Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 70 Abs. 2 BO genannten Fristen werden auch im Falle der Vermutung der mangelnden Betriebsfähigkeit der Brennerei erst in Lauf gesetzt, wenn die Verwaltung die Betriebsunfähigkeit der Brennerei geltend macht.

2. Die Feststellung der mangelnden Betriebsfähigkeit kann auch dem steuerlichen Betriebsleiter als Bevollmächtigten des Brennereibesitzers bekanntgegeben werden.

3. Eine nur vorübergehende Betriebsstörung, die durch eine verhältnismäßig geringfügige Reparatur behoben werden kann, ist nicht als Betriebsunfähigkeit anzusehen.

 

Normenkette

BranntwMonG § 44; BO § 70

 

Tatbestand

Die Klägerinnen und Revisionsbeklagten (Klägerinnen) wenden sich gegen eine Verfügung des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt – HZA –) vom 27. Oktober 1970, mit der ihnen das HZA das Erlöschen ihrer Obstabfindungsbrennerei mit einem Jahresbrennrecht von 330 l W gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 3 der Brennereiordnung (BO) zum Ablauf des Betriebsjahres 1969/70 mitgeteilt hat.

Die Brennerei der Klägerinnen war zuletzt am 25. März 1947 in Betrieb. Im Jahre 1954 ist die Brennerei durch Erbgang auf die Klägerinnen übergegangen. Die Klägerin zu 1. wurde zur steuerlichen Betriebsleiterin bestellt. Am 27. September 1967 überprüfte das Zollkommissariat B die Brennerei und stellte deren Betriebsunfähigkeit fest. Die Verhandlungsniederschrift ist von der Klägerin zu 1. als Brennereibesitzerin unterschrieben. Diese erklärte noch am 27. September 1967 gegenüber dem Zollamt (ZA) B, daß sie ihren Brennereibetrieb aufrechterhalte; ihr sei bekannt, daß sie die Brennerei bis zum 30. September 1970 wieder betriebsfähig herrichten und den Brennereibetrieb spätestens im Betriebsjahr 1970/71 wieder aufnehmen müsse, und daß bei Nichterfüllung dieser Bedingungen die Brennerei nach § 70 Abs. 1 Nr. 3 BO erlösche.

Am 15. Oktober 1970 überprüften zwei Beamte des Zollkommissariats B die Brennerei erneut und stellten fest, daß die Brennerei nicht bis zum 30. September 1970 betriebsfähig hergerichtet worden sei. Das HZA teilte daraufhin den Klägerinnen durch die angefochtene Verfügung vom 27. Oktober 1970 mit, daß ihre Brennerei gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 3 BO mit Ablauf des 30. September 1970 erloschen sei. Mit der dagegen gerichteten Beschwerde machten die Klägerinnen geltend, die Brennerei sei nicht betriebsunfähig, sondern nur vorübergehend nicht betriebsbereit gewesen. Sie legten dazu ein Brennereigutachten eines Apparatebaubetriebes vor, wonach zur Wiederinbetriebnahme lediglich ein schadhaftes Rohr abzuschrauben bzw. zu erneuern, jedoch eine Änderung an der Brennerei selbst nicht vorzunehmen sei.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Klage führte jedoch zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die angefochtene Verfügung, die sich auf § 70 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 BO beziehe, sei fehlerhaft, da der durch sie mitgeteilte Erlöschungstatbestand nicht eingetreten sei. Nach § 70 Abs. 2 BO hänge das durch Betriebsfähigkeit bedingte Erlöschen einer Obstabfindungsbrennerei davon ab, daß der Brennereibesitzer innerhalb bestimmter Fristen die entsprechenden Erklärungen und Maßnahmen unterlassen habe. Die Frist für die Abgabe der Erklärung nach § 70 Abs. 2 BO laufe bis zum Ende des Betriebsjahres, in dem die mangelnde Betriebsfähigkeit festgestellt worden sei. Die Feststellung der mangelnden Betriebsfähigkeit der Brennerei sei dem Brennereibesitzer mitzuteilen. Gehöre die Brennerei mehreren Personen, so werde die Mitteilung der Betriebsunfähigkeit erst wirksam, wenn sie allen Eigentümern gegenüber erfolgt sei. Die Klägerinnen seien als Erben Brennereibesitzer zur gesamten Hand. Die Mitteilung der Betriebsunfähigkeit sei aber nur der Klägerin zu 1. gegenüber erfolgt.

