Rz. 231

Nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, wenn der Wert von VG des AV voraussichtlich dauernd gemindert ist. Wann eine Wertminderung als voraussichtlich dauernd gilt, ist in Praxis und Literatur umfassend diskutiert worden. Die Grenzziehung erfolgt überwiegend anhand sehr pragmatischer Ansätze.

 

Rz. 232

Der Unterscheidung zwischen voraussichtlich dauernden und vorübergehenden Wertminderungen kommt auch bei Teilwertabschreibungen in der StB Bedeutung zu. Wenngleich diese Abschreibungen eigenständig geregelt sind, erscheint eine unterschiedliche Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung in Handels- und Steuerbilanz aufgrund des übereinstimmenden Zwecks von außerplanmäßigen Abschreibungen und Teilwertabschreibungen nicht vertretbar. Tatsächlich weichen die handelsrechtlichen Konkretisierungen der dauernden Wertminderung in Einzelfällen signifikant von jenen der steuerlichen Rechtsprechung und der Finanzverwaltung[1] ab. Das gilt etwa für Finanzanlagen (Rz 260 ff.). Der Grund liegt in einer bisweilen unterschiedlichen Gewichtung des Vorsichtsprinzips aus handels- und steuerrechtlicher Sicht. Für die Bewertung in der HB kommt der steuerrechtlichen Auslegung des Merkmals der dauernden Wertminderung dennoch Bedeutung zu, da sie deutlich macht, wann in keinem Fall auf eine Abschreibung verzichtet werden darf.

 

Rz. 233

In Ermangelung einer gesetzgeberischen Klärung des unbestimmten Rechtsbegriffs ist an der langjährigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals festzuhalten.[2] Sie differenziert nach der Art des VG.[3] Bei Gegenständen des abnutzbaren AV ist eine dauernde Wertminderung anzunehmen, wenn der jeweilige Stichtagswert voraussichtlich während eines erheblichen Teils der verbleibenden Nutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.[4]

 
Praxis-Beispiel

Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf außerplanmäßige Abschreibungen im Sachanlagevermögen kann für die Einstellung bzw. eingeschränkte Nutzung von technischen Anlagen bspw. Folgendes gelten:[5]

  • Vorübergehend stillgelegte oder eingeschränkt genutzte Anlagen sind weiterhin planmäßig abzuschreiben. Bei dauerhaft eingeschränkter Nutzung sind ggf. zusätzliche außerplanmäßige Abschreibungen erforderlich.
  • Dauerhaft stillgelegte Anlagen sind zum Zeitpunkt der Stilllegung auf den Veräußerungswert (im Zweifel den Schrottwert) außerplanmäßig abzuschreiben.

Die Auslegung gilt sinngemäß, wenn die Nutzungseinschränkung eine Folge des Krieges in der Ukraine oder anderer nicht vorhersehbarer Ereignisse ist.

Im nicht abnutzbaren AV sind strengere Grundsätze anzulegen, da hier ein möglicher Bewertungsfehler aufgrund der fehlenden planmäßigen Abschreibung im Zeitablauf nicht automatisch korrigiert wird.[6] Bei Wertpapieren oder Ausleihungen des Finanzanlagevermögens wird demgegenüber selbst bei voraussichtlich längerfristig andauernden Kursrückgängen infolge einer Unterverzinslichkeit keine dauernde Wertminderung i. S. d. § 253 Abs. 2 HGB angenommen, solange das bilanzierende Unt in der Lage ist, den Rückzahlungstermin abzuwarten und keine Ausfälle drohen.[7] Bei Beteiligungen kommt es darauf an, ob die Wertminderung lediglich auf Anlaufverlusten bzw. vorübergehenden Ertragseinbrüchen beruht oder ob ihr Ertragswert den Buchwert innerhalb eines überschaubaren Zeitraums voraussichtlich nicht mehr erreichen wird. Zu Anteilen, die keine Beteiligung i. S. v. § 270 Abs. 1 HGB darstellen, hat der VFA des IDW Kriterien für Versicherungsunternehmen entwickelt, die ihnen eine pauschalierte Beurteilung erlauben sollen, wann eine Wertminderung als voraussichtlich dauernd anzusehen ist.[8] Zur branchenübergreifenden Eignung dieser Kriterien, eine voraussichtlich dauernde Wertminderung von Anteilen zu identifizieren, s. Rz 270 ff.

 

Rz. 234

Unter einem erheblichen Teil der Restnutzungsdauer versteht die h. M. die halbe Restnutzungsdauer, tw. begrenzt auf fünf Jahre.[9]

 
Praxis-Beispiel

Eine am 31.12.01 erworbene Computeranlage wird linear über sechs Jahre abgeschrieben. Die AK betragen 600.000 EUR. Am 31.12.03 ermittelt sich auf Basis von Wiederbeschaffungskosten ein beizulegender Wert von 300.000 EUR.

Es liegt keine voraussichtlich dauernde Wertminderung vor. Zwar liegt der beizulegende Wert am 31.12.03 100.000 EUR unter den fortgeführten AK von 400.000 EUR. Der Differenzbetrag wird allerdings in der halben Restnutzungsdauer von zwei Jahren mehr als aufgeholt.

Nach dieser Entscheidungsregel sind außerplanmäßige Abschreibungen bei abnutzbaren VG nur in seltenen Fällen, d. h. bei signifikanten Wertminderungen und/oder kurzen Restnutzungsdauern, vorzunehmen. Gegen dieses Ergebnis bestehen keine Bedenken, wenn – wie im obigen Beispiel – trotz gesunkener Wiederbeschaffungskosten eines VG seine betriebliche Nutzung unbeeinträchtigt ist. Dann kommt es nicht darauf an, wann der niedrigere Stichtagswert durch die fortgeführten AHK wieder erreicht wird. Findet der VG dagegen nur noch eingeschränkt im Unt Verw...

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