Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Rechtsmittel bei Zurückweisung einer Gegenvorstellung

 

Leitsatz (NV)

1. Trägt das Gericht einer sog. Gegenvorstellung nicht Rechnung, so hat der Betroffene dagegen kein Rechtsmittel.

2. Eine vom Gericht fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung, die von der Statthaftigkeit des Rechtsmittels -- hier der Beschwerde -- ausgeht, bewirkt nicht, daß ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel gleichwohl als zulässig angesehen wird.

 

Normenkette

FGO §§ 128, 142

 

Tatbestand

Der Antragsteller hatte für ein -- bisher noch nicht entschiedenes -- Klageverfahren wegen Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1980 bis 1988 sowie für einen beabsichtigten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der betreffenden Bescheide im August 1994 Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Der Antrag war mit Beschluß des Finanzgerichts (FG) vom 18. Oktober 1994 unter Hinweis auf die mangelnde Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abgelehnt worden. Dazu hatte das FG unter anderem ausgeführt, die angefochtenen Steuerfestsetzungen könnten schon deshalb nicht mehr auf ihre sachliche Rechtmäßigkeit überprüft werden, weil sie bestandskräftig seien, da sämtliche Rechtsbehelfsfristen bei Eingang der Einsprüche seit bereits mehr als drei Jahren abgelaufen gewesen seien.

Gegen den die PKH ablehnenden Beschluß erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Januar 1995 "Gegenvorstellung und Verfassungsbeschwerde gegen finanzgerichtliche Entscheidung", die er unter anderem mit der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das FG begründete und die er ausdrücklich auch als Gegenvorstellung gegen den Beschluß des FG vom 18. Oktober 1994 behandelt wissen wollte.

Das FG wies die Gegenvorstellung mit förmlichem Beschluß vom 21. Oktober 1996 zurück und erteilte eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen den Beschluß Beschwerde erhoben werden könne.

Mit Schriftsatz vom 4. November 1996 beantragt der Antragsteller unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst weiterer Anlagen nunmehr PKH einschließlich der Beiordnung eines von ihm benannten Rechtsanwalts, um gegen den Beschluß des FG vom 21. Oktoer 1996 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs Beschwerde einlegen zu können. Der Antrag ist vom Antragsteller persönlich unterzeichnet. Dem Antrag liegt ein Begründungsentwurf der beabsichtigten Beschwerde gegen den Beschluß des FG vom 21. Oktober 1996 bei.

 

Entscheidungsgründe

Dem Antrag auf Bewilligung von PKH kann nicht entsprochen werden.

Nach §142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §114 der Zivilprozeßordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die von dem Antragsteller beabsichtigte Beschwerde gegen den seine Gegenvorstellung ablehnenden Beschluß des FG vom 21. Oktober 1996 nicht statthaft ist. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Ein Rechtsmittel -- wie etwa eine Beschwerde -- ist nur statthaft, wenn es für die Art der angegriffenen Entscheidung überhaupt vorgesehen ist. Allein eine vom Gericht fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung, die von der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ausgeht, vermag nicht zu bewirken, daß ein ggf. gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel gleichwohl als zulässig angesehen wird (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 22. November 1990 III B 300/90, BFH/NV 1991, 335, und vom 2. Februar 1994 II B 171/93, BFH/NV 1994, 647, m. w. N.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §55 Anm. 27, m. w. N.).

Die vom Antragsteller gegen den die PKH ablehnenden Beschluß des FG vom 18. Oktober 1994 gerichtete sog. Gegenvorstellung ist kein förmliches Rechtsmittel, sondern eine in der FGO nicht ausdrücklich vorgesehene formlose Anregung, mit der unter bestimmten Voraussetzungen die Aufhebung oder Änderung einer formell bereits rechtskräftigen Entscheidung durch das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, herbeigeführt werden soll (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O., vor §115 Anm. 26). Trägt das Gericht der Gegenvorstellung nicht Rechnung, so hat der Betroffene dagegen kein Rechtsmittel (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 27. Dezember 1976 Nr. 385 III 76, Bayerische Verwaltungsblätter 1977, 157; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auf., Vorbemerkung zu §124 Rdnr. 13).

Die vom Antragsteller beabsichtigte Beschwerde gegen die seine Gegenvorstellung zurückweisende Entscheidung des FG wäre daher, weil sie nicht statthaft ist, nicht zulässig. Eine Beschwerde ist auch nicht deshalb möglich, weil das FG den Beschluß mit einer Rechtsmittelbelehrung für eine Beschwerde nach §128 FGO versehen hat. Denn sonst würde die Gegenvorstellung zu einem Rechtsmittel eigener Art nach Abschluß des finanzgerichtlichen Verfahrens werden. Eine Prüfung der materiellen Erfolgsaussichten des vom Antragsteller verfolgten und in der Antragsbegründung auch erläuterten Klageziels ist hier deshalb nicht (mehr) vorzunehmen.

Der Senat kann auch unerörtert lassen, ob nicht bereits die vom FG sachlich entschiedene Gegenvorstellung des Klägers gegen den die PKH ablehnenden Beschluß unzulässig war, da der Beschluß zuvor mit einer Beschwerde hätte angefochten werden können.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (vgl. BFH-Beschluß vom 26. Februar 1985 VIII S 17/84, BFH/NV 1985, 98).

 

Fundstellen

Haufe-Index 67114

BFH/NV 1998, 733

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