Diese sei bei der Entgegennahme der Mitteilung am 27. September 1967 weder ausdrücklich noch in ihrer Eigenschaft als Betriebsleiterin bevollmächtigt gewesen, ihre Schwester zu vertreten. Die Vertretungsbefugnis des Betriebsleiters erstrecke sich lediglich auf die Leitung des Betriebes. Ein Betriebsleiter sei jedoch nicht zu einer Abmeldung einer Brennerei nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 befugt. Das gleiche gelte für die Entgegennahme von Mitteilungen der Zollverwaltung, die das Erloschen einer Brennerei auslösen könnten.

Das HZA könne sich auch nicht nachträglich darauf berufen, die Brennerei sei im Jahre 1947 zum letzten Mai in Betrieb gewesen Der Vermutungstatbestand des § 70 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BO sei nicht Gegenstand des angefochtenen Verwaltungsaktes.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des HZA.

Das HZA macht geltend, das finanzgerichtliche Urteil hätte nicht ergehen dürfen, da für die Klage kein Rechtschutzbedürfnis bestanden habe. Nicht die mit der Klage angefochtene Verfügung des HZA habe das Erlöschen der Brennerei herbeigeführt, sondern diese Rechtsfolge sei kraft Gesetzes nach § 70 Abs. 1 Nr. 3 BO i. V. m. § 47 Abs. 2 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) von selbst eingetreten.

Auch in der Sache könne den Urteilsgründen des FG nicht gefolgt werden. Die von dem Gericht gezogene Schlußfolgerung, die Frist nach § 70 Abs. 2 BO sei nicht in Gang gesetzt worden, weil die Mitteilung über die Betriebsunfähigkeit der Brennerei nur der Klägerin zu 1. bekanntgegeben worden sei, sei fehlerhaft.

Unabhängig von dieser Mitteilung sei aber das Erlöschen der Brennerei bereits durch den Vermutungstatbestand des § 70 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BO herbeigeführt worden. Die Brennerei der Klägerinnen habe bei Einführung dieser Vermutung am 1. Oktober 1965 bereits 18 volle Betriebsjahre ununterbrochen geruht. Die Vermutung sei deshalb bereits im ersten Geltungsjahr der neuen Regelung, also im Betriebsjahr 1965/66, eingetreten. Die Klägerinnen hätten daher spätestens bis zum 20. September 1966 ihre Absicht erklären müssen, das Brennereiunternehmen aufrechtzuerhalten. Mit Ablaut dieser Frist sei ihnen die Möglichkeit dazu abgeschnitten gewesen. Die nach der gesetzlichen Regelung im konkreten Fall allerdings überflüssige Prüfung der Brennerei im September 1967 habe daran nichts mehr ändern können.

Das HZA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Für die von den Klägerinnen erhobene Anfechtungsklage ist ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Auch wenn die Verfügung, mit der das Erlöschen der Brennerei festgestellt wird, nicht konstitutiv wirkt, so hat sie doch eine regelnde Wirkung, da sie den Zweck hat, die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten für die Zukunft festzulegen. Ist die Brennerei erloschen, so endet damit die zollamtliche Überwachung der Brennerei mit allen Pflichten für die Verwaltung und für den Brennereibesitzer. An ihre Stelle tritt die andersgeartete Überwachung der Brenngeräte nach § 226 BO, wie dies die Zollstelle den Klägerinnen in der angefochtenen Verfügung auch mitgeteilt hat. Die Feststellung des Erlöschens der Brennerei ist demnach nicht, wie das HZA meint, eine unverbindliche Mitteilung, für deren Anfechtung kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Es handelt sich vielmehr um eine verbindliche Feststellung des Erlöschens der Brennerei u. a. zum Zwecke der Regelung der zollamtlichen Überwachung. Eine solche Verfügung unterliegt der Anfechtung durch den Brennereibesitzer. Da sie nicht zu den unter § 229 AO aufgezählten Verfügungen zählt, ist sie gemäß § 230 AO mit der Beschwerde und mit der anschließenden Klage anfechtbar (Hoppe/Heinricht, Kommentar zum Gesetz über das Branntweinmonopol, Band III, § 70 BO Anm. 10).

