Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vertretungszwang und keine Frist für Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Für den beim Bundesfinanzhof als Prozeßgericht zu stellenden Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gilt der Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 des BFHEntlG nicht. Der Antrag kann bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens, für das Prozeßkostenhilfe bewilligt werden soll, gestellt werden.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 142

 

Tatbestand

Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) führt vor dem ... Senat des Finanzgerichts (FG) einen Rechtsstreit gegen den Beklagten, Beschwerdegegner und Antragsgegner (Finanzamt -- FA --) wegen Einkommen- und Umsatzsteuer 1973 bis 1983. Mit Schriftsätzen vom 1. Juni 1992 und 9. März 1993 lehnte er die diesem Senat des FG angehörenden Richter A, B und C wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das FG wies das Ablehnungsgesuch durch Beschluß vom 19. Juli 1993 als unzulässig ab. Gegen den Beschluß legte der Kläger, vertreten durch einen Steuerberater, am 4. August 1993 form- und fristgerecht Beschwerde ein.

Gleichzeitig hat die X-GmbH als Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 1. August 1993 für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Der Kläger hat am 14. Dezember 1993 dem Bundesfinanzhof (BFH) eine von ihm persönlich unterzeichnete Kopie des Antrags der X-GmbH und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt.

Er beantragt, ihm für das Beschwerdeverfahren PKH zu bewilligen und den Steuerberater Y -- den Geschäftsführer der X-GmbH -- beizuordnen.

Das FA hat mitgeteilt, seiner Auffassung nach habe die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag war abzulehnen. Er ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig, obwohl der Kläger sich nicht von einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hat vertreten lassen. Für den beim BFH als Prozeßgericht zu stellenden Antrag auf Bewilligung von PKH gilt der Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht (s. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1991 II S 17/90, BFH/NV 1991, 338 m. w. N.). Der Kläger durfte daher -- wie mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1993 geschehen -- den Antrag persönlich stellen. Daß im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim BFH die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war, führte ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit des Antrags. Der Antrag kann bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens gestellt werden, für das PKH begehrt wird (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 142 Rz. 11).

2. Der Antrag ist unbegründet, da die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des FG vom 19. Juli 1993 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung i. V. m. § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung). Das Ablehnungsgesuch des Klägers war rechtsmißbräuchlich, die von ihm eingelegte Beschwerde ist daher unbegründet. Auf den Senatsbeschluß vom heutigen Tag mit dem Az. I B 140/93 BFH/NV 1995, 400 wird verwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423549

BFH/NV 1995, 427

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