Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Hilfsumsatz bei Weiterveräußerung zugekaufter Pflanzen durch Gartenbaubetrieb

 

Leitsatz (NV)

Der Verkauf zugekaufter fremder Pflanzen, der im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Gartenbaubetriebs ausgeführt wird, ist kein Hilfsumsatz.

 

Normenkette

UStG i.d.F. des UStÄndG v. 9. 6. 1984 § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt eine Gärtnerei. Sie erzielt ihre Umsätze überwiegend durch den Verkauf der von ihr aufgezogenen Jungpflanzen und Spezialkulturen, zum Teil aber auch durch den Weiterverkauf von Pflanzen, die sie bei anderen landwirtschaftlichen Erzeugern hinzugekauft hat.

Um die umsatzsteuerliche Behandlung dieser hinzugekauften Waren streiten die Beteiligten. Die Klägerin hat in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1984 ihre Umsatzsteuerschuld unter Berufung auf die Vorschrift des § 24 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) um . . . DM (5 v. H. der landwirtschaftlichen Umsätze von . . . DM) gekürzt. Dem ist der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) insoweit nicht gefolgt, als die Klägerin den Kürzungsanspruch auch für fremde Erzeugnisse in Anspruch nahm; er hat entsprechend den Feststellungen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung den Kürzungsanspruch für 1984 um . . . DM vermindert (Umsatzsteuerbescheid vom 9. Oktober 1985 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -, zuletzt geändert am 30. Januar 1986).

Die hiergegen erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg, das Finanzgericht (FG) sah mit dem FA in dem Weiterverkauf der zugekauften fremden Erzeugnisse einen Hilfsumsatz i. S. des § 25 Abs. 1 Nr. 2 UStG und verneinte insoweit einen Kürzungsanspruch nach § 24 a UStG.Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG. Das FG habe sich über den möglichen Wortsinn des Tatbestandsmerksmals ,,Hilfsumsatz" hinweggesetzt. Die Lieferung zugekaufter landwirtschaftlicher Erzeugnisse sei kein Hilfsumsatz.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach § 24 a Abs. 1 Nr. 3 1. Alternative UStG i. d. F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 9. Juni 1984 (BGBl I 1984, 796, BStBl I 1984, 423) ist der Unternehmer, der § 19 Abs. 1 UStG nicht anwendet, berechtigt, die Steuer zu kürzen für die Lieferungen und den Eigenverbrauch von Gegenständen, für die nach § 24 Abs. 1 UStG ein Durchschnittsatz in der Zeit vom 1. Juli 1984 bis 31. Dezember 1988 von 13 v. H. gilt. Dies ist der Fall, bei den ,,übrigen Umsätzen" i. S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG in der vom 1. Juli 1984 an geltenden Fassung, die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt werden und nicht unter § 24 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 UStG fallen. Unter § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG und damit nicht unter § 24 Abs. 1 Nr. 5 UStG fallen die Lieferungen und der Eigenverbrauch von Gegenständen, wenn diese Umsätze Hilfsumsätze sind. Für sie gilt nicht der Durchschnittsatz von 13 v. H., so daß ein Kürzungsanspruch nach § 24 a Abs. 1 Nr. 3 UStG entfällt.

Die Weiterlieferung der zugekauften Pflanzen durch die Klägerin ist kein ,,Hilfsumsatz" i. S. des § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG. Was im einzelnen unter diesem Begriff (vgl. dazu noch § 19 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1980 und § 43 Abs. 2 Nr. 3 der Umsatzsteuer - Durchführungsverordnung - UStDV 1980 -) und unter dem verwandten Begriff des Hilfsgeschäfts (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Oktober 1964 V 227/62 U, BFHE 81, 100, BStBl III 1965, 34; vom 21. Mai 1987 V R 109/77, BFHE 150, 368, BStBl II 1987, 735 unter 2b, und vom 25. März 1988 V R 101/83, BFHE 153, 171, BStBl II 1988, 649) zu verstehen ist, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Es genügt die Erkenntnis, daß der Weiterverkauf der zugekauften Waren zum Grundgeschäft oder zu den Hauptumsätzen der Klägerin gehört und deshalb nicht den Hilfsumsätzen zuzurechnen ist. Zwar ist aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Gärtnereien zu unterscheiden. Die landwirtschaftliche Gärtnerei verkauft grundsätzlich eigenerzeugte, die gewerbliche Gärtnerei grundsätzlich fremderzeugte Waren. Dabei erweist es sich aber besonders bei landwirtschaftlichen Gärtnereien, die an Endverbraucher verkaufen, häufig als notwendig, zur Erweiterung der Angebotspalette zu den eigenen Erzeugnissen fremde Produkte hinzuzukaufen. Rechtsprechung und Finanzverwaltung lassen dementsprechend auch bei landwirtschaftlichen Betrieben in einem gewissen Umfang den Zukauf fremder Erzeugnisse zu (vgl. BFH-Urteile vom 27. November 1980 IV R 31/76, BFHE 131, 555, BStBl II 1981, 518; vom 12. Januar 1989 V R 129/84, BFHE 156, 281, BStBl II 1989, 432). Der Weiterverkauf dieser Waren zusammen mit den eigenerzeugten Waren ist keine Nebenfolge, sondern eigentlicher Gegenstand des Gärtnereigeschäfts (in diesem Sinne gegen die Auffassung der Finanzverwaltung auch Schöll in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 24 Anm. 74, und Rüttinger, Umsatzsteuer in der Land- und Forstwirtschaft, Teil C 194 f.).

Bei den in § 24a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 UStG genannten Getränken kann nicht zweifelhaft sein, daß auch der Verkauf zugekaufter Getränke den Kürzungsanspruch auslöst. Es ist dann aber nicht einsichtig, weshalb der Zukauf der in § 24a Abs. 1 Nr. 3 UStG genannten Gegenstände den Kürzungsanspruch nicht auslösen soll. Aus diesem Grunde kann der Senat nicht erkennen, warum der Ausschluß der fremderzeugten Waren aus dem Kürzungsanspruch nach § 24a Abs. 1 Nr. 3 UStG dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechen soll. Die Gesetzesbegründung sagt zu den fremderzeugten Waren nichts. Daß der Kürzungsanspruch nur für landwirtschaftliche Betriebe und demgemäß in erster Linie für die Urproduktion gilt, bedeutet nicht, daß er den für einen landwirtschaftlichen Betrieb noch zulässigen Zukauf nicht erfassen soll. Gegen letzteres spricht, daß der Kürzungsanspruch in den Fällen des § 24a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 UStG den Zukauf erfaßt.

Da es im Streitfall nur um diesen zulässigen Zukauf geht, erfolgt der Weiterverkauf gemäß § 24 Abs. 1 UStG im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und nicht - wie das FA zu erwägen gibt - gemäß § 24 Abs. 3 UStG im Rahmen eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebes. Nach den - mit der Revision nicht angegriffenen - Sachverhaltsfeststellungen des FG hat die Klägerin nur eine Gärtnerei und nicht zwei Betriebe. Der Zukauf war so gering, daß er den Charakter der Gärtnerei als landwirtschaftlichen Betrieb nicht beeinträchtigte.

Die Umsatzsteuer berechnet sich demnach wie folgt: . . .

 

Fundstellen

Haufe-Index 417840

BFH/NV 1992, 207

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