Inhalt der angefochtenen Verfügung ist die in dem Schreiben vom 27. Oktober 1970 getroffene Feststellung, daß die Brennerei mit Ablauf des 30. September 1970 erloschen sei. Diese Feststellung ist im Rahmen der Anfechtungsklage zur Nachprüfung gestellt, wobei das Datum des Erlöschens nach dem Inhalt der Verfügung nur besagt, daß die Brennerei mit Wirkung von dem angegebenen Zeitpunkt an als erloschen behandelt werden soll. Die Rechtmäßigkeit dieser Verfügung wird deshalb nicht schon dadurch in Frage gestellt, daß die Brennerei möglicherweise schon zu einem früheren Zeitpunkt erloschen ist. Entscheidend ist vielmehr nur, ob die Feststellung des Erlöschens der Brennerei spätestens für den angegebenen Zeitpunkt zu Recht bestand, so daß die Verwaltung berechtigt war, die rechtlichen Folgerungen aus dem Erlöschen der Brennerei zu diesem Zeitpunkt mit Wirkung für die Zukunft zu ziehen. Diese Frage bildet demnach den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites.

Unerheblich ist, auf welche rechtlichen Gründe die Verwaltung die Feststellung des Erlöschens der Brennerei zum 30. September 1970 gestützt hat. Die Begründung eines Verwaltungsaktes ist austauschbar, wenn sich dadurch der rechtliche Charakter des Verwaltungsaktes nicht ändert. Die Behörde ist deshalb auch nicht gehindert, für den erlassenen Verwaltungsakt im Verlaufe des Rechtsstreites eine neue Begründung nachzuschieben (vgl. v. Wallis/List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1.–6. Aufl., § 100 FGO Anm. 9 und die dort zitierte Rechtsprechung und Literatur). Auch ohne eine solche Änderung der Begründung ist im finanzgerichtlichen Verfahren die angefochtene Verfügung unter jedem rechtlichen Aspekt nachprüfbar. Das FG hätte also seine Prüfung nicht auf die Frage beschränken dürfen, ob die Feststellung der Betriebsunfähigkeit das Erlöschen der Brennerei zur Folge haben könne, sondern es hätte die den Streitgegenstand des Verfahrens bildende Frage prüfen müssen, ob die in der angefochtenen Verfügung aufgestellte und von der Klägerin bestrittene Rechtsbehauptung zutraf, daß die Brennerei der Klägerinnen mit Ablauf des 30. September 1970 erloschen war, oder ob die Brennerei entgegen der Rechtsauffassung der Verwaltung noch fortbestand.

Maßgebend für das Erlöschen der Brennerei ist § 70 BO i. d. F. der Verordnung zur Änderung der Brennereiordnung vom 1. Oktober 1965 – Verordnung vom 1. Oktober 1965 – (BGBl I, 1466, BZBl 1965, 762). Durch diese Verordnung ist die Bestimmung neu eingefügt worden, daß die Betriebsunfähigkeit einer Brennerei als Voraussetzung für das Erlöschen der Brennerei vermutet wird, wenn diese mehr als 10 volle Betriebsjahre ununterbrochen außer Betrieb war. Da die Brennerei der Klägerin seit dem 25. März 1947 nicht mehr betrieben worden ist, waren die Voraussetzungen für diese Vermutung bereits bei Inkrafttreten der Verordnung am 1. Oktober 1965 erfüllt.

Die Verwirklichung des Tatbestandes der Vermutung vermag aber für sich allein die Feststellung des Erlöschens der Brennerei nicht zu tragen. Das ergibt sich aus der Regelung des § 70 Abs. 2 BO. Diese Bestimmung dient dem Schutz des Brennereibesitzers vor einem ungerechtfertigten Verlust der Brennerei. Ihm soll die Möglichkeit offenstehen, den Verlust durch ein Tätigwerden innerhalb bestimmter Fristen abzuwenden. § 70 Abs. 2 BO als Schutzvorschrift für den Brennereibesitzer ist dahin auszulegen, daß auch im Falle des Eintritts der Vermutung die Fristen nicht automatisch in Lauf gesetzt werden, sondern erst nach einem entsprechenden Tätigwerden der Verwaltung. Dabei braucht sich die Verwaltung nicht ausdrücklich auf den Vermutungstatbestand zu stützen. Es muß vielmehr genügen, daß sie sich allgemein auf die Betriebsunfähigkeit der Brennerei beruft.

Im Streitfall hat die Verwaltung die Betriebsunfähigkeit der Brennerei erstmals in der durch das Zollkommissariat B aufgenommenen Verhandlungsniederschrift vom 27. September 1967 geltend gemacht, in der sie die Betriebsunfähigkeit aufgrund der durchgeführten Überprüfung der Brennerei festgestellt hat. Da die Vermutung des § 70 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BO erst mit der Feststellung der Betriebsunfähigkeit der Brennerei Wirksamkeit erlangt, kann die Brennerei der Klägerin vor diesem Zeitpunkt nicht erloschen sein. Die Auffassung des HZA, die Brennerei sei aufgrund des Vermutungstatbestandes bereits mit Ablauf des 30. September 1966 erloschen, geht somit fehl.

Damit stellt sich die auch von dem FG aufgeworfene Frage, ob die am 27. September 1967 verhandlungsschriftlich getroffene Feststellung der Betriebsunfähigkeit der Brennerei den Klägerinnen gegenüber wirksam ergangen ist. Zu Recht ist das FG bei der Prüfung dieser Frage davon ausgegangen, daß eine solche Feststellung beiden Klägerinnen, die nach dem Tode ihres Vaters gemeinsam Inhaberinnen der Brennerei waren, gegenüber bekanntgegeben werden mußte. Entgegen der Auffassung des FG ist aber die der Klägerin zu 1. gegenüber erfolgte verhandlungsschriftliche Bekanntgabe auch der Klägerin zu 2. gegenüber wirksam geworden, da die Klägerin zu 1. gemäß § 44 BranntwMonG als Betriebsleiterin für die von den Klägerinnen gemeinsam betriebene Brennerei eingesetzt war. Als Betriebsleiterin konnte die Klägerin zu 1. ihre abwesende Schwester als Mitinhaberin des Betriebes der Verwaltung gegenüber bei allen Amtshandlungen, die die Führung des Betriebes betreffen, vertreten. Zu diesen Amtshandlungen gehört auch die Feststellung über die Betriebsunfähigkeit der Brennerei nach § 70 Abs. 1 Nr. 3 BO. Daß diese Feststellung u. U. das Erlöschen der Brennerei zur Folge haben kann, steht dem nicht entgegen. Es mag zweifelhaft sein, ob die dem Betriebsleiter erteilte Vollmacht auch die Abgabe solcher Willenserklärungen umfaßt, die, wie die Abmeldung einer Brennerei, auf das Erlöschen der Brennerei gerichtet sind, und die deshalb nicht dazu dienen können, den Betrieb der Brennerei fortzuführen (vgl. Hoppe-Heinricht, a. a. O., § 70 BO Anm. 2). Diese Bedenken bestehen für die Entgegennahme einer Verfügung über die Betriebsunfähigkeit der Brennerei nicht; denn in diesem Fall handelt es sich nicht darum, daß durch eine Willensentschließung des Betriebsleiters das Erlöschen der Brennerei herbeigeführt wird. Die Amtshandlung hatte vielmehr eine rein tatsächliche Feststellung zum Gegenstand. An ihr mitzuwirken gehörte zu den Aufgaben des Betriebsleiters. Diese Amtshandlung führte auch nicht automatisch zu dem Erlöschen der Brennerei. Vielmehr war dem Brennereibesitzer durch § 70 Abs. 2 BO die Möglichkeit gegeben, das Erlöschen der Brennerei abzuwenden. Von dieser Möglichkeit haben die Klägerinnen auch Gebrauch gemacht.

Die Klägerin zu 1. war demnach als Betriebsleiterin zur Entgegennahme der Feststellung über die Betriebsunfähigkeit der Brennerei für die Betriebsinhaber, also für beide Klägerinnen, berechtigt. Sie hat auch tatsächlich die in der Verhandlungsniederschrift vom 27. September 1967 getroffene Feststellung einschließlich der Belehrung über die Möglichkeiten, das Erlöschen der Brennerei gemäß § 70 Abs. 2 BO abzuwenden, für beide Klägerinnen entgegengenommen. Nur so ist der Wortlaut dieser Niederschrift zu verstehen, in der es ausdrücklich heißt, daß die Brennereibesitzer, also beide Klägerinnen, die tatsächlichen Feststellungen über die Betriebsunfähigkeit der Brennerei anerkennen. Daß die Klägerin zu 1. das Verhandlungsprotokoll als Brennereibesitzerin und nicht als Betriebsleiterin unterschrieben hat, spielt demgegenüber keine Rolle. Entscheidend ist, daß die Feststellung der Betriebsunfähigkeit als Amtshandlung beiden Brennereibesitzerinnen gegenüber erfolgt ist, und daß die Klägerin zu 1. in ihrer Eigenschaft als Betriebsleiterin auch tatsächlich befugt war, diese Feststellung für beide Klägerinnen wirksam entgegenzunehmen.

