Rz. 56

Existieren in Staaten, die nicht zur EU oder dem EWR gehören, Vorgaben zur Einstufung von Unt als KleinstKapG sowie Sonderregelungen für diese, haben diese Vorrang vor den in Deutschland geltenden handelsrechlichen Bestimmungen. Dieser Umstand kann im Einzelfall dazu führen, dass im Vergleich zum Offenlegungsumfang nach deutschem Recht, deutlich mehr oder weniger Informationen offengelegt werden müssen.

 

Rz. 57

Für Unt in der EU richten sich die (Sonder-)Regelungen für KleinstKapG nach der Micro-Richtlinie.[1] Die Regelungen der Micro-Richtlinie sind von der EU als Wahlrecht für die einzelnen Mitgliedsstaaten ausgestaltet. Hieraus folgt, dass eine unterschiedliche Nutzung in den jeweiligen Mitgliedsstaaten denkbar ist. So wäre es etwa möglich, dass ein Land vollständig auf die Nutzung dieser Möglichkeiten verzichtet und den grds. erfassten KleinstKapG keine Erleichterungen gewährt. Deshalb verweist § 325a Abs. 3 Satz 1 HGB auf die Ausübung des Wahlrechts durch den Ansässigkeitsstaat der ausländischen Ges. Eine Hinterlegung bzw. eine Nutzung der übrigen Erleichterungen für KleinstKapG soll nur insoweit möglich sein, wie dies nach Maßgabe des ausländischen Rechts zulässig ist.

 

Rz. 58

Durch diese Vorgehensweise gewährleistet der deutsche Gesetzgeber, dass für Zwecke der Offenlegung oder der Hinterlegung im Unternehmensregister der inländischen Zweigniederlassungen keine Veränderungen der EU- bzw. EWR- Rechnungslegung vorgenommen werden müssen, um eine Offenlegung bzw. Hinterlegung in Deutschland vornehmen zu können. Hiermit ist allerdings der Nachteil verbunden, dass die Analysemöglichkeiten dieser Abschlüsse erschwert werden. Schließlich müsste der Bilanzadressat wissen, in welcher Weise der EU- bzw. EWR-Staat die Regelungen der Micro-Richtlinie ausgeübt hat. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass als Vergleichsobjekte i. R. e. Bilanzanalyse inländische Abschlüsse nur eingeschränkt verwendet werden können, weil insoweit die Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Folglich können nur die jeweils im Inland offengelegten bzw. hinterlegten Abschlüssen von Unt aus dem jeweiligen Staat verwendet werden. Hierbei erweist sich die Möglichkeit der Hinterlegung als weitere Hürde für die Informationsbeschaffung. Schließlich muss eine gebührenpflichtige Herausgabe einer Kopie des Abschlusses beantragt werden. Zugleich bekommen damit die Unt die Möglichkeit, eine für jeden zugängliche Hinterlegung des Jahresabschlusses im Internet zu verhindern.

 

Rz. 59

Durch § 325a Abs. 3 Satz 3 HGB wird § 326 Abs. 2 HGB für entsprechend anwendbar erklärt. Diese Regelung setzt Art. 1a Abs. 2 Buchst. e der Micro-Richtlinie[2] um und schafft damit die Möglichkeit, statt der Offenlegung nach § 325 HGB eine Hinterlegung vorzunehmen, vgl. Rz 43. Hierbei gelten die Ausführungen zur Form der Hinterlegung aus Rz 27 ff. entsprechend. Entscheidend sind jeweils die formalen Anforderungen nach ausländischem Recht. Eine Anpassung muss nicht erfolgen. Probleme können entstehen, wenn nach ausländischem Recht besondere Datenformate zu beachten sind. Es ist dann eine Übermittlung in der Form vorzunehmen, die eine Lesbarkeit bei der registerführenden Stelle gewährleistet.

[1] RL 2012/6/EU, ABl. EU v. 21.3.2012 L 81/3.
[2] RL 2012/6/EU, ABl. EU v. 21.3.2012 L 81/3.

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