Entscheidungsstichwort (Thema)

Dauernde Berufsunfähigkeit bei Berufsverbot; Strafverteidigungskosten

 

Leitsatz (NV)

Ein Steuerberater ist nicht dauernd berufsunfähig i.S. von § 16 Abs. 4 Satz 3 EStG, wenn gegen ihn ein nur zeitlich befristetes Berufsverbot verhängt wird.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 4 S. 3, § 18

 

Gründe

Im Streitfall kann dahinstehen, ob bei einem Steuerberater eine dauernde Berufsunfähigkeit (§ 16 Abs. 4 Satz 3, § 18 Abs. 3 EStG) nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sondern auch aus rechtlichen Gründen wegen Berufsverbots in Frage kommen kann. Der BFH hat dies im Urteil vom 19. Mai 1981 VIII R 143/78, BFHE 133, 396, BStBl II 1981, 665, 668, offen gelassen und im Anschluß daran im Urteil vom 29. April 1982 IV R 116/79, BFHE 142, 429, BStBl II 1985, 204 zugunsten des Steuerpflichtigen lediglich unterstellt.

Diese Rechtsfrage ist im Streitfall nicht zu klären. Denn der verstorbene Kläger war nicht auf Dauer unfähig, seinen erlernten Beruf als Steuerberater auszuüben. Das vom Landgericht am ... auf die Dauer von fünf Jahren verhängte Berufsverbot, das erst nach der nur insoweit erfolgten Bestätigung durch den Bundesgerichtshof wirksam wurde, führte lediglich zur zeitlich wirkenden Ausschließung des Klägers aus dem Beruf des Steuerberaters (vgl. jetzt § 48 Abs. 1 Nr. 2 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG 1975 i.d.F. des Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (BGBl I 1989, 1062, BStBl I 1989, 228 sowie Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1986 - 1 BvL 12/85, StRK - Steuerrechtsprechung in Karteiform, StBerG 1975 R. 3 zur Nichtigkeit lebenslanger Berufsverbote).

Daß es bei einem nur zeitlich verhängten Berufsverbot zur Aufdeckung der stillen Reserven kommen kann, zwingt nicht dazu, das nur vorläufig wirkende Verbot, den Beruf auszuüben, als dauernde Berufsunfähigkeit anzusehen und durch Gewährung eines erhöhten Freibetrages zu privilegieren. Entgegen dem Vortrag der Revision wird diese Auffassung auch nicht in der Literatur vertreten. Vielmehr äußern sich Herrmann/Heuer/Raupach (Komm. zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 20. Aufl., § 16 EStG Anm. 478) und Hörger (in Littmann, Bitz, Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., Anm. 247) nur zu der Frage der dauernden Berufsunfähigkeit bei (dauerndem) Entzug der Approbation, nicht aber dem hier anstehenden Fall des nur zeitlich wirkenden Ausschlusses aus dem Beruf.

Die Revision kann sich für die Auslegung des Begriffes der dauernden Berufsunfähigkeit auch nicht auf den Begriff der nicht absehbaren Zeit im Sozialrecht stützen. Denn der BFH hat im Urteil vom 18. April 1981 VIII R 25/79 (BFHE 134, 548, BStBl II 1982, 293) klargestellt, daß der Begriff der dauernden Berufsunfähigkeit i.S. von § 16 Abs. 4 Satz 3 EStG we-gen seiner unterschiedlichen Zielsetzung grundsätzlich unabhängig von § 1246 Abs. 2 RVO auszulegen ist. Weiter hat er dort erkannt, daß eine dauernde Berufsunfähigkeit vor allem bei Eintritt einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung, also eines Invaliditätsgrundes, anzunehmen ist. Wie sich aber in diesem Urteil wiedergebenen Entstehungsgeschichte des § 16 Abs. 4 EStG (vgl. dazu BFH-Urteil a.a.O. und Bundestags-Drucksache VI/ 1901, S. 9) ergibt, ging es dabei aber unabhängig von der Verwendung des ursprünglich beabsichtigten Begriffes wegen dauernder völliger Erwerbsunfähigkeit oder des dann tatsächlich ins Gesetz übernommenen Begriffes der dauernden Berufsunfähigkeit um eine Erhöhung des Freibetrages aus sozialen Gründen (Blümich/ Stuhrmann, EStG, KStG, GewSt, Komm., 13. Aufl., § 16 Anm. 305). Diese vom Gesetzgeber nicht aufgegebene soziale Zielsetzung wäre indes nach der Auffassung des erkennenden Senats jedenfalls verfehlt, wollte man das im Streitfall verhängte, nur zeitlich wirkende Berufsverbot als eine dauernde Berufsunfähigkeit i.S. des § 16 Abs. 4 EStG ansehen (ebenso Schmidt, EStG, Komm., 11. Aufl., § 16 Anm. 112).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der verstorbene Kläger aufgrund des vorläufigen Berufsverbots - voraussichtlich - vor Vollendung des 55. Lebensjahres nicht mehr in der Lage sein würde, seinen Beruf auszuüben. Für eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative EStG ist kein Raum, da der verstorbene Kläger im Streitjahr dieses Alter noch nicht erreicht hatte.

2. Auch fehlt es an dem erforderlichen einwandfreien Maßstab für eine vernünftige Zuordnung der Strafverteidigungskosten zu den einzelnen Anklagepunkten (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 43/86, BFHE 158, 356, BStBl II 1990, 20). Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 7 BFHEntlG. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419417

BFH/NV 1994, 614

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