Tz. 144

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Ein Unternehmen, das ein Portfolio aus finanziellen Vermögenswerten und Schulden hält, ist sowohl Marktrisiken (dh. Währungsrisiken, Zinsrisiken und sonstigen Preisrisiken, die Schwankungen der künftigen Cashflows des betrachteten Instrumentes bzw. dessen beizulegenden Zeitwertes verursachen (definiert in IFRS 7)) als auch Kreditrisiken der jeweiligen Kontrahenten ausgesetzt. Der IASB sieht für finanzielle Vermögenswerte und Schulden einschließlich weiterer, auch derivativer Instrumente, die im Anwendungsbereich von IFRS 9 liegen (IFRS 13.52), eine Ausnahmeregelung für den Fall vor, dass das bilanzierende Unternehmen das Portfolio hinsichtlich der Markt- oder Kreditrisiken auf Nettobasis steuert. Im Zuge des Annual Improvements Project 2011–2013 wurde klargestellt, dass die Definitionsmerkmale eines finanziellen Vermögenswertes bzw. einer finanziellen Verbindlichkeit iSd. IAS 32für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung nicht zwingend erfüllt sein müssen, sondern ausschließlich auf den Anwendungsbereich von IFRS 9 abgestellt wird (vgl. IASB (Hrsg.), 2012, Tz. 52). Diese Ausnahme erlaubt die Fair-Value-Bewertung als Nettoposition bzw. als Gruppe. Es wird also derjenige Preis herangezogen, der im Rahmen einer Veräußerung einer Netto-Long-Position (dh. eines Vermögenswertes) erzielt würde bzw. im Falle der Übertragung einer Netto-Short-Position (dh. einer Schuld) aufzuwenden wäre (IFRS 13.48).

Bei der Entwicklung des Standards IFRS 13 wurde eine intensive Diskussion darüber geführt, ob die Bewertungsannahme in-use oder in-exchange zugrunde zu legen ist. Bei der in-use-Prämisse wird im Rahmen der Bewertung berücksichtigt, inwieweit der beizulegende Zeitwert eines einzelnen Vermögenswertes bzw. einer einzelnen Schuld durch die Kombination mit einem Portfolio aus anderen Finanzinstrumenten beeinflusst wird (IFRS 13.BC111). Die bereits gehaltenen Instrumente sowie die Risikopräferenzen sind jedoch unternehmensspezifische Faktoren und mit der Marktkonzeption des IFRS 13 nicht vereinbar (IFRS 13.BC117). Im Rahmen der in-exchange-Prämisse wird dagegen unterstellt, dass die Netto-Short- bzw. Netto-Long-Position (anstatt einzelner Instrumente) Bestandteil der Transaktion wird. Der IASB stellt in IFRS 13.BC113f. klar, dass für die Bewertung von Portfolios die in-exchange-Prämisse unterstellt wird.

 

Tz. 145

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Ein Unternehmen muss für diese Ausnahmeregelung folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllen (IFRS 13.49):

  • Die Finanzinstrumente müssen hinsichtlich der Markt- oder Kreditrisiken eines oder mehrerer Vertragspartner auf Nettobasis gesteuert werden. Dabei ist ein Nachweis über den Einklang zwischen der Steuerung der Nettopositionen und dem Risikomanagement bzw. der dokumentierten Investmentstrategie erforderlich. Gefordert wird in diesem Zusammenhang ferner eine stetige Steuerung auf Nettobasis im Zeitablauf, sodass nicht zwischen einer Netto- und einer Bruttoorientierung gewechselt werden darf. Zulässig ist jedoch eine sich im Zeitablauf ändernde Zusammensetzung des jeweiligen Portfolios, in dem auf Nettobasis gesteuert wird. Eine solche geänderte Portfoliozusammenstellung könnte bspw. aus einer Änderung der individuellen Risikoeinstellung resultieren (IFRS 13.BC121; vgl. auch Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 192).
  • Die Mitglieder des Managements in Schlüsselpositionen müssen über die Steuerung der Gruppe von Vermögenswerten bzw. Schulden auf Nettobasis informiert werden. Dieser Personenkreis schließt gemäß IAS 24 je nach Organisationsstruktur neben den Mitgliedern der Geschäftsleitung und der Aufsichtsorgane weitere Angehörige des Managements ein, die für die Planung, Leitung und Überwachung der Tätigkeit eines Unternehmens direkt oder indirekt verantwortlich sind.
  • Das Unternehmen bewertet sämtliche Finanzinstrumente dieser Gruppe am Ende des Geschäftsjahres zum beizulegenden Zeitwert (verpflichtend oder optional).
 

Tz. 146

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Ferner wird in IFRS 13.54 vorgegeben, dass die Marktrisiken der in die Nettoposition einbezogenen Finanzinstrumente im Wesentlichen gleich sein müssen, da ansonsten auch keine risikokompensierende Wirkung eintreten kann. Ein Unternehmen darf zB das Zinsänderungsrisiko eines finanziellen Vermögenswertes nicht mit dem Rohstoffpreisrisiko einer finanziellen Schuld in einem Portfolio verknüpfen, da dadurch weder das Zinsänderungsrisiko noch das Rohstoffpreisrisiko reduziert würde. Gleichermaßen müssen auch die Durationen der einzelnen Finanzinstrumente der Nettoposition grundsätzlich gleich sein.

In IFRS 13.55 wird exemplarisch der Fall angeführt, dass ein Unternehmen das Risiko aus den Cashflows einer Zinsrisikoposition nur für die nächsten zwölf Monate mit einem ebenfalls zwölfmonatigen Future absichert. Die Absicherung ist dabei auch dann möglich, wenn die zugrunde liegenden Vermögenswerte der Zinsrisikoposition eine Laufzeit von fünf Jahren aufweisen. Allerdings würde hier der beizulegen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge