LSt Niedersachsen, 06.07.2023, S 2145 - St 226 - 2108/2023 - 4600/2023

Zur Frage der Abgrenzung zwischen einer "Aufmerksamkeit in geringem Umfang" und einer "Bewirtung" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG teile ich Folgendes mit:

Eine Bewirtung i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG liegt vor, wenn Personen beköstigt werden (R 4.10 Abs. 5 EStR 2022). Hierbei kommt es „nicht darauf an, ob die Beköstigung der bewirteten Person im Vordergrund steht oder (aus der Sicht des Bewirtenden) "auch" bzw. "in erster Linie" der Werbung oder der Repräsentation dient“ (BFH, Urteil vom 7. September 2011, I R 12/11, BFHE 235, 225, BStBl II 2012 S. 194, Rn. 9).

Dagegen liegt eine Bewirtung nach der Verkehrsauffassung nicht vor, wenn Aufmerksamkeiten in geringem Umfang gereicht werden, wie es z. B. anlässlich betrieblicher Besprechungen als Geste der Höflichkeit üblich ist (R 4.10 Abs. 5 Satz 9 Nr. 1 EStR 2022). Da jedoch auch in einer Bewirtung eine übliche Geste der Höflichkeit liegen kann, kommt es wesentlich auf den Umfang der dargereichten Aufmerksamkeiten an. Nach der Verkehrsauffassung wird im Allgemeinen bereits in der Darreichung von kleinen Speisen, wie z. B. belegten Broten oder Brötchen, Salaten, kleinen Nudelgerichten usw., aber auch von Gebäck, soweit nicht nur geringfügig, sowie von Kuchen, Torten u. Ä. eine Bewirtung zu sehen sein. Die Beurteilung richtet sich gerade in diesem Bereich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles.

Die betragsmäßige Abgrenzung zwischen einer Bewirtung und einer Aufmerksamkeit ist wegen der Üblichkeit der Aufwendungen aufgrund der allgemeinen Verkehrsanschauung nicht möglich. So handelt es sich einerseits bei der Darreichung von preiswerten Speisen, wie z. B. Bratwurst mit Brot oder Kartoffelsalat um eine Bewirtung, während es sich andererseits bei der Darreichung von Champagner, z. B. anlässlich des Abschlusses eines hochwertigen Auftrags um eine Aufmerksamkeit handeln kann.

Auch auf die im Lohnsteuerrecht für den Begriff der Aufmerksamkeiten genannte Nichtaufgriffsgrenze von 60,00 EUR (R 19.6 LStR) kann nicht zurückgegriffen werden. Die Frage, ob Aufwendungen zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn führen, hat mit den Anforderungen an den Nachweis von als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen nichts zu tun. Die lohnsteuerrechtlich relevante 60,00-EUR-Grenze (je Mitarbeiter) ist daher für die Auslegung der R 4.10 Abs. 5 EStR 2022 nicht aussagekräftig.

Diese Karteikarte ersetzt die bisherige Karteikarte zu § 4 EStG Nr. 7.6a.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5

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