Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei nicht konkretisierter Anfechtungsklage

 

Leitsatz (NV)

Wird Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, eine Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten und aus dem Klagevorbringen nicht errechenbaren Betrag herabzusetzen, so kann der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte der festgesetzten Steuer geschätzt werden.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115; GKG § 13

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Rechtsanwalt und Betriebswirt sowie dessen Ehefrau, gaben für 1981 keine Einkommensteuererklärungen ab. Sie wurden deshalb vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) aufgrund einer Schätzung zur Einkommensteuer veranlagt. Die festgesetzte Steuer belief sich auf 19 086 DM.

Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 1984 wurde vom Finanzgericht (FG) wegen verspäteter Klageerhebung als unzulässig abgewiesen. Das FG-Urteil wurde am 15. Juli 1985 zugestellt.

Mit der Revision rügen die Kläger insbesondere die rechtsfehlerhafte Versagung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die in § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO vorgeschriebene Zweiwochenfrist verstrichen gewesen sei.

Die Kläger beantragen:

,,I. Das Urteil des FG München vom 24. 4. 1985 104/84 E wird aufgehoben.

Für den Fall, daß die Sache für den Fall der beantragten Aufhebung des Urteils nicht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden sollte, wird ferner beantragt:

II. Die mit Bescheid vom 9. 9. 1983 festgesetzte Einkommensteuer 1981 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22. 2. 1984 herabgesetzt.

Für den Fall, daß eine Aufhebung des angefochtenen Urteils ohne Zurückverweisung erfolgt, wird beantragt, die materiell-rechtliche Entscheidung des Streitfalls aufzuschieben, damit auf der Grundlage der Steuererklärung die Steuerfestsetzung durch das Finanzamt erfolgt."

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, zurückzuweisen. Es verweist insbesondere darauf, daß die Kläger bisher keine Steuererklärungen abgegeben haben und daß nicht erkennbar sei, um welchen Betrag nach ihren Vorstellungen die Einkommensteuerfestsetzung ermäßigt werden solle. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM übersteige.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, denn der Wert des Streitgegenstandes übersteigt nicht 10 000 DM (§ 115 FGO, Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - in der z. Zt. der Zustellung des FG-Urteils geltenden Fassung). Die von den Klägern beantragte Aufhebung der Vorentscheidung könnte zwar im Falle einer Begründetheit dieses Begehrens nach erneuter Verhandlung der Sache durch das FG zu einer Herabsetzung der Einkommensteuerschuld führen. Die Kläger behaupten indes selbst nicht, daß die Einkommensteuer auf null DM ermäßigt werden müsse. Sie tragen vielmehr nur vor, daß die Herabsetzung ,,auf der Grundlage der Steuererklärung", die sie offenbar immer noch nicht eingereicht haben, erfolgen solle.

Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu bestimmen. Die Klage ist gegen einen Verwaltungsakt gerichtet, der eine Geldleistung zum Gegenstand hat, so daß grundsätzlich die volle Höhe der geforderten Leistung in Ansatz zu bringen wäre (§ 13 Abs. 2 GKG). Angesichts der von den Klägern vorgenommenen, nicht bezifferten Einschränkung ihres Begehrens verbleibt nur die Möglichkeit einer Bestimmung des Streitwerts nach Ermessen (§ 13 Abs. 1 GKG). Der Senat schätzt diesen Wert auf die Hälfte der festgesetzten Steuer, das sind 9 543 DM.

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 114

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