Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluß des Finanzrechtswegs für Ansprüche wegen Kosten für die vom Finanzamt beantragte Eintragung einer Sicherungshypothek

 

Leitsatz (NV)

Für ein Begehren auf Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens, das - ursprünglich durch das Finanzamt veranlaßt - nur noch der Durchsetzung des vom Grundbuchamt verfolgten Anspruchs auf Kosten für die Eintragung der Sicherungshypothek dient, ist der Finanzrechtsweg nicht gegeben. Dasselbe gilt für den Antrag auf Übernahme der Eintragungskosten durch das Finanzamt (Folgenbeseitigung).

 

Normenkette

FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Aufgrund einer vom Finanzamt - FA - gegen den Antragsteller zu 1 erlassenen Arrestanordnung wurde im Grundbuch für das den Antragstellern gehörende Grundstück in N durch das Amtsgericht I am 23. Oktober 1984 eine Sicherungshypothek eingetragen. Das FA hob am 26. Mai 1986 die Arrestanordnung auf, nachdem der Antragsteller zu 1 gegen die Arrestanordnung Beschwerde eingelegt hatte. Die Antragsteller erhielten eine Verzichtserklärung auf die Sicherungshypothek, eine Berichtigungsbewilligung und die Berichtigungskosten, nicht dagegen die für die Eintragung der Hypothek entstandenen Gerichtskosten. Wegen der Eintragungskosten in Höhe von 1 575 DM nahm die Gerichtskasse W den Antragsteller zu 1 in Anspruch. Insoweit betrieb sie das Zwangsversteigerungsverfahren gegen die Antragsteller nach ihrem vom Amtsgericht I zugelassenen Beitritt zu diesem Verfahren weiter. Die Antragsteller beantragten beim Finanzgericht (FG) den Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf Einstellung der Zwangsvollstreckung insoweit, als die Gerichtskasse W dem finanzamtlich betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren wegen der Eintragungskosten beigetreten ist.

Das FG wies den Antrag zurück, weil für das Begehren der Antragsteller der Finanzrechtsweg nicht gegeben sei. Mit der Beschwerde machten die Antragsteller geltend, der Finanzrechtsweg sei zulässig, und zwar auch aus prozeßökonomischen Gründen. Das FA müsse für die Folgenbeseitigung einstehen. Eine Eigenentscheidung der Landesjustizkasse liege nicht vor, wie sich auch daraus ergebe, daß das Amtsgericht I die gegen den Kostenansatz gerichtete Erinnerung mit der Begründung zurückgewiesen habe, das steuerrechtliche Verfahren sei durch das Grundbuchamt nicht zu überprüfen gewesen. Werde sowohl durch die Zivilgerichtsbarkeit als auch durch die Finanzgerichtsbarkeit richterliche Rechtskontrolle verweigert, so müsse das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Die Arrestanordnung sei unrechtmäßig gewesen und nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Bei dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung habe es sich hilfsweise um einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gehandelt.

Nachdem die Antragsteller zur Vermeidung der drohenden Zwangsversteigerung die Gerichtskosten unter Vorbehalt bezahlt hatten und die Zwangsversteigerung einstweilen eingestellt worden war, erklärten sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Dieser Erklärung schloß sich das FA an.

 

Entscheidungsgründe

Nachdem der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach Ansicht des Senats entspricht es billigem Ermessen, den Antragstellern die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes ergibt sich bei der hier veranlaßten summarischen Prüfung (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 1977, § 138 Anm. 7), daß die Beschwerde der Antragsteller erfolglos geblieben wäre.

Ein FG kann eine einstweilige Anordnung nur erlassen, wenn für die Hauptsache der Finanzrechtsweg eröffnet ist (vgl. § 114 Abs. 2 FGO; Senat, Beschluß vom 16. Juli 1985 VII B 53/85, BFHE 143, 523, BStBl II 1985, 553). Entsprechendes gilt für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Senat, Beschluß vom 17. Dezember 1985 VII B 116/85, BFHE 145, 289, 291), über dessen etwa erfolgte Ablehnung im übrigen nur im Falle der Zulassung der Beschwerde zu befinden gewesen wäre (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Für eine dem Antragsbegehren entsprechende Klage wäre der Finanzrechtsweg nicht gegeben. Schon aus diesem Grunde mußte das FG den Antrag zurückweisen, ohne daß es darauf ankam, ob die Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung vorlagen. Der Finanzrechtsweg war nicht durch § 33 FGO eröffnet, denn keiner der darin abschließend aufgeführten Rechtswegtatbestände war erfüllt, insbesondere lag keine Abgabenangelegenheit im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 FGO mehr vor, nachdem das FA seine Arrestanordnung aufgehoben hatte und auf die Sicherungshypothek verzichtet worden war. Danach kam mangels einer Vollstreckung durch eine Finanzbehörde (Vollstreckungsbehörde) auch eine Einstellung durch das FG nicht in Betracht, diente das ursprünglich auf finanzamtliches Betreiben veranlaßte Zwangsversteigerungsverfahren nur noch der Durchsetzung des von der Gerichtskasse W verfolgten Anspruchs auf Gerichtskosten (Eintragungskosten; vgl. § 867 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Das FA war nach Aufhebung der Arrestanordnung und Aufgabe der Sicherungshypothek nicht mehr Herr des Verfahrens und gegenüber dem Antragsbegehren auch nicht mehr passivlegitimiert. Auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Arrestanordnung war, da es schon an der Rechtswegzuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit fehlte, in diesem Verfahren nicht einzugehen.

Auch für ein auf den Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung gestütztes Antragsbegehren auf Übernahme oder Erstattung der Eintragungskosten durch das FA wäre der Finanzrechtsweg nicht gegeben gewesen. Es kann dahinstehen, ob der Antrag entsprechend umgedeutet werden könnte und ob insoweit die Vorausetzungen nach § 114 FGO vorlagen. Denn die Kosten der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek können im Wege eines Folgenbeseitigungsanspruchs nicht im Finanzrechtsweg, sondern nur im Zivilrechtsweg geltend gemacht werden, zumal sie auch nur an die für das Grundbuchamt tätige Gerichtskasse entrichtet wurden (Senat, Urteil vom 14. Dezember 1965 VII 155/65, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1966, 78; vgl. auch - für Löschungskosten - FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. September 1980 II 7/80 Z, Entscheidungen der Finanzgerichte 1981, 114).

Entgegen der Ansicht der Antragsteller wird mit der Verneinung des Finanzrechtsweges richterliche Rechtskontrolle nicht ausgeschlossen. Falls die Antragsteller die vom Grundbuchamt für die Nichterhebung oder Rückzahlung der Eintragungskosten geforderte finanzamtliche Bestätigung nicht erhalten, bleibt es ihnen unbenommen, insoweit im Zivilrechtswege etwaige Schadensersatzansprüche entsprechend § 945 ZPO oder wegen Amtspflichtverletzung geltend zu machen (vgl. zur Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Schadensersatzansprüche bei ungerechtfertigter Arrestanordnung durch eine Finanzbehörde Bundesgerichtshof, Urteile vom 26. November 1974 VI ZR 124/72, BGHZ 63, 277, und vom 25. Mai 1959 III ZR 39/58, BGHZ 30, 123).

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 94

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