Rz. 22

Demgegenüber hatte die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nach der bisherigen ständigen Rspr. des BFH rechtsbegründenden Charakter. Sie betrifft solche Aufwendungen, die der privaten Lebensführung dienen, die aber auch den Beruf fördern, sog. gemischte Aufwendungen, und begründet hierfür ein Aufteilungs- und Abzugsverbot, d. h. gemischte Aufwendungen sind nicht in betrieblich und privat veranlasste Teile aufzuteilen, sondern sind insgesamt nicht abziehbar. Die Rechtsfolge dieser Rechtsprechung ist, dass die gesamten Aufwendungen, also auch der in den gemischten Aufwendungen unzweifelhaft enthaltene betrieblich veranlasste Anteil vollen Umfanges nicht abziehbar ist, sondern insgesamt der Privatsphäre zugerechnet wird. Diese Rspr. geht zurück auf Beschlüsse des Großen Senats.[1]

 

Rz. 23

vorläufig frei

 

Rz. 24

vorläufig frei

 

Rz. 25

vorläufig frei

 

Rz. 26

Diese Rechtsprechung hat der Große Senat mit seiner Entscheidung vom 21.9.2009[2] aufgegeben. Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte rechtfertigen ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Es ergibt sich auch nicht aus Gründen der Steuergerechtigkeit. Steuergerechtigkeit bedeutet, dass Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich besteuert werden. Aus der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit folgt das Nettoprinzip, das es geradezu verlangt, aufteilbare gemischte Aufwendungen aufzuteilen.

Die Verwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen.[3]

§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG erfasst daher nur Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, das sind allein die sog. Repräsentationsaufwendungen.

Die Entscheidung des Großen Senats ist zur Frage der Werbungskosten ergangen. Sie gilt aber gleichermaßen über die entschiedene Rechtsfrage hinaus unzweifelhaft auch für Betriebsausgaben.[4]

 

Rz. 27

Der Große Senat hat für gemischte, also sowohl betrieblich/beruflich als auch privat veranlasste Aufwendungen 3 Gruppen gebildet:

  1. Enthalten Aufwendungen trennbare betrieblich/beruflich und privat veranlasste Aufwendungen, die jeweils für sich nicht von untergeordneter Bedeutung sind, so verlangt es das Nettoprinzip, den betrieblich veranlassten Anteil der Kosten zum Abzug zuzulassen, ggf. im Wege der Schätzung. Das gilt auch für den Teil der Kosten, der sowohl den betrieblichen als auch den privaten Teil betrifft.[5] Der Große Senat folgt damit den Grundsätzen, die bereits zum Abzug von Pkw-, Telefonkosten usw. entwickelt worden sind.
  2. Eine Aufteilung unterbleibt in den Fällen, in denen untrennbare gemischte Aufwendungen vorliegen, weil hier ein Aufteilungsmaßstab objektiv nicht möglich ist, z. B.:

    • Bei einer betrieblich/privaten Doppelmotivation für eine Reise, wenn die Reise nur unwesentlich betrieblich veranlasst ist.[6]
    • Aufwendungen für Sicherheitsmaßnahmen eines Steuerpflichtigen zum Schutz von Gesundheit, Freiheit und Vermögen seiner Person.[7]
    • Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache.[8]
    • Aufwendungen einer Landärztin für einen Schutzhund,[9] anders aber Aufwendungen für einen Schulhund, der in der Schule im Unterricht oder als Therapiehund eingesetzt wird. Die laufenden Kosten sind aufteilbar, die Kosten der Ausbildung zum Therapiehund in voller Höhe absetzbar. Die Aufwendungen können als Werbungskosten bis zu 50 % bei den Einkünften einer Lehrerin aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden, wenn der Hund innerhalb einer regelmäßig fünftägigen Unterrichtswoche arbeitstäglich in der Schule eingesetzt wird.[10]
    • Einbürgerungskosten für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit.[11]
    • Kosten für den Erwerb eines Führerscheines.[12]
    • Aufwendungen eines Steuerberaters für die Kosten für ein Abonnement einer überregionalen Zeitung, die er neben der regionalen Tageszeitung bezieht, auch wenn die überregionale Zeitung umfassend über die steuerrechtliche Entwicklung informiert.[13] Ein Abzug der Aufwendungen ist aber möglich, wenn die Zeitung mehrfach bezogen wird oder für Mandanten in den Betriebs-/Praxisräumen ausliegt.[14]
    • Bei Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zu betrieblichen Zwecken können Aufwendungen für Küche, Flur und WC nicht anteilig abgezogen werden. Es handelt sich um gemischte Aufwendungen, für die kein objektiver Aufteilungsmaßstab ersichtlich ist.[15]
  3. Aufwendungen für die Lebensführung wie für bürgerliche Kleidung, eine Brille oder eine Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit sind weder abziehbar noch aufteilbar. Sie sind regelmäßig durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
 

Rz. 28

Die Grundsätze des Großen Senats entsprechen im Wesentlichen der Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot. Untrennbare Aufwendungen sind nicht aufteilbar und können insgesamt nicht abgezogen werden, Lebensführungskosten sind ebenfalls nicht abziehbar und nicht aufteilbar. Diese in Rz. 27 ...

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