Entscheidungsstichwort (Thema)

Substanzausbeute-Pachtvertrag

 

Leitsatz (NV)

1. Es wird festgehalten an der Rechtsprechung über die Beurteilung von Substanzabbauverträgen als Pachtverträgen und über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Ausbeutepachten.

2. Die Gesamtpacht ist ggf. in die nicht hinzurechnungsfähige Raumpacht und die hinzuzurechnende Ausbeutepacht aufzuteilen.

3. Bei einer vereinbarten Umsatzpacht kann die auf das Mineralgewinnungsrecht anteilig entfallende Pacht für die Hinzurechnung geschätzt werden.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 7, § 12 Abs. 2 Nr. 2

 

Gründe

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt den Abbau von Torf auf eigenen sowie auf ihr hierzu von der Bundesfinanzverwaltung verpachteten und teilweise unterverpachteten Flächen. Der Vertragsgegenstand umfaßt auch ein auf dem Pachtgelände stehendes Torfwerk. Der Pachtzins betrug zunächst 2 v. H., später 2,2 v. H. vom Jahresrohertrag der Klägerin, mindestens jedoch jährlich 30 000 DM. Außerdem hatte die Klägerin bezüglich der unterverpachteten Flächen, auf denen sie Weißtorf abbaute, die Pachtzinsverpflichtungen der Verpächterin gegenüber den Grundstückseigentümern unmittelbar zu erfüllen. Auf den übrigen Pachtflächen wurde in den Streitjahren 1972 bis 1974 nur noch Schwarztorf (einschließlich Humintorf) abgebaut.

Bei einer in 1976 durchgeführten Betriebsprüfung wurden die Pachtzinsen für Schwarztorf anhand landesüblicher Torfheuern geschätzt.

Daraufhin nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) in dem (mehrfach berichtigten) Gewerbesteuersammelbescheid 1971 bis 1974 unter Einbeziehung der unstreitigen Weißtorf- Pachtzinsen und -Mineralgewinnungsrechte entsprechende Hinzurechnungen beim Gewerbeertrag und Gewerbekapital vor.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) teilweise statt, indem es unter Änderung des Sammelbescheides vom 10. März 1983 den einheitlichen Gewerbesteuer- Meßbetrag herabsetzte.

Die Berechnungen des FA seien der Höhe nach insoweit zu beanstanden, als bezüglich des streitigen Schwarztorf-Abbaurechts die landesübliche Weißtorfheuer zugrunde gelegt und der Umstand der Betriebsverpachtung nicht berücksichtigt worden sei. Statt dessen werde als Bemessungsgrundlage der von der Klägerin pro Tonne Schwarztorf erzielte Erlös herangezogen und hierauf im Wege der Aufrundung ein geringer Zuschlag für die nichtenthaltenen höheren Humintorferlöse erhoben. Durch die neue Schätzung werde einerseits berücksichtigt, daß mit der Gesamtpacht auch die Nutzung weiterer Wirtschaftsgüter abgegolten sei, und andererseits gewürdigt, daß die auf das wertvolle Torfausbeuterecht entfallende Pacht - mit durchschnittlich in den Streitjahren 22 v. H. - einen nicht völlig untergeordneten Anteil an der Gesamtpacht einnehme.

Mit ihrer hiergegen eingelegten Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 8 Nr. 7 und 12 Abs. 2 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide dahin zu ändern, daß der Gewerbeertrag für 1972 um 11 987 DM, für 1973 um 10 100 DM und für 1974 um 6 400 DM gemindert und das Gewerbekapital 1972 um 93 550 DM, für 1973 um 94 378 DM und für 1974 um 95 826 DM gemindert und der einheitliche Gewerbesteuer-Meßbetrag dementsprechend niedriger festgesetzt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.Die Revision ist unbegründet.

Wie das FG zutreffend festgestellt hat und die Revision nicht beanstandet, ist der zwischen der Klägerin und der Verpächterin abgeschlossene Vertrag steuerrechtlich als Pachtvertrag über ein Unternehmen im ganzen (Torfwerk) anzusehen, der sich auf das (Torf-) Abbaurecht (Mineralgewinnungsrecht) erstreckt (vgl. zur Verpachtung eines Substanzausbeuterechts Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Juli 1987 IX R 202/87, BFH/NV 1987, 640; vom 25. Juni 1985 IX R 60/82, BFH/NV 1985, 74, mit Anmerkung Wollny, Betriebs-Berater - BB - 1986, 992; Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10. Februar 1987 1 BvR 482/86, BB 1987, 598; vom 24. Februar 1978 1 BvR 114/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1978, 251).

Nach § 8 Nr. 7 GewStG ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die Hälfte der Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzuzurechnen, soweit sie - wie hier - bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt sind und nicht beim Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sind dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs die Werte der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen, aber im Eigentum eines Dritten stehen, hinzuzurechnen, soweit sie - wie hier - nicht im Einheitswert des Pächtergewerbebetriebes bereits enthalten sind und nicht zum Gewerbekapital des Verpächters gehören. Diese Regelungen verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz oder sonstige Verfassungsbestimmungen (BFH-Urteil vom 26. Mai 1976 I R 74/73, BFHE 119, 485, 487, BStBl II 1976, 721 unter 1.; BverfG-Beschluß vom 29. August 1974 1 BvR 67/73, HFR 1974, 498).

Zu Recht hat das FG die Voraussetzungen dieser Vorschriften auch bezüglich der Pacht über das Schwarztorf-Abbaurecht bejaht und insoweit die Hinzurechungsbeträge geschätzt, obwohl zwischen den Vertragsparteien eine nicht näher aufgeteilte Umsatzpacht für das gesamte Torfwerk vereinbart war.