Das gleiche gilt auch für die Wirksamkeit ihrer am gleichen Tage dem ZA B gegenüber abgegebenen Erklärung, daß sie den Brennereibetrieb aufrechterhalten wolle. Auch diese Erklärung ist zwar von der Klägerin zu 1. als „Brennereibesitzerin” unterschrieben. Sie muß aber nach dem gesamten, auch der Zollbehörde erkennbaren Zusammenhang so ausgelegt werden, daß sie von der Klägerin zu 1. in ihrer Eigenschaft als Betriebsleiterin für die Brennereibesitzerinnen abgegeben worden ist, so daß diese Erklärung beiden Klägerinnen zugerechnet werden muß. Die Klägerin zu 2. hat jedenfalls durch ihr gesamtes nachfolgendes Verhalten deutlich zu erkennen gegeben, daß sie die Erklärung, die Brennerei solle fortgeführt werden, als auch für sich wirksam betrachte, also die Erklärung der Klägerin zu 1. genehmige.

Ist demnach die Feststellung der Betriebsunfähigkeit der Brennerei am 27. September 1967 beiden Klägerinnen gegenüber wirksam bekanntgegeben und haben auch beide Klägerinnen die in § 70 Abs. 2 BO vorgesehene Erklärung, daß sie den Brennereibetrieb fortsetzen wollen, noch im gleichen Betriebsjahr abgegeben, so ist der Entscheidung des FG die Grundlage entzogen. Sie war deshalb aufzuheben. Der Senat sieht sich jedoch gehindert, abschließend in der Sache zu entscheiden, da das FG aufgrund des von ihm vertretenen Rechtsstandpunktes keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die am 27. September 1967 getroffene, von den Klägerinnen jedoch inzwischen bestrittene Feststellung der Betriebsunfähigkeit tatsächlich zu Recht besteht, ob also die Brennerei, wofür, wie bereits dargelegt, die Rechtsvermutung des § 70 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BO spricht, zu diesem Zeitpunkt tatsächlich betriebsunfähig war. Ist das der Fall, so ist die Brennerei nach § 70 Abs. 1 BO erloschen, wenn die Brennerei nicht von den Klägerinnen innerhalb der Frist des § 70 Abs. 2 BO, also bis zum 30. September 1970, wieder betriebsfähig hergerichtet worden ist. Auch zu dieser Frage liegen Feststellungen des FG nicht vor. Für die betriebsfähige Herrichtung der Brennerei obliegt die Beweislast ebenfalls den Klägerinnen.

Soweit § 70 Abs. 2 letzter Halbsatz BO zur Abwendung des Erlöschens der Brennerei über die betriebsfähige Herrichtung der Brennerei hinaus die Wiederaufnahme des Brennereibetriebes in dem auf die Herrichtung der Brennerei folgenden Betriebsjahr verlangt, können den Klägerinnen keine Nachteile daraus erwachsen, daß sie diesem Erfordernis nicht genügt haben. Die Wiederaufnahme des Brennereibetriebes ist den Klägerinnen nicht möglich, solange die angefochtene Verfügung des HZA besteht, durch die das Erlöschen der Brennerei festgestellt wird. Die Frist für die Wiederaufnahme des Betriebs hat deshalb, da die Verfügung über das Erlöschen der Brennerei seit Anfang des Betriebsjahres 1970/71 gilt, noch nicht zu laufen begonnen.

Da demnach noch tatsächliche Feststellungen zu der Frage der mangelnden Betriebsfähigkeit sowie der Wiederherrichtung der Brennerei fehlen, war die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen. Das FG wird dabei zu beachten haben, daß eine nur vorübergehende Betriebsstörung, die durch eine verhältnismäßig geringfügige Reparatur behoben werden kann, nicht als Betriebsunfähigkeit der Brennerei gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 3 BO angesehen werden kann (Hoppe/Heinricht, a. a. O., Anm. 5 zu § 70 BO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 510551

BFHE 1977, 525

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