Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Versäumt ein Revisionskläger die Frist für die Beschwerde- und die Revisionseinlegung, weil er einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe stellen möchte, so kann ihm (nach einer positiven Entscheidung seines Antrags auf PKH) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann gewährt werden, wenn er innerhalb der Revisions- und Beschwerdefrist einen Antrag auf PKH gestellt und die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Unterlagen beigefügt hat.

 

Normenkette

FGO §§ 142, 56; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Antragstellers, Beschwerdeführers, Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegen den Beschwerdegegner, Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) wegen Einkommensteuer 1990 durch einen als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid vom 16. Februar 1994 teilweise als unbegründet abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Das Urteil wurde dem Kläger am 26. März 1994 zugestellt. Er legte am 25. April 1994 persönlich sowohl Nichtzulassungsbeschwerde als auch Revision ein. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde innerhalb der Frist des § 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht näher begründet. Die Revision wurde durch zwei vom Kläger persönlich verfaßte Schriftsätze vom 17. Mai 1994 und vom 28. Juni 1994 begründet. Mit Schriftsatz vom 4. Juli 1994 beantragte der Kläger Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Nichtzulassungsbeschwerde und die Revision.

Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde und die Revision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Senat hat es für zweckmäßig erachtet, die Verfahren I S 13/94, I B 82/94 und I R 59/94 zur gemeinsamen Entscheidung miteinander zu verbinden (§ 121, § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO).

2. Der Antrag auf PKH ist unbegründet. Er war deshalb abzulehnen.

a) Nach § 142 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht oder nur zum Teil aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es im Streitfall. Der Kläger begehrt PKH zur Durchführung einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision bzw. zur Durchführung des Revisionsverfahrens gegen das Urteil des FG vom 16. Februar 1994. Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 21. April 1994 insoweit eingelegten Rechtsmittel sind jedoch unzulässig, weil der Kläger in den Verfahren nicht von einer der in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG -- i. d. F. vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236) genannten Personen (Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) vertreten wurde. Auf den Vertretungszwang vor dem Bundesfinanzhof (BFH) war er in der Rechtsmittelbelehrung des FG-Urteils ordnungsgemäß hingewiesen worden.

b) Zwar könnte dem Kläger (nach einer positiven Bescheidung seines Antrags auf PKH) an sich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Frist für die Beschwerde- bzw. Revisionseinlegung gewährt werden. Dies würde jedoch voraussetzen, daß der Kläger alles ihm Zumutbare getan hat, um die genannten Fristen zu wahren (vgl. BFH-Beschluß vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631). Dazu gehört, daß er innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf PKH stellt und seinem Antrag die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Unterlagen beifügt. An beidem fehlt es im Streitfall. Das Urteil des FG wurde dem Kläger am 26. März 1994 zugestellt. Er hätte -- vertreten durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer -- bis zum 26. April 1994 Revision gemäß § 120 FGO und/oder Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 3 FGO einlegen können. Bis zum 26. April 1994 einschließlich hätte er deshalb auch den Antrag auf PKH stellen müssen. Diesen Antrag stellte er jedoch erst mit Schriftsatz vom 4. Juli 1994. Die in § 117 Abs. 2 ZPO genannten Unterlagen sind bis heute nicht vorgelegt. Damit hat der Kläger nicht alles ihm Zumutbare getan, um die Rechtsmittelfristen zu wahren. Entsprechend könnte ihm wegen der Versäumnis der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. der Revision keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

3. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie war deshalb zu verwerfen. Dies bedarf gemäß Art. 1 Nr. 6 BFHEntlG keiner Begründung.

4. Die Revision ist ebenfalls unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

Der Kläger hat sich bei der Einlegung der Revision nicht von einer der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genannten Personen (Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) vertreten lassen. Damit ist die Revision nicht wirksam eingelegt (vgl. BFH-Beschluß vom 15. Februar 1991 IV R 114/90, BFH/NV 1992, 481).

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 724

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