Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung einer vom FG wegen Divergenz zugelassenen Revision

 

Leitsatz (NV)

Eine Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht, wenn der Revisionskläger eine im Urteil des FG dargestellte Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht hinreichend klar erkennbar rügt, sondern hiervon unabhängig eine Verletzung materiellen Rechts geltend macht und dabei -- ohne Verfahrensrügen zu erheben -- einen vom FG nicht festgestellten Sachverhalt zugrunde legt.

 

Normenkette

FGO § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen zu 1 und 2 (Klägerinnen) -- als Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts -- mit ihren Eltern und mit der Klägerin zu 2 sowie deren Ehemann steuerrechtlich anzuerkennende Mietverträge abgeschlossen haben. Im Klageverfahren erließ das Finanzgericht (FG) zunächst einen Vorbescheid, durch den es die Klage mangels eines erkennbaren Klageziels als unzulässig abwies. In der fristgerecht beantragten mündlichen Verhandlung begehrten die Klägerinnen, Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung entsprechend den eingereichten Erklärungen festzustellen. Die Sache wurde vertagt. Eine Aufklärungsverfügung des Berichterstatters beantworteten die Klägerinnen nicht.

Das FG wies die Klage durch Gerichtsbescheid ab und ließ die Revision zu. Zur Begründung führte es aus, die Mietverträge der Klägerinnen mit ihren Eltern und mit der Klägerin zu 2 könnten steuerrechtlich nicht anerkannt werden, weil die Klägerinnen keine Einzelheiten zum Inhalt und zur Abwicklung dieser Verträge vorgetragen hätten. Der Senat habe durch Gerichtsbescheid (§ 90 a der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) entscheiden können, weil nach dem Erlaß des Vorbescheids sich die Prozeßlage wesentlich geändert habe. Unter dieser Voraussetzung erachte der Bundesfinanzhof (BFH) den erneuten Erlaß eines Vorbescheids im Revisionsverfahren für zulässig (BFH-Urteil vom 9. Juni 1988 VII K 14/84, BFHE 153, 507, BStBl II 1988, 840). Entgegen dem BFH-Urteil vom 22. Juni 1984 VI R 246/80 (BFHE 141, 227, BStBl II 1984, 720) müsse der Erlaß eines zweiten Gerichtsbescheids auch im erstinstanzlichen Verfahren zulässig sein.

Die Klägerinnen haben Revision eingelegt und zur Begründung die im finanzgerichtlichen Verfahren vom dortigen Berichterstatter gestellten Fragen beantwortet. Zum Erlaß eines Vorbescheids und nachfolgenden Gerichtsbescheids führen diese wörtlich aus: " ... Wir möchten zunächst die Ausführungen zu diesem Vortrag des FG nicht weiter kommentieren, ... ".

Die Klägerinnen beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Die Revisionsbegründung genügt nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO.

1. Die Klägerinnen haben eine Verletzung des § 90 a FGO nicht hinreichend dargetan. Die Revisionsbegründung muß gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO die verletzte Rechtsnorm bezeichnen und die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angeben, die nach Auffassung des Revisionsklägers das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 8. Mai 1985 I R 108/81, BFHE 144, 40, BStBl II 1985, 523). Diesen Anforderungen entspricht eine Revisionsbegründung nicht, soweit unklar bleibt, ob nach Ansicht des Revisionsklägers eine Rechtsverletzung vorliegt. Im Streitfall haben die Klägerinnen sich in keiner Weise mit den Ausführungen des FG zur Zulässigkeit eines weiteren Gerichtsbescheids auseinandergesetzt und sich auch nicht der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in BFHE 141, 227, BStBl II 1984, 720 angeschlossen, sondern ausdrücklich erklärt, sie wollten die betreffenden Ausführungen des FG "nicht weiter kommentieren". Damit fehlt es im Streitfall an einer hinreichend klar erkennbaren Rüge der Verletzung des § 90 a FGO.

2. Soweit die Klägerinnen -- sinngemäß -- eine Verletzung der §§ 9, 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend machen, genügt die Revisionsbegründung den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO ebenfalls nicht. Die Revisionsbegründung muß erkennen lassen, daß der Revisionskläger sich mit dem Rechtsstandpunkt des FG auseinandergesetzt hat (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1994 IV R 70/93, BFH/NV 1995, 529, und BFH-Beschluß vom 1. Juni 1994 II R 124/90, BFH/NV 1995, 128). Falls -- wie hier -- keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben werden, hat die Revisionsbegründung die vom FG festgestellten und damit das Revisionsgericht bindenden Tatsachen (§ 118 Abs. 2 FGO) zugrunde zu legen (vgl. BFH in BFH/NV 1995, 128; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Anm. 33; Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, § 120 FGO Tz. 52, 54). Im Streitfall enthält die Revisionsbegründung keine Ausführungen dazu, ob das FG-Urteil, ausgehend von den vom FG festgestellten Tatsachen, die §§ 9, 21 EStG verletzt. Vielmehr legen die Klägerinnen ihren Rechtsausführungen die von ihnen erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachten Tatsachen zugrunde. Dies entspricht nicht den Formerfordernissen einer Revision.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422140

BFH/NV 1997, 596

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