Rz. 54

Da Anzahlungen – unabhängig von ihrer Höhe – beim Empfänger der Umsatzsteuer unterliegen, kann es empfehlenswert sein, die Umsatzsteuer bereits in der Rechnung über die Anzahlung gesondert auszuweisen und zu vereinnahmen. Geschieht dies nicht, so kann der Zahlungsverpflichtete aus der geleisteten Anzahlung keinen Vorsteuerabzug vornehmen, obwohl der Empfänger der Anzahlung stets zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet ist. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist nämlich der Vorsteuerabzug bei Anzahlungen nur möglich, wenn die Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis vorliegt und die Zahlung geleistet ist.[1]

 

Rz. 55

Werden Anzahlungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis in Rechnung (Abschlagsrechnung) gestellt, so müssen nach § 14 Abs. 5 letzter Satz UStG in der Endrechnung (Schlussrechnung) die vor der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte sowie die hierauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge abgesetzt werden, wenn über die Entgelte oder Teilentgelte Rechnungen im Sinne des § 14 Abs. 1-4 UStG ausgestellt worden sind.

 

Rz. 56

Die Anzahlung für die künftige Lieferung oder sonstige Leistung muss bereits im Zeitpunkt der Zahlung genau bestimmt sein.[2]

 

Rz. 57

Die vorstehend skizzierte Problematik soll im Folgenden an einem einfachen Beispiel dargestellt werden.

 
Praxis-Beispiel

Für die Errichtung einer Lagerhalle im Juni 2019 wird folgende Abschlagsrechnung erstellt:

 
Abschlagsrechnung  
Für die Errichtung einer Lagerhalle berechnen wir als Anzahlung 440.000 EUR
abzgl. Sicherheitseinbehalt – 40.000 EUR
Zwischensumme 400.000 EUR
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer 76.000 EUR
Rechnungsbetrag 476.000 EUR

Der die Anzahlung leistende Unternehmer kann die ausgewiesene Umsatzsteuer von 76.000 EUR nach Zahlung als Vorsteuer abziehen, der Bauunternehmer hat 76.000 EUR Umsatzsteuer abzuführen.

Nach Fertigstellung der Lagerhalle wird folgende (umsatzsteuerlich falsche) Schlussrechnung im Juli 2019 erstellt:

 
Erstellung einer Lagerhalle 1.000.000 EUR
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer 190.000 EUR
Rechnungsbetrag 1.190.000 EUR
abzgl. Anzahlung 476 000 EUR
Restbetrag 714 000 EUR

Diese Schlussrechnung führt zu der problematischen Konsequenz, dass die vom Bauunternehmer abzuführende Umsatzsteuer 190.000 EUR beträgt, obwohl bereits mit der Abschlagsrechnung eine Umsatzsteuer von 76.000 EUR entstanden und bezahlt worden ist.

Die umsatzsteuerlich korrekte Schlussrechnung lautet dagegen wie folgt:

 
Erstellung einer Lagerhalle 1.000.000 EUR
abzgl. Anzahlung netto 400.000 EUR
Restbetrag 600.000 EUR
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer 114.000 EUR
Rechnungsbetrag 714.000 EUR

Die vom Bauunternehmer abzuführende Umsatzsteuer beträgt 114.000 EUR. Zusammen mit der in der Abschlagsrechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer von 76.000 EUR sind insgesamt 190.000 EUR Umsatzsteuer entstanden und an das Finanzamt zu zahlen.

Beim Leistungsempfänger sind mit der Abschlagsrechnung 76.000 EUR und in der Schlussrechnung weitere 114.000 EUR (insgesamt also 190.000 EUR) abzugsfähige Vorsteuer entstanden.

 

Rz. 58

Wie das vorstehende vereinfachte Beispiel zeigt, können bei nicht korrekter Schlussrechnung umsatzsteuerliche Probleme entstehen.

 

Rz. 59

Sind Endrechnungen nicht nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen erstellt worden, kann der leistende Unternehmer nachträglich eine berichtigte Endrechnung fertigen. Die von ihm aufgrund der zunächst falschen Endrechnung geschuldete Steuer kann dann in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 UStG berichtigt werden.

[1] Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 UStG Rz. 1060, Stand 5/2019.
[2] Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14 UStG Rz. 122, Stand 5/2019.

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