Während eine Hinzurechnung der auf die Grundstücksoberflächen (Betriebsflächen, Werksgebäude) und auf die nicht hinreichend konkretisierten immateriellen Vorteile und Rechte (einschließlich des Geschäftswerts) entfallenden Pacht nicht in Betracht kommt, ist die Pacht über das Abbaurecht insoweit zu berücksichtigen und für ihre Berechnung das Gesamtpachtentgelt nötigenfalls im Schätzungswege aufzuteilen (vgl. zur Aufteilung zwischen Raum- und Ausbeutepacht BFH-Urteile vom 22. März 1972 I R 179 /70, BFHE 105, 490, 494, BStBl II 1972, 632 unter 1. a); vom 6. Juli 1961 IV 333 /60, HFR 1962, 8, 10, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Gewerbesteuergesetz bis 1977, § 8 Ziff. 2 bis 9, Rechtsspruch 33; vom 12. Mai 1960 IV 122/58 U, BFHE 71, 580, 584, BStBl III 1960, 466; Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 17. Juli 1940 VI 629/39, RStBl 1940, 914, 915; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 7 Rz. 9 f., 16., Stäuber in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl., § 8 Nr. 7 Rz. 17; Meyer-Scharenberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 7 Rz. 35; Wihtol/Bittner, Gewerbesteuer, § 8 GewStG Anm. 12g; Blümich/Boyens/Steinbring/Klein/Hübl, Gewerbesteuergesetz, 8. Aufl., § 8 Anm. 25; ferner BFH-Urteile vom 25. November 1966 VI 375/65, BFHE 87, 569, 571 f., BStBl III 1967, 226; vom 21. August 1964 VI 76/63 U, BFHE 80, 229, BStBl III 1964, 557).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die jüngere Rechtsprechung des BFH - wie das FG zu Recht ausführt - nicht dahin zu verstehen, daß jede auf einer Schätzung (§ 162 der Abgabenordnung - AO 1977 -) beruhende Hinzurechnung nach §§ 8 Nr. 7, 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG unzulässig wäre (vgl. für die anteilige Einrichtungspacht FG Nürnberg, Urteil vom 22. Mai 1985 V 166/82, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 623 - Revision BFH I R 160/85 -; FG Hamburg, Urteil vom 2. Oktober 1972 III 38 /72, EFG 1973, 82, 83, unter 2. - rechtskräftig durch BFH-Urteil vom 14. August 1974 I R 246/72, BFHE 114, 239, BStBl II 1975, 178 -). Der BFH hat dahin erkannt, daß hinsichtlich bestimmter immaterieller Wirtschaftsgüter (insbesondere Geschäftswert u. ä. Vorteile) bei Betriebsverpachtungen eine Hinzurechnung nur in Betracht kommen könne, wenn durch den Pachtvertrag (oder sonstige Umstände) hinreichend konkretisiert worden sei, daß sie Gegenstand des Pachtverhältnisses seien; das Vorliegen einer solchen Konkretisierung hat er (für den Regelfall) dann verneint, wenn Gegenstand der Pacht auch die Betriebsräume sind und eine einheitliche Umsatzpacht vereinbart wurde (vgl. Urteile vom 10. Mai 1977 VIII R 254/72, BFHE 122, 314, BStBl II 1977, 667, mit Anmerkung Withol, StRK, Gewerbesteuergesetz bis 1977, § 8 Ziff. 2 bis 9, Rechtsspruch 130; vom 5. Mai 1976 I R 166/74, BFHE 119, 478, 485, BStBl II 1976, 717, unter 5.; vom 30. März 1976 VIII R 169/72, BFHE 118, 470, BStBl II 1976, 463). Diese Grundsätze lassen sich nicht auf die Verpachtung eines Abbaurechts übertragen, das - wie hier - als wesentlicher Gegenstand des Pachtvertrages und der dafür gezahlten Umsatzpacht von vornherein feststeht.

Zwar ist ein Mineralgewinnungsrecht auch als immaterielles Wirtschaftsgut (§ 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) - im weiteren Sinne - anzusehen (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 5 Anm. 21 b, m. w. N.). Im Unterschied zu dem nur durch ein abgrenzbares Entgelt konkretisierbaren Geschäftswert (vgl. jetzt § 101 Nr. 4 des Bewertungsgesetzes - BewG -) und den diesem ähnlichen oben erwähnten immateriellen Wirtschaftsgütern (vgl. Abschn. 53 der Vermögensteuer-Richtlinien - VStR -) - im engeren Sinne - ist das Substanzausbeuterecht bereits dadurch als Wirtschaftsgut hinreichend konkretisiert, daß es durch den Pachtvertrag zum Zwecke einer nachhaltigen gewerblichen Nutzung in den Verkehr gebracht worden ist (§ 100 Abs. 2 BewG). Es ist - wie das FG zutreffend bemerkt - nötigenfalls auch unabhängig von Zahlungen einer gesonderten Bewertung fähig, weil der Wert des Bodenschatzes, dessen Umfang sich körperlich ermitteln läßt, hierfür die rechnerische Grundlage bildet (vgl. Abschn. 23 VStR).

Die vom FG für die Hinzurechnungen nach §§ 8 Nr. 7 und 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG vorgenommenen Schätzungen sind auch der Höhe nach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (§ 118 Abs. 2 GewStG; vgl. Urteil in RStBl 1940, 914, 915).

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 125

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