohne Bedeutung, ob die vom Steuerpflichtigen oder seinem Kind zu vertretenden Umstände für die Verzögerung im Abschluß der Ausbildung vor oder nach Beginn der endgültigen Ausbildung liegen.

2. Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 1/66 vom 17. Juli 1967 (BFH 91, 393, BStBl II 1968, 344) ist Streitgegenstand im steuergerichtlichen Verfahren nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheids. Die vom Kläger erstrebte Herabsetzung der im Steuerbescheid festgesetzten Vermögensteuer kommt aber auch aus anderen rechtlichen Gründen nicht in Betracht. Die Berücksichtigung einer Unterhaltspflicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 4 BewG in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Nr. 1 BewG scheidet im Streitfall aus. Besteht zwischen Steuerpflichtigem und Kind ein Kindschaftsverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG, so ist der Abzug einer Unterhaltspflicht in der Regel ausgeschlossen. Die Belastung des Vermögens durch den Unterhalt der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG bezeichneten Personen hat das VStG im Interesse einer Typisierung - um Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Höhe der Unterhaltspflicht auszuschalten - durch Einführung von Freibeträgen berücksichtigt. Diese Vorschrift, die die Belastung der Steuerpflichtigen durch die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem dort aufgeführten Personenkreis abschließend regelt, wirkt sich im allgemeinen zugunsten der Steuerpflichtigen aus. Denn die Steuerpflichtigen erhalten den Freibetrag in voller Höhe bis zu dessen Wegfall.

Daß das Kind des Klägers im Streitfall die Lebensaltersgrenze überschritten hat, bis zu deren Erreichen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG der Kinderfreibetrag gewährt wird, steht der Versagung des Abzugs nicht entgegen. Denn der Gesetzgeber hat mit der Festlegung von Altersgrenzen den Abzug von Freibeträgen wegen Kostenübernahme - auch aus Gründen der Typisierung - grundsätzlich auf die übliche Ausbildungszeit begrenzt. Um Härten, die in dieser Typisierung im Einzelfall liegen können, zu vermeiden, sieht das Gesetz die Gewährung von Freibeträgen in Ausnahmefällen auch für Kinder nach Vollendung des 25. Lebensjahres vor. So erhalten Steuerpflichtige einen Freibetrag, bei deren Kindern sich der Abschluß der Ausbildung aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen verzögert hat oder wenn das Kind außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Aus dieser weitgehenden gesetzlichen Regelung der Gewährung von Freibeträgen schließt der Senat, daß den Steuerpflichtigen der Abzug einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem in § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG aufgeführten Personenkreis jedenfalls dann zu versagen ist, wenn der Abzug der Unterhaltspflicht nur wegen der vom Kind überschrittenen Altersgrenze begehrt wird.

Soweit dem Urteil des OFH III 63/49 vom 19. Dezember 1949 (StRK, Bewertungsgesetz, § 74, Rechtsspruch 2) eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegen sollte, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der OFH ließ in jener Entscheidung den Abzug der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern vom Rohvermögen zu, weil den Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag nach der damaligen gesetzlichen Regelung nicht zustand. Das Urteil des OFH erging zu einem Veranlagungszeitraum (1. Januar 1946), für den die alliierte Kontrollratsgesetzgebung (Art. II des Kontrollratsgesetzes Nr. 13) alle Freibeträge für Familienangehörige beseitigt hatte und dem Steuerpflichtigen nur für sich selbst ein Freibetrag von 10 000 Mark zustand. Die Entscheidung des OFH III 63/49 (a. a. O.) ist durch die weitgehende Möglichkeit des Abzugs von Freibeträgen nach der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 VStG überholt. Eine andere Auslegung stünde in Widerspruch zu dem Sinn der Vorschrift, den Abzug der gesetzlichen Unterhaltspflichten zu typisieren.

Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie auf einer anderen Rechtsauffassung beruht. Die Festsetzung der Vermögensteuer durch das FA ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat weist deshalb die Klage als unbegründet ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69551

BStBl II 1971, 696

BFHE 1971, 